Berlin/Norderstedt. Franz Bechler siegt mit Mini-Speer. Warum er einen blauen Fleck davontrug und sein Konkurrent die Zuschauer zu Tränen rührte

Nach dem letzten Wurf kamen die Tränen: Franz Bechler (34) hat für die Norderstedter Werkstätten die erste Goldmedaille bei den Special Olympics World Games in Berlin gewonnen. Im Mini-Speer-Finale sicherte sich der 34-Jährige mit einer Weite von 17,78 Metern den ersten Platz auf dem Siegertreppchen.

Special Olympics: Norderstedter gewinnt Gold – und kämpft mit den Tränen

In einem emotional bewegenden Finale hatte sich Franz Bechler gegen seine Konkurrenten durchsetzen können. Besonders bewegend war der Auftritt eines Athleten aus Bermuda, der im Rollstuhl zur Startlinie gefahren werden musste und nur sitzend von einem Hocker aus werfen konnte. Obwohl er drei Fehlwürfe hatte, rührte er die Zuschauer mit seinem Einsatz zu Tränen.

Er zeigt, was Special Olympics ausmacht – und was sich hinter dem Eid von Special Olympics verbirgt: „Ich will gewinnen! Doch wenn ich nicht gewinnen kann, so will ich mutig mein Bestes geben!“

Auch Franz Bechler war von der Leistung seiner beiden Mitstreiter beeindruckt und klopfte den anderen immer wieder anerkennend auf die Schulter. Weil er gestern bei der Klassifizierung hinter seiner üblichen Leistung leicht zurückgeblieben war, wollte er heute im Finale alles geben. „Ich habe mich voll konzentriert und durch nichts ablenken lassen“, sagte der Gewinner nach dem Sieg.

Franz Bechler auf dem Weg zu einer Goldmedaille.
Franz Bechler auf dem Weg zu einer Goldmedaille. © Michael Richter

In der Nacht träumte er von dem Sieg – und einer Bestmarke von 100 Metern

Nachdem er zuerst in die Luft gesprungen und dann ein Interview gegeben hatte, fiel die Anspannung von ihm an und die Emotionen überwältigten den Norderstedter. Er musste mit den Tränen kämpfen. Ein Moment für die Ewigkeit.

„Ich habe heute Nacht geträumt, dass ich den Mini-Speer 100 Meter weit werfe“ sagt Franz und strahlt. Er hatte sich im Vorfeld vorgenommen, die 40 Meter zu schaffen. Gestern ist er auf 15,31 gekommen, sein Rekord liegt bei 20,30 Metern.

Mit einem aufgemalten Glückskleeblatt zur Goldmedaille

„Ich bin Franz und ich gebe immer etwas mehr. 20 Meter mehr“, sagte er und zitiert damit seinen Text aus einem Coca Cola Werbespot, den er vor einigen Wochen gedreht hat – im Olympiastadion Berlin, nur wenige Meter vom Hanns-Braun-Stadion entfernt. Damals hat er sich vorgestellt, wie es sein wird, hier in Berlin die Goldmedaille zu gewinnen – jetzt ist sein Traum in Erfüllung gegangen.

Als er bei der Siegerehrung auf das Podest mit der 1 spring, jubeln seine angereisten Kollegen der Norderstedter Werkstatt und stimmen laute „Franz, Franz“-Rufe an. Ganz vorne steht seine Mutter Kerstin und macht Fotos. „Sie hat mir Glück gebracht“, sagt Franz und reckt beide Fäuste nach oben.

Viel Viel Zeit zum Feiern hatte der 34-Jährige nach der Siegerehrung nicht. Denn für ihn stand nach dem Finale im Mini-Speer die Klassifizierung im 100-Meter-Lauf an. Das Team Norderstedt der deutschen Leichtathletik-Mannschaft hofft auf weitere Medaillen in den nächsten Tagen.

Special Olympics: Norderstedter gewinnt Gold – und kämpft mit den Tränen

Bereits am Morgen hatte Robin Schmidt (26) seine Klassifizierung im Weitsprung. Es war eine wichtige Vorentscheidung. Denn die Athleten werden entsprechend ihren Leistungsniveau in verschiedene Gruppen eingeteilt. Damit soll gewährleistet werden, dass in etwa gleich starke Sportler gegeneinander antreten – und jeder die Chance auf eine Medaille hat.

Robin Schmidt ist zum ersten Mal bei den Special Olympics World Games dabei. Er tritt im 100 Meter Lauf, Staffel und Weitsprung an. Die größte Herausforderung für ihn ist es, das Brett optimal zu treffen. Damit er mit dem Anlauf genau hinkommt, misst er die Zahl der Schritte jedes Mal vorher ab. 27,20 Meter ist die Anlaufweite. Die Zahl hat er sich mit einem dicken schwarzen Filzstift auf den Arm geschrieben. Der Trick geht auf, Robin trifft das Brett an der richtigen Stelle und schafft 2,91. Er hofft, dass er beim Finale ebenso gut ist wie Franz und auch Gold gewinnt.

Franz macht ihm Mut, die beiden teilen sich ein Zimmer und sind enge Freunde. Auf der Hand hat Franz einen blauen Fleck. Es ist ein verschmierter Kugelschreiber. Heute morgen hat ihm jemand ein Glücksklee auf die Hand gemalt.