Bad Segeberg. Zum dritten Mal in Folge kamen mehr als 400.000 Besucher. Warum die Karl-May-Spiele so erfolgreich sind und wer 2024 dabei ist.

Die 70. Karl-May-Saison endet mit einem Rekordergebnis: 430.321 Zuschauer haben die 72 Aufführungen in der Segeberger Kalkberg-Arena besucht – mehr als jemals zuvor und auch mehr als zu den Zeiten, als Pierre Brice noch in Bad Segeberg aktiv war.

Mit Alexander Klaws als Winnetou, der am Sonntag 40 wurde, sowie den Gaststars Wolfgang Bahro und Nadine Menz konnte die Marke von 400.000 Besuchern zum dritten Mal in Folge überschritten werden, und zum neunten Mal hintereinander wurde die jeweilige Bestmarke des Vorjahres überboten.

Genau 430.321 Zuschauer haben die 72 Aufführungen in der Segeberger Kalkberg-Arena in diesem Jahr besucht – mehr als jemals zuvor.
Genau 430.321 Zuschauer haben die 72 Aufführungen in der Segeberger Kalkberg-Arena in diesem Jahr besucht – mehr als jemals zuvor. © Frank Knittermeier

Winnetou und Old Shatterhand haben sich auch in diesem Jahr wieder als unschlagbare Erfolgsgaranten erwiesen. Als nach Ende der letzten Vorstellung am Sonntag die Tafel mit dem neuen Rekordergebnis in die Höhe gehoben wurde, kann der Jubel auf den Rängen keine Grenzen mehr. „Winnetou I – Blutsbrüder“ war ein Hit.

Karl-May-Spiele: Rekordergebnis am Segeberger Kalkberg

Eine Überraschung war das Ergebnis letztlich aber nicht: Schon während der Aufführungstage zuvor hatte sich der Besucherrekord abgezeichnet. Am Freitagabend war mit Nicole Hoyer aus Stralsund die 400.000 Besucherin begrüßt worden. In der Saison 2022 hatten 406.925 Zuschauer Eintritt gezahlt.

Da die anschließenden Aufführungen alle so gut wie ausverkauft waren, lag der Rekord in der Luft. „Wir freuen uns natürlich sehr, dass die Begeisterung für unsere diesjährige Inszenierung so groß ist“, sagt Karl-May-Geschäftsführerin Ute Thienel, der bei der Bekanntgabe der Rekordzahl Tränen in den Augen standen. Sie ist seit 1999 für die Karl-May-Spiele verantwortlich, und unter ihrer Leitung haben sich die Spiele mehr und mehr zu einem enormen Wirtschaftsfaktor im Kreis Segeberg entwickelt.

Ein tränenreicher, emotionsgeladener aber auch sehr lustiger Abschied

Es war ein emotionsgeladener Abschied, bei dem auch Tränen vergossen wurden. Das Ensemble geht auseinander, Kulissen und Kostüme werden eingelagert. Die 72. und letzte Aufführung der Saison 2023 war traditionell ein Höhepunkt, bei dem nichts so war wie in den 71 Aufführungen zuvor.

Allen Darstellern war die Wehmut anzumerken, aber sie nutzten diese letzte Gelegenheit auch, um unter dem Jubel der Zuschauer zusätzlich zu den Gewehrschüssen ein paar Gags abzufeuern, bei denen die Kollegen auf der Bühne Mühe hatten, sich das Lachen zu verkneifen. Genau darauf hatten die erfahrenen Karl-May-Besucher natürlich gewartet. Sie wurden nicht enttäuscht. Ein Gag vor der Pause: Regisseur Nicolas König taucht plötzlich als Indianer auf, was die Darsteller nicht wussten. Er wird erschossen und von der Bühne getragen.

Wenn die Karl-May-Spiele im Juni beginnen, sind schon viele Tickets verkauft

Woran liegt es, dass die Karl-May-Spiele immer beliebter und bekannter werden? Faktoren sind die geschickt gesteuerte Werbung, gezieltes Einbeziehen der Medien, eine interessante Auswahl an Gaststars, die ihrerseits in Talkshows und anderen Veranstaltungen Werbung für die Spiele machen. Aber auch die moderne Technik spielt eine große Rolle: Bevor die Spiele Ende Juni starten sind stets schon sehr viele Tickets verkauf.

„Der Online-Verkauf macht mit über zwei Dritteln den größten Teil des Vorverkaufs aus“, sagt Geschäftsführerin Ute Thienel. „Es wird auch telefonisch gebucht, aber wenig an der Tageskasse.“ Allerdings mit Ausnahmen: „Als an einem Donnerstag das Wetter extrem gut war, hatten wir einen richtigen Ansturm an der Kasse.“

Im Schauspielerensemble herrschte während der Saison eine extrem gute Stimmung

Die Geschäftsführerin hat in diesem Jahr vor und hinter den Kulissen eine extrem gute Stimmung verspürt. So hat sie erlebt, dass sich die Mitwirkenden nach den Vorstellungen auch privat getroffen haben. „Eine Karl-May-Spielzeit ist anstrengend, aber auch für alle unvergesslich“, sagt Ute Thienel, die sich zusammen mit Toni Köppen, Bürgermeister von Bad Segeberg und Aufsichtsratsvorsitzender der Kalkberg GmbH, über ein dickes finanzielles Plus freut.

Mit 6,2 Millionen Euro war „Winnetou I – Blutsbrüder“ die bisher teuerste Produktion in der Kalkberg-Arena. 200.000 Besucher waren nötig, um diese Summe einzuspielen. Kein Problem, wie sich auch in diesem Jahr wieder gezeigt hat. Der größte Teil des Gewinns wird an die Stadt Bad Segeberg abgeführt, die davon wiederum Einrichtungen für die Einwohner finanziert.

Jubiläumssaison war persönlicher Triumph für Regisseur Nicolas König

Ein ganz persönlicher Triumph war die 70. Saison auch für Nicolas König, der in diesem Jahr zum ersten Mal Regie geführt hat. Nicht zuletzt ihm ist es zu verdanken, dass die Stimmung im Ensemble vom ersten Tag an gut war. Kein Wunder, denn König kennt das Geschäft: Als Schauspieler war er, mit Unterbrechungen, seit 1992 am Kalkberg aktiv. Jetzt hatte er das Heft erstmals als „Chef“ in der Hand – ein absoluter Glücksgriff, wie sich herausgestellt hat.

Denkbar ist, dass Nicolas König das Heft so schnell nicht wieder aus der Hand gibt. „Es läuft viele besser als erwartet“, hatte der Regisseur und Schauspieler nach Ende der Probenzeit bereits gesagt. So sehen es auch die Verantwortlichen der Kalkberg GmbH: Der neue Regisseur hat sich das Vertrauen des Ensembles und der Geschäftsleitung erarbeitet.

Nur eine Aufführung musste wegen des Regens kurz unterbrochen werden

Der Sommer 2023 war durchwachsen: Lange Regenperioden haben sich mit vielen Hitzetagen zu Beginn der Spiele abgewechselt. Auf den Zuschauerandrang aber hatte das Wetter offenbar keine gravierenden Auswirkungen. „Es hat gar nicht so oft geregnet“, sagt Ute Thienel. „Und nur selten eine ganze Vorstellung lang.“ Sie hat festgestellt, dass die meisten Zuschauer auf Open Air eingerichtet und bestens für jedes Wetter ausgerüstet sind. „Sie kommen also unabhängig von der Witterung und buchen ihre Karten weit im Voraus.“

Das Resümee der Jubiläumssaison: Keine Vorstellung musste vorzeitig abgebrochen werden, allerdings gab es eine 30-minütige Verzögerung wegen starken Regens. Eine Vorstellung musste kurz unterbrochen werden, um die Bühne neu zu präparieren. Der Einbau einer neuen Drainage unterhalb des Bühnensandes hat sich für die Kalkberg GmbH also bezahlt gemacht. Größere Wassermassen werden schnell abgeführt.

Ein Colt hatte Ladehemmung, ein Stuntman landete in Pferdeäpfeln

Zwar haben sich Darsteller und Stuntleute einige blaue Flecken geholt, gravierende Unfälle, die zu Ausfällen geführt hätten, wurden nicht registriert. Einige Randereignisse haben das Publikum eher amüsiert: Als der Adler seinen Flug unterbrach und sich ungeplant niederließ, wurde das von den Schauspielern geschickt überspielt – auf derartige Situationen sind sie vorbereitet.

Dustin Semmelrogge musste da als Rattler schon geistesgegenwärtiger sein, als sich der Schuss, mit dem er Klekih-petra töte sollte, nicht fiel. Ladehemmung. Stattdessen stürmte Rattler auf den Lehrer Winnetous zu und erschlägt ihn mit dem Colt. Pech auch, dass ein Stuntman, der an einem Seil per Pferd auf die Bühne gezogen wurde, mit dem Kopf mitten in einem Haufen von Pferdeäpfeln stecken blieb. Das Publikum war amüsiert. „Endlich Feierabend“, rief ein Darsteller seinen Kollegen hinter der Bühne zu – ärgerlich, dass in diesem Moment das Mikro nicht ausgeschaltet war und 7500 Menschen mithören konnten.

Spiele 2024 wieder mit Alexander Klaws als Winnetou und Regisseur Nicolas König

„Insgesamt war es von den Pannen her gesehen aber eine unauffällige Saison“, sagt Mediensprecher und Bühnenautor Michael Stamp. „Es ist wirklich sehr wenig schiefgegangen.“ Da haben die Karl-May-Verantwortlichen schon ganz andere Sachen erlebt. Zum Beispiel in der Saison 2022, als die Darsteller reihenweise an Corona erkrankten und ersetzt werden mussten.

Nach der Saison ist vor der nächsten Saison: Jetzt bereitet sich die Karl-May-Crew bereits auf die Karl-May-Spiele 2024 vor. Die Eckpfeiler stehen: Gespielt wird „Winnetou II – Ribanna und Old Firehand“. Alexander Klaws übernimmt wieder die Hauptrolle als Apachenhäuptling Winnetou, Nicolas König führt Regie. Wer sonst noch mitwirkt, wird zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verraten.