Henstedt-Ulzburg. Die Christdemokraten holen in Henstedt-Ulzburg alle Direktmandate. Das hat erstaunliche Auswirkungen auf die Größe des Ortsparlaments.
Deutlicher hätte der Sieg nicht sein können. Zwar war allgemein prognostiziert worden, dass die CDU zur stärksten politischen Kraft in Henstedt-Ulzburg avancieren würde – aber die erzielten 16 Direktmandate, also ein Erfolg im ganzen Ort, sorgten dann doch für Erstaunen. „Den Anspruch, stärkste Fraktion zu sein, haben wir immer“, sagte der Fraktionsvorsitzende Dietmar Kahle. Das ist die Union zwar auch derzeit, wurde es aber bekanntlich nur, weil die WHU 2020 auseinanderbrach.
Jetzt ist die Ausgangssituation eine andere. „Wir wollen die Sachen nach vorn bewegen“, so Kahle. „Dazu sind wir von der Bevölkerung beauftragt. Es gibt zu wenig Umsetzung, ob beim Haus der Zusammenkunft, beim Alstergymnasium, beim Radverkehr.“ Was ihm wichtig war, zu betonen: „Wir hatten in jedem Wahlkreis Kandidaten, die auch gewinnen wollten.“
Henstedt-Ulzburg: Durchmarsch der CDU – und eine riesige Gemeindevertretung
Dass – bedingt durch die zahlreichen Überhangmandate – die künftige Gemeindevertretung statt 33 nun 53 Sitze umfasst, weil die CDU eben nur 29,3 Prozent aller Stimmen bekommen hat, sieht er gelassen. „Wir hatten auch schon einmal 42. Sicher ist das viel, aber das ist eben das Wahlsystem. Und wenn man es sich genau anguckt, sind die Mehrheitsverhältnisse im Ort gar nicht so anders geworden.“ Eines steht aus Sicht der CDU fest: Henry Danielski wird Bürgervorsteher bleiben. „Da spricht nichts dagegen“, sagte dieser so auch auf der Wahlparty.
„Wir sind nicht zufrieden“, sagte Jens Iversen, Spitzenkandidat der Wählergemeinschaft BFB (14,1 Prozent), die ihre Kampagne direkt auf ihn zugeschnitten hatte. „Wir hatten uns mehr erhofft.“ Mit sieben Mandaten gab es zwar einen Zuwachs, aber eben nur dank der Überhangmandate. An den Proportionen und den politischen Lagern ändere sich wenig, so Iversen. „Die Grünen haben die Stimmen dazugewonnen, die die WHU verloren hat. Den Durchmarsch der CDU hatte ich so erwartet.“
BFB: „Koalitionen gibt es auf kommunaler Ebene nicht“
Zusammen mit Union und FDP wird es weiterhin eine Mehrheit geben – „ich denke, von einem Sitz in den Ausschüssen und drei bis vier in der Gemeindevertretung“. Aber, so Iversen, „Koalitionen gibt es auf kommunaler Ebene nicht.“ Es gebe auch Themen, bei denen man anderer Meinung sei als CDU oder FDP, etwa bei der Offenen Ganztagsschule oder der Bebauung des Sportplatzes auf dem Rhen. Aber, das bestätigte er: „Wenn man sich das Abstimmungsverhalten der letzten fünf Jahre anschaut, gibt es nur wenig, wo wir uns nicht einig waren.“
Die FDP (13,3 Prozent, sieben Sitze) trat am Wahlabend selbstbewusst auf. „Wir würden gern unser Wahlprogramm umsetzen“, sagte der Fraktionsvorsitzende Klaus-Peter Eberhard. Er bemängelt die Arbeit der Fachausschüsse, spricht von „Zufallsmehrheiten“, will, dass sich Fraktionen vorher besprechen, um Vorhaben durchzubringen. „Bisher hat man uns so betitelt: Die FDP ist ja auch noch da.“
FDP spricht schon von einem „Koalitionsvertrag“
Jetzt sieht er eine „bürgerliche Mehrheit“ mit CDU und BFB, kann sich sogar eine Art „Koalitionsvertrag“ vorstellen. „Das ist der Wählerwille.“ Und zwar, so empfindet er das, auch der jungen Generation. Im Wahlkampf hätte er per WhatsApp Zuspruch von Schülern erhalten – daraus leitet Eberhard ab: Viele Erstwähler haben ihr Kreuz bei den Liberalen gemacht.
Die SPD (14,3 Prozent, acht Sitze) suchte nach Erklärungen für das auf den ersten Blick ungewöhnliche Resultat und den Verlust von 4,6 Prozent. „Das Bild, das sich an den Wahlständen abgezeichnet hat: Nach außen unterscheiden sich alle nicht wirklich. Da muss man schon tief in den Themen stecken“, so Gemeindevertreterin Nadine Braasch. Sie hätte allerdings nicht gedacht, dass die Parteien und Wählergemeinschaften unterhalb der CDU so eng beieinander liegen würden.
SPD kritisiert „unbezahlbare Luftschlösser“ der Liberalen
Kritik übte sie an der FDP, der sie „unhaltbare Wahlversprechen“ vorwirft. In der Tat hatten die Liberalen unter anderem damit geworben, dass sie die „Gasheizung retten“ würden. Braasch: „Die FDP hat Bundesthemen aufs Lokale runtergebrochen und ist damit auf Stimmenfang gegangen. Das ist traurig.“ Die SPD habe es bei den Themen mit einem „guten Mix“ versucht. „Das scheint leider nicht funktioniert zu haben.“
Die Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten, Patrizia Giuffrida, sagte, man habe „an Wahlständen den Frust auf die Bundespolitik abbekommen“. Und auch sie ärgert sich über den Wahlkampf der FDP, diese habe „unbezahlbare Luftschlösser“ gebaut. Generell, so Giuffrida, erwartet sie „extrem schwierige Mehrheitsverhältnisse in den nächsten fünf Jahren“. Da sei viel Dialog und Bereitschaft zum Konsens gefragt.
Grüne: „Wir sind das Original“
Erstmals waren die Grünen (15,4 Prozent, acht Sitze) in Henstedt-Ulzburg angetreten, nachdem sie sich während der Wahlperiode gegründet hatten und es eine Reihe von Übertritten aus der WHU gegeben hatte. „Wir freuen uns wirklich, so viele Sitze zu haben“, sagte Spitzenkandidatin Anja Hampel. „Als zweitstärkste Fraktion haben wir die Menschen offensichtlich mit unseren Themen erreicht. Wir sind das Original, das haben die Menschen uns zurückgespiegelt.“ Denn mit dem Ziel einer „Gemeinde im Grünen“ werben seit Jahren mehr oder weniger alle Parteien und Wählergemeinschaften.
Die schlechten Umfragewerte der Grünen auf Bundesebene schlugen sich hingegen nicht nieder. „Wir hatten im Wahlkampf schon Gegenwind“, so Hampel, „aber das waren wahrscheinlich Leute, die uns sowieso nicht gewählt haben.“
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Henstedt-Ulzburg: WHU verliert deutlich an Zustimmung
Was ihr aufgefallen ist: Es hat nicht das eine, polarisierende Thema gegeben – das sei vor fünf Jahren mit der umstrittenen Rewe-Ansiedlung oder früher mit dem Streit um den Beckershof anders gewesen.
Bleibt der tiefe Fall der WHU. Denn die Wählergemeinschaft wird zwar künftig noch sieben Gemeindevertreter stellen – aber eben nur durch die Überhangmandate. Verglichen mit 2018, ist der Verlust von minus 15,2 Prozent auf jetzt noch 13,3 Prozent dramatisch. Aber eben auch keine Überraschung, sondern eine direkte Folge der Konkurrenz durch die Grünen und der eigenen Querelen.