Norderstedt. Anwohner sauer: 57 Metallpfosten des Radfahrstreifens an der Harckesheyde wurden bereits umgefahren. Was die Stadt dazu sagt.
Die seltsam anmutende Verkehrslenkung des Radverkehrs an der Harckesheyde in Norderstedt mit etwa 220 Metallpfosten erhitzt weiterhin die Gemüter. So sind vorige Woche erneut elf dieser Pfosten umgefahren worden, was erneut deren Sinnlosigkeit unter Beweis stelle, kritisiert Anwohner Peter Hohmann. „Man stelle sich vor, da wäre ein Radfahrer entlang gefahren“, sagt er. „Das ist doch lebensgefährlich und muss endlich verändert werden.“
Aktuell, so hat er nachgezählt, stünden noch 164 Metallpfosten in der Harckesheyde. 57 seien umgefahren und noch nicht wieder ersetzt worden, wie die Löcher im Asphalt zeigten. Bei einem angenommenen Kaufpreis von 50 Euro je Pfosten stelle dies auch eine unnötige Verschwendung von Steuergeldern dar, kritisiert der Norderstedter, der nach eigener Aussage täglich hier entlangfährt und die Standhaftigkeit der Pfosten und die Benutzung des damit abgeriegelten Radweges genau beobachtet.
Norderstedt: Sind die Metallpfosten sinnvoll oder lebensgefährlich?
In einem Schreiben an das Rathaus hat Hohmann die Verwaltung auf diese Missstände hingewiesen. „Ständig werden Absperrpfosten umgefahren, weil sie hier völlig ungeeignet sind und die von Lkw genutzte Straße unnötig verkleinern“, schrieb er. Umso schlimmer sei das, weil „der sogenannte Radweg“ überhaupt nicht genutzt werde. „Auch das beobachte ich täglich: Die Radfahrer fahren lieber auf der anderen Straßenseite auf dem ‚echten Radweg‘“, so Hohmann.
„Die Absperrpfosten sind, da es sich um ein Industriegebiet mit Lkw-Verkehr handelt, Blödsinn.“ Er frage sich inzwischen, ob da keiner der Verantwortlichen vorher mal richtig nachgedacht habe, so der Norderstedter. Er könne das Festhalten an dieser unsinnigen Verkehrsführung sich nur so erklären, dass sie „aus rein ideologischen Gründen“ gesetzt worden sei.
Norderstedt: Zuständige Sachbearbeiterin verteidigt die Baumaßnahme
Dem widerspricht die Norderstedter Verkehrsaufsichtsbehörde in ihrem Antwortschreiben an Peter Hohmann entschieden. „Bevor derartige Maßnahmen durchgeführt werden, wird durchaus darüber nachgedacht“, versichert darin die zuständige Sachbearbeiterin Julia Pörschke. Bei der Planung seien neben der Verkehrsbehörde auch die Verkehrsplanung als Straßenbaulastträger, ein Ingenieurbüro und die Polizei involviert gewesen.
Ziel der Pfostenabsperrung vor gut zwei Jahren sei es gewesen, die Unfallgefahr zu mindern, argumentiert die Verwaltung. Um die Gefahr für Radfahrer an dieser viel befahrenen Durchfahrtsstraße zu minimieren, habe es dieser baulichen Veränderungen bedurft, die sich „aus der Kraftfahrzeugbelastung sowie der Unfallträchtigkeit eines bestimmten Straßenabschnitts aufgrund besonderer baulicher oder verkehrlicher Gegebenheiten der Straße und eventuell bestehender Schwerverkehrsbelastung“ ergebe, heißt es aus dem Rathaus.
Stadtverwaltung: Früher kam es zu schweren Unfällen
Problematisch seien hier insbesondere die schweren Unfälle aufgrund der „Knotenpunktsymmetrie“ gewesen: „Fahrzeuge, die aus der Falkenbergstraße links in die Harckesheyde einbogen, übersahen meist dann, wenn ein Rechtsabbieger von der Harckesheyde in die Falkenbergstraße die Sicht verdeckte, den Geradeausfahrer“, beschreibt die Verwaltung die Ausgangssituation. Dadurch sei es zu gefährlichen Ausweichmanövern gekommen.
„Es wurde auf die dortigen Fahrbahnteiler ausgewichen. Fahrzeuge überschlugen sich oder kippten auf die Seite. Dadurch kam es regelmäßig zu schweren Verletzungen der Insassen“, schreibt Julia Pörschke. Daher habe die Unfallkommission beschlossen, die Zweispurigkeit der Harckesheyde aufzuheben und nur noch die beiden inneren Fahrspuren als Fahrbahn zuzulassen.
Fahren auf der falschen Straßenseite ist in Norderstedt die häufigste Unfallursache im Radverkehr
Auf diese Weise wurde es möglich, auf der nördlichen Seite einen Radfahrstreifen einzurichten, wie es mit den Metallpfosten geschehen ist, so die Verwaltung weiter. Ein Fahren auf dem von Hohmann auf der südlichen Seite der Harckesheyde bezeichneten „echten Radweg“ in Fahrtrichtung Ulzburger Straße sei „schon damals wie heute unzulässig“ gewesen, so Julia Pörschke weiter. Es würde dann verkehrswidrig auf der linken Seite der Straße gefahren, „was Hauptunfallursache im Radverkehr in der Stadt Norderstedt ist.“
Für Peter Hohmann bezeichnet das als behördliche Verkehrsregulierung an den Verkehrsteilnehmern vorbei. Die meisten Radfahrer, so wie er selbst, würden fast automatisch von der Oststraße quer über die Harckesheyde auf die südliche „falsche Seite“ des Radweges fahren. Dazu lade sie die geschaffene Verkehrslenkung mit dem roten Radfahrstreifen sowie die Absperrung an der Bushaltestelle an der Oststraße geradezu ein.
Norderstedt hat 220.000 Euro für die Metallpfosten ausgegeben
Radfahrende blieben dann auf dieser falschen Seite und führen linksseitig auf dem vorhandenen Bürgersteig in Richtung Ulzburger Straße weiter, so Hohmanns tägliche Beobachtung. Allein schon aus Eigenschutz, weil sich in Höhe des Wertstoffhofes die Harckesheyde einenge und der mit den Metallpfosten abgetrennte Radfahrstreifen hier sowieso aufhöre. Die Radfahrer müssten an dieser kurvigen Engpassstelle plötzlich auf die Straße ausweichen, was die meisten von ihnen möglichst vermeiden möchten, so Hohmann. „Ich fahre da auch nicht lang.“
Doch die Verwaltung beharrt auf ihrer Entscheidung der Verkehrsregelung, die eigentlich ein vorläufiges Experiment und Provisorium sein sollte, das die Stadt 220.000 Euro gekostet hat. „Das ist eine absolute Verschlimmbesserung, die zu teuer und ohne Nutzen ist, weil die Radfahrer sie nicht annehmen“, kritisierte schon vor zwei Jahren der damalige CDU-Stadtvertreter und heutige Landtagsabgeordnete Patrick Pender im Gespräch mit dem Abendblatt.
Norderstedt: Verwaltung prüft, ob Pfosten gegen anderes Absperrelement getauscht werden
So verweist die Verkehrsaufsicht darauf, dass sich durch diese Maßnahmen die Unfallgefahr an der Harckesheyde entschärft habe. „Die beschriebenen Unfälle finden nicht mehr statt“, betont Julia Pörschke. Allerdings werde seitens der Verwaltung geprüft, „ob die Absperrpfosten gegen ein anderes Absperrelement getauscht werden (sollten), da diese regelmäßig umgefahren werden“.
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Ein Absperrelement sei aber „unbedingt erforderlich, da ansonsten wieder das damalige Parkverhalten zu befürchten ist, das die genannte Unfalllage verursacht hat.“