Norderstedt. Elke Christina Roeder, Katrin Schmieder und Robert Hille präsentierten sich im Coppernicus-Gymnasium 300 Zuhörern. So lief das Triell.
Elke Christina Roeder, Katrin Schmieder oder Robert Hille – wer von diesen dreien ist am besten geeignet, in den kommenden sechs Jahren Norderstedts Verwaltung als Oberbürgermeister zu lenken? Das Interesse an dieser Frage ist groß, vor der Wahl am 8. Oktober. Wie groß, das konnte man am Dienstagabend im Coppernicus-Gymnasium in Norderstedt sehen.
Da fand nämlich in der Aula das mit Spannung erwartete, einzige öffentliche „Triell“ der drei Kandidaten statt. Und die Aula war viel zu klein für die mehr als 300 Menschen, die gerne zusehen und zuhören wollten. So mancher musste deshalb draußen auf einem Stuhl Platz nehmen – konnte aber immerhin alles zusätzlich live auf dem Handy verfolgen, über Instagram.
Norderstedt: OB-Wahlkampf – so schlugen sich die Kandidaten beim Triell
Zu der Veranstaltung eingeladen hatten der Kinder- und Jugendbeirat sowie der Seniorenbeirat der Stadt. Für letzteres Gremium waren Christine Schmied und Joachim Braun vor Ort, überließen über weite Strecken aber Senan Alagbe (17) und Tom Marcinkowski (16) das Ruder, die dann auch souverän durch den Abend führten, den Kandidaten Fragen stellten und, wo nötig, nachhakten.
Zuerst durften sich alle drei vorstellen und die Frage beantworten, was sie denn eigentlich motiviere – und qualifiziere – den Job zu machen. Amtsinhaberin Elke Christina Roeder (SPD) sagte, sie bringe Erfahrung aus der freien Wirtschaft mit, da sie ja früher in London im Finanzwesen war, außerdem natürlich aus der Verwaltung.
Und nun wolle sie gerne ihre Aufgabe fortsetzen, da Corona schon etwas in ihre erste Amtszeit „reingegrätscht“ sei. Sie wolle unter anderem Projekte wie „Norderstedt Go!“ fortsetzen, sich für die U-Bahn-Verlängerung einsetzen und mehr für das Ehrenamt tun, so die 56-Jährige.
Robert Hille: Auch mal „unkonventionell“ denken
Robert Hille, 47 Jahre alt und von der CDU in Rennen geschickt, präsentierte sich als Mann von außen, nämlich aus Hamburg. Er habe einen unverstellten Blick auf die Dinge, könne außerdem seine Erfahrung als Kulturmanager einbringen. Da komme es ebenfalls darauf an zuzuhören, zu führen, auch mal „unkonventionell“ zu denken. Seine wichtigsten Themen: Wirtschaft, Sicherheit, Familie und Bildung.
Dann Katrin Schmieder: Die 55-Jährige, seit 2021 Sozialdezernentin der Stadt, führte ihre aktuelle Tätigkeit im Rathaus ins Feld, außerdem die langjährige leitende Tätigkeit bei der Krankenkasse DAK Gesundheit. Aber vor allem präsentierte sie sich als Ur-Norderstedterin, geboren und aufgewachsen in Schleswig-Holsteins viertgrößter Stadt, die alles und jeden kennt und weiß, wo der Schuh drückt.
Der Moment, als Katrin Schmieder die Amtsinhaberin angriff
Und deshalb trete sie nicht zuletzt an, um den „Stillstand im Rathaus“ zu beenden und auch das „Misstrauen, das zwischen Politik und Verwaltung“ herrsche. Und das natürlich mit der aktuellen Rathaus-Führung zu tun habe.
Ein Frontalangriff gegen Elke Christine Roeder, mit dem Schmieder dann auch gleich zu Beginn einen Wirkungstreffer erzielte. Roeder wirkte angefasst, kam im Verlauf des Abends deutlich weniger souverän rüber als Schmieder, die streckenweise so auftrat, als sei sie schon Oberbürgermeisterin. Roeder hingegen wirkte oft zurückgenommen, brachte nicht die Autorität auf die Bühne, die sie aus ihrem Amt und ihrer Erfahrung hätte schöpfen können.
Roeder verzichtete auf Attacken auf die Sozialdezernentin
Dass sie ihrerseits auf Attacken gegen ihre Mitarbeiterin Schmieder verzichtete, mag man ihr allerdings als Fairness auslegen. Auch Herausforderer Hille griff sie nicht persönlich an, wies ihn allerdings gelegentlich, ein bisschen wie einen politischen Novizen, auf die Kommunalverfassung und die rechtlichen Beschränkungen des Amtes hin.
So seien es eben „die 57 Stadtvertreter“, die den politischen Willen ausüben und weitestgehend bestimmen, wohin die Reise gehen soll – und Aufgabe der Verwaltung und auch der Oberbürgermeisterin sei es, das bestmöglich umzusetzen. Hille konterte allerdings, ein Oberbürgermeister dürfe durchaus „Ideen haben“.
Davon präsentierte er einige, etwa die, ein Ärztehaus in Norderstedt anzusiedeln. Hier war es wiederum Katrin Schmieder, die – qua Erfahrung im Gesundheitswesen – anzweifelte, ob sich das mit der Kassenärztlichen Vereinigung in Zeiten von Budget-Deckeln würde machen lassen.
Sicherheit – ein Thema, das Jung und Alt zu bewegen schien
Geordnet nach bestimmten Themenblöcken, versuchten die Moderatoren, den Grundvorstellungen der Kandidaten auf die Spur zu kommen – und ihnen auch ganz konkrete Lösungen für Norderstedt zu entlocken. Einer der Blöcke: „Sicherheit im öffentlichen Raum“ – offenbar ein sensibles Thema, das Alt wie Jung sehr bewegt.
„Wenn man als junger Mensch nachts nach Hause kommt, meidet man automatisch Garstedt und Norderstedt-Mitte“, sagte Moderator Tom. Wie die Kandidaten nun dafür sorgen wollten, dass sich die Menschen wieder sicherer fühlen?
Was Schmieder und Roeder gegen Kriminalität tun wollen
Katrin Schmieder sagte, sie würde gerne den Ordnungsdienst stärker einsetzen, „gegebenenfalls auch auf Schulhöfen“. Und im Bereich des Herold-Centers solle es wieder „eine Anlaufstelle für Jugendliche“ geben. Sie warf außerdem die Frage in den Raum, ob eine Disco an diesem Ort richtig aufgehoben sei.
Elke Christina Roeder führte das schon angeschobene Projekt Jugendsportpark an, das durch Corona „ins Hintertreffen“ geraten sei, nun aber dringend wieder nach vorne gebracht werden solle. Auf den Ordnungsdienst möchte auch sie stärker setzen, „wir sind dabei, da personell aufzustocken“, sie wolle außerdem den Kriminalpräventiven Rat „stärker einbinden“. Skeptisch sei sie bei dem Thema Videoüberwachung, die sei „keine Lösung“, Beispiele zeigten, dass Kriminalität leider trotzdem passiere.
CDU-Mann Robert Hille setzte konservative Akzente
Robert Hille, das wurde sehr deutlich, wollte bei diesem Thema konservative Akzente setzen. „Marodierende Jugendliche“ seien nachts in den U-Bahnen unterwegs, teils mit „Stichwaffen“. Es könne nicht sein, dass es „rechtsfreie Räume“ gebe, er wolle das Thema als OB „mit Priorität anpacken“.
Dafür wolle er auf eine bessere Zusammenarbeit von Polizei und Ordnungsdienst setzen, außerdem auf mehr Beleuchtung an den U-Bahnhöfen und zum Beispiel im Willy-Brandt-Park – und eben auch auf Videoüberwachung.
Hille, das wurde auch bei anderen Themen deutlich, ist vom Grundsatz her eher dem konservativ-liberalen Lager zuzurechnen. Roeder und Schmieder mag derzeit persönlich einiges trennen – politisch sind sie, im eher linken Spektrum, wohl nicht allzu weit auseinander. Beispiel Bezahlbarer Wohnraum: Hille betonte, dass er den „durch Dialog mit der privaten Bauwirtschaft“ schaffen wolle, keinesfalls aber mit einer Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft.
Sollte die Stadt Norderstedt selbst Wohnungen bauen?
Das ist ein Lieblingsprojekt der SPD in der Stadtversammlung, Roeder kann dem wohl einiges abgewinnen – aber es gibt aktuell keine Mehrheit dafür, wie sie auch betonte. Sie möchte daher ihre Idee vom „Bündnis für Wohnen“ wiederbeleben. Schmieder kann sich so eine Gesellschaft auch vorstellen, „wenn niemand anderes günstige Wohnungen schafft“. Aber abgesehen davon würde sie gerne „junge und alte Menschen ermutigen, Wohnraum zu teilen“, wie sie sagte.
Ehrenamt, persönliche Initiativen – das Thema ist Schmieders Steckenpferd, viele ihrer Ideen sind von diesem Geist beseelt, wie an dem Abend erneut deutlich wurde. Und sie würde gerne die Norderstedter für mehr solcher Projekte begeistern, „wenn ich Oberbürgermeisterin bin“. Ein Satz, der mehrmals am Abend fiel.
Auch beim Thema Klima und Umwelt waren die Fronten klar
Auch beim Thema Umwelt waren die politischen Fronten klar. Auf der einen Seite Robert Hille, der wenig von „Verbotspolitik“ hält, eher auf private Verantwortung und Einsicht setzt. Und dann Schmieder und Roeder, die den Umwelt-Aspekt stärker akzentuieren, auch als staatliche beziehungsweise kommunale Aufgabe.
In Momenten wie diesen konnte Elke Christina Roeder auf Projekte verweisen, die in ihrer Amtszeit angeschoben wurden. Etwa darauf, dass Norderstedt nun „als eine der ersten Kommunen in Schleswig-Holstein“ die Fernwärme-Planung angegangen sei, worauf die Stadt bald stark setzen wolle, zur Erreichung der Klima-Ziele. „Wir wollen, dass alle an der Fernwärme teilnehmen können.“
Viel wäre noch zu besprechen und zu erfahren gewesen – indes war ein einziger Abend zu wenig dafür. Und so zogen die Moderatoren gegen 20.45 einen Schlussstrich, obwohl längst noch nicht alle Themenblöcke abgearbeitet waren.
Wie sich die Kandidaten mit nur einem einzigen Wort beschrieben
Die Kandidaten bekamen aber Gelegenheit, sich noch einmal dem Publikum einzuprägen – sie sollten sich mit einem einzigen Wort charakterisieren. Als „Zukunftsschmiederin“ bezeichnete sich da die Sozialdezernentin. Robert Hille hingegen nahm für sich „Verlässlichkeit“ in Anspruch, während sich Roeder als „empathisch“ bezeichnete.
Ob diese Vokabeln Orientierung bieten, sei dahingestellt. Eine sichere Erkenntnis blieb aber, nach diesem Abend im Coppernicus-Gymnasium. Ein einziges öffentliches Triell ist viel zu wenig für eine Stadt wie Norderstedt. Weitere Formate dieser Art wären dringend notwendig – schon allein, um die Themen abzuhandeln, die am Dienstag zu kurz kamen. Wirtschaftsförderung zum Beispiel, um nur eines zu nennen.
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Das Interesse der Bürgerinnen und Bürger ist jedenfalls da, auch das zeigte sich am Dienstag – allein schon an der Tatsache, dass längst nicht alle Platz fanden. Vielleicht gibt es ja noch die Chance, weitere Trielle vor dem 8. Oktober zu organisieren. Der Stadt wäre es zu wünschen.