Norderstedt. Petra Müller-Schönemann (CDU) wurde einstimmig von der Stadtvertretung gewählt. So will sie die große Aufgabe angehen.

Dass sie gewählt werden würde, war mehr oder weniger klar. Doch in dem Moment, als Petra Müller-Schönemann an das Rednerpult im Plenarsaal trat, waren ihr die Emotionen deutlich anzusehen. „Ich habe meine Rede vergessen“, gestand die CDU-Politikerin. Also improvisierte die neue Stadtpräsidentin von Norderstedt.

Einstimmig hatte die Stadtvertretung für sie votiert, nachdem die Christdemokraten sie vorgeschlagen hatten. „Bitte sprechen Sie gleich mit mir, wenn Ihnen etwas aufgefallen ist. Sprechen wir auf Augenhöhe!“, sagte Müller-Schönemann in Richtung der Politikerinnen und Politiker.

Norderstedt: Überwältigt von Gefühlen – Stadtpräsidentin vergisst Rede

Als Vorsitzende der Stadtvertretung ist Müller-Schönemann nun protokollarische Chefin über ein politisches Spektrum in dem Norderstedter Plenum, das so breit ist wie nie. Die 57 Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter verteilen sich auf acht Parteien und eine Wählergemeinschaft. Die CDU stellt 17 von ihnen, die SPD 13 (darunter zwei Mitglieder der Linken), Bündnis 90/Die Grünen sind zu zehnt, Wir in Norderstedt (WiN, 5) und Freie Wähler (2) bilden eine Gemeinschaft, die AfD hat fünf Mandatsträger, die FDP vier, und die Basis einen.

Norderstedt: Rede vergessen – viele Emotionen bei neuer Stadtpräsidentin

Die Stadtvertretung von Norderstedt im neuen Plenarsaal: Das höchste politische Gremium hat jetzt 57 Mitglieder, das ist Rekord. 
Die Stadtvertretung von Norderstedt im neuen Plenarsaal: Das höchste politische Gremium hat jetzt 57 Mitglieder, das ist Rekord.  © Christopher Mey

Da muss eine Stadtpräsidentin nicht nur den Überblick behalten, sondern auch alle möglichst gleich behandeln. „Mir hilft, dass ich den Jugendhilfeausschuss so viele Jahre geleitet habe. Dort haben wir auch immer sehr viel Publikum, meistens so um die 40 bis 50 Leute. Aber es sind jetzt so viele neue Namen, da muss ich mich erst einmal orientieren.“

Welche Eigenschaften gefragt seien? „Man muss schon cool bleiben können, ruhig in prekären Situationen. Ansonsten sollte man offen für alle sein, versuchen, sich möglichst neutral zu verhalten.“ Das gelte auch für ihre Stellvertreterinnen Katrin Fedrowitz (SPD) und Margrit Riede (Grüne). Ja, eine Stadtpräsidentin müsse mit allen Fraktionen auskommen, auch jenen, die politisch weit entfernt sein mögen.

Mit 17 Mitgliedern stellt die CDU die größte Fraktion (hier der Fraktionschef Peter Holle).
Mit 17 Mitgliedern stellt die CDU die größte Fraktion (hier der Fraktionschef Peter Holle). © Christopher Mey

Stadtpräsidentin: „Es gibt nicht nur Lieblingsfraktionen“

„Es gibt nicht nur Lieblingsfraktionen. Aber man muss mit allen umgehen, das gebietet auch das demokratische Recht, es sind alles Menschen, die von unseren Bürgerinnen und Bürgern gewählt sind. Wir sollten lieber darüber nachdenken, weshalb es so gekommen ist, dass dort so viele Vertreter von Parteien sind, die man nicht so gerne dabei hätte.“

Ob sie es vermissen wird, in der Debatte mitzustreiten? „Ich habe das ganz gern gemacht, aber jetzt ist die Zeit vorbei. Ich widme mich voll und ganz dieser neuen Aufgabe, weiß, dass ich mich anders verhalten muss. Und das werde ich auch tun.“

Auf der rechten Seite des Saals sitzen vorne (von links) die Fraktionsspitzen von FDP, WiN und AfD: Tobias Mährlein und Michael Reimers (FDP), Reimer Rathje und Christiane Mond (WiN), Sven Wendorf und Felix Frahm (AfD).
Auf der rechten Seite des Saals sitzen vorne (von links) die Fraktionsspitzen von FDP, WiN und AfD: Tobias Mährlein und Michael Reimers (FDP), Reimer Rathje und Christiane Mond (WiN), Sven Wendorf und Felix Frahm (AfD). © Christopher Mey

Müller-Schönemann erwartet „mindestens einen Halbtagsjob“

Mit ihrer Vorgängerin Kathrin Oehme (CDU) habe sie schon darüber gesprochen, welche Arbeit auf sie zukomme. Auch die Verwaltung habe sie instruiert. „Es purzeln eine ganze Menge Termine auf mich ein, ich muss versuchen, das zu koordinieren. Die Leute sind neugierig, wollen mich kennenlernen. Da werde ich meine Antrittsbesuche machen.“ Sie schätzt, dass sie „mindestens einen Halbtagsjob“ habe als Stadtpräsidentin. „Vielleicht hat man morgens Empfänge bei Jubiläen, abends Besuche.“ Dazu kommen die politischen Sitzungen. „Das ist nicht ohne. Und ohne die Unterstützung meiner Familie könnte ich das gar nicht so machen.“

Auf der linken Seite sitzen SPD und Grüne nebeneinander. Von links: Lasse Jürs und Nicolai Steinhau-Kühl (SPD), Marc Giese und Ingrid Betzner-Lunding (Grüne).
Auf der linken Seite sitzen SPD und Grüne nebeneinander. Von links: Lasse Jürs und Nicolai Steinhau-Kühl (SPD), Marc Giese und Ingrid Betzner-Lunding (Grüne). © Christopher Mey

Kathrin Oehme – 15 Jahre Stadtpräsidentin – hat sich aus der Politik zurückgezogen. Was sie ihrer Parteifreundin rät? „Empathie und Zugewandtheit. Dass sie die Sitzungen leiten kann, setze ich voraus. Ich wünsche ihr die Unterstützung aller Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter. Das war bei mir anfangs nicht immer so, heute ist die Zusammenarbeit eine andere.“

Norderstedt: Stadtvertretung trifft sich erst wieder in drei Monaten

Damit ist die Norderstedter Politik fast schon in der Sommerpause, die Stadtvertretung kommt erst am 26. September wieder zusammen. In der übernächsten Woche wird es noch drei Gremien-Sitzungen geben, darunter am Montag, 10. Juli (18.15 Uhr), den Hauptausschuss. Diesen leitet weiterhin Peter Holle (CDU).

Die weiteren Ausschussvorsitzenden: Miriam Raad (FDP, Stadtwerke), Thomas Witte (WiN, Kultur), Tobias Schloo (SPD, Soziales), Ruth Weidler (CDU, Schule und Sport), Nicolai Steinhau-Kühl (SPD, Stadtentwicklung und Verkehr), Ingrid Betzner-Lunding (Grüne, Umwelt), Angela Löw-Krückmann (CDU, Jugendhilfe).