Norderstedt. Es werden viel weniger Häuser gebaut als 2022, das belegt nun eine Studie. Auch Großprojekte stehen auf dem Prüfstand.
- Der Bau von Eigenheimen ist stark zurückgegangen, um mehr als 40 Prozent.
- Ein Hauptgrund: Familien können sich Baukredite nicht mehr leisten.
- Vorschlag: Staat sollte günstige Kredite vergeben.
Wer eine Wohnung sucht oder ein Haus bauen möchte, hat in Norderstedt und Umgebung immer schlechtere Karten. Die Gründe: Steigende Baukosten, hohe Zinsen und immer strengere gesetzliche Auflagen, etwa in Umweltfragen. Bei großen Wohnungsbauunternehmen ist die Stimmung schlecht, heißt es. Neubauvorhaben stünden auf der Kippe. Und eine aktuelle wissenschaftliche Analyse gibt jetzt eine düstere Prognose für den Kreis.
Das Pestel-Institut in Hannover hat eine aktuelle Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt im Kreis Segeberg veröffentlicht. Das Institut – benannt nach dem Ingenieur, Professor und CDU-Politiker Eduard Pestel (1914-1988) – ist ein privater Dienstleister für Kommunen, Unternehmen und Verbände. Der Bundesverband des Deutschen Baustoff-Fachhandels (BDB) hatte die Untersuchung in Auftrag gegeben.
Eigenheimbau ist im Vergleich zu 2022 um 43 Prozent zurück gegangen
Wissenschaftler des Instituts haben nun ermittelt, dass in den ersten sechs Monaten dieses Jahres im Kreis Segeberg nur 175 Baugenehmigungen für neue Ein- und Zweifamilienhäuser erteilt wurden. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2022 waren es noch 305 Baugenehmigungen.
„Damit ist der Eigenheimbau innerhalb von nur einem Jahr um 43 Prozent zurückgegangen“, sagt Matthias Günther. Der Leiter des Pestel-Instituts sieht „das Wohneigentum weiter auf der Rutschbahn“. Um eine Kehrtwende zu erreichen, müsse der Staat dringend ein „effektives Wohneigentumsprogramm auf die Beine stellen“.
Wenn es um das Anschaffen von Wohneigentum geht, sei „der Kreis Segeberg quasi in eine Schockstarre verfallen“, sagt Katharina Metzger vom BDB. Nur wenige Menschen könnten sich die eigenen vier Wände heute noch leisten. „Hohe Zinsen, hohe Baulandpreise, hohe Baukosten, die vor allem auch durch hohe Klimaschutz-Auflagen nach oben getrieben werden: Wohneigentum scheitert am Geld“, sagt Metzger.
Verband VNW: Mehr als 2500 Neubauwohnungen stehen auf der Kippe
Entsprechend schlecht ist die Stimmung bei Wohnungsbauunternehmen in der Region – das berichtet der Verband der Norddeutschen Wohnungswirtschaft (VNW). Er vertritt nach eigenen Angaben mehr als 300 Wohnungsgenossenschaften in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Laut VNW bewerten 78 Prozent der Wohnungsunternehmen die aktuelle Lage als „schlecht“ oder „sehr schlecht“.
Die drei größten Probleme seien „hohe Zinsen, hohe Baupreise und überbordende Bauvorschriften“, heißt es analog zur Analyse des Pestel-Instituts. Als Folge würden „56 Prozent der Unternehmen den Neubau von Wohnungen verschieben beziehungsweise darauf verzichten“, heißt es in der Mitteilung des VNW. In Norddeutschland stünden deshalb „mehr als 2500 Neubauwohnungen auf der Kippe“.
Wie kann man die Lage verbessern? Vorschläge von VNW und Pestel-Institut
Was muss passieren, damit sich die Lage verbessert? VNW-Direktor Andreas Breitner mahnt den „Abbau von Bürokratie“ an. Baugesetzbücher müssten „entschlackt“ werden, aber leider passiere „das Gegenteil“. Mit einer raschen Entspannung auf dem Wohnungsmarkt rechne er nicht.
Die Wissenschaftler vom Pestel-Institut machen in ihrer Analyse einen konkreten Vorschlag für private Bauherren. Sie sprechen sich nämlich für ein „Bundes-Baustartkapital“ aus. „Wer heute neu bauen will, der braucht vor allem eines: günstiges Geld. Notwendig ist deshalb ein Bundes-Baudarlehen mit höchstens 1,5 Prozent Zinsen als Startkredit fürs Wohneigentum.“, sagt Wohnungsmarktforscher Matthias Günther.
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Der Staat sollte den Menschen den festen Niedrigzins für 20 Jahre bieten – und das für einen Kredit in Höhe von bis zu 4.000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche“. Dadurch ließe sich der Neubau von Ein- und Zweifamilienhäusern, von Eigentumswohnungen und Reihenhäusern auch im Kreis Segeberg wieder nach vorne bringen.