Henstedt-Ulzburg. Bei einer Podiumsrunde des SV Henstedt-Ulzburg gab es scharfe Kritik und klare Forderungen. Das waren die wichtigsten Aussagen.
Es gab sehr viel Gesprächsbedarf. Drei Stunden redeten, diskutierten, stritten die Politik und der Sport im Forum des Alstergymnasiums vor rund 200 Gästen. Der SV Henstedt-Ulzburg, nicht nur größter Verein im Kreis, sondern auch der zweitgrößte in Schleswig-Holstein, hatte alle Parteien und Wählergemeinschaften eingeladen. Sie sollten sich sieben Wochen vor der Kommunalwahl erklären zu aktuellen Problemen, angekündigten Großprojekten und zur Frage der mangelnden Wertschätzung.
Über 4000 Mitglieder, davon rund 1800 Kinder und Jugendliche, hat der SVHU. Und doch sagte Wulf Winterhoff, Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit: „Die Wertschätzung des SVHU in der sozialen Infrastruktur ist viel zu gering.“ Und: „Die Wertschätzung ist Folge der Wahrnehmung.“
Henstedt-Ulzburg: „Mangelnde Wertschätzung!“ – Der SVHU stellt Politik zur Rede
ei ein Thema. Aber er vermisst auch den Willen im Ortsmarketing. „Es ist ein Potpourri an verpassten Chancen.“ Er zitierte eine Studie des Deutschen Olympischen Sportbundes. „Die Wertschöpfung einer ehrenamtlichen Stunde beträgt 15 Euro.“
Ob nun Anja Hampel (Grüne), Patrizia Giuffrida (SPD), Klaus-Peter Eberhard (FDP), Sven Oldag (CDU), Jens Iversen (BFB) oder Wilhelm Dahmen (WHU) – sie alle beteuerten die Bedeutung des Vereins. „Sehr hoch“, „unglaublich wichtig“, der Verein „leistet Großes“, sei „ein großer Sportplayer“.
Sportstätten sollen in öffentliche Hand übergehen
Wie sich das in den jeweiligen Wahlprogrammen zeigt? Moderator Michael Eggert fragte reihum nach. Sven Oldag: „Mittel bereitstellen für den Erhalt und Neubau, geeignete Flächen ausweisen. Das Projekt Haus der Zusammenkunft haben wir initiiert. Und die Sportförderrichtlinien müssen endlich verabschiedet werden.“
Anja Hampel (Grüne) sagte: „Die unzähligen Ehrenamtlichen müssen unterstützt werden. Henstedt-Ulzburg ist gewachsen, aber wir sind mit den Sportstätten nicht hinterhergekommen. Aber Sport muss bezahlbar sein für alle Menschen. Es wäre schön, wenn es mehr Möglichkeiten im Bürgerpark und auf dem Rhen gebe“.
Jens Iversen (BFB) sagte, man müsse die Beschlüsse, die gefallen sind, „schnellstmöglich umsetzen.“ Und: „Die Schaffung der Infrastruktur soll künftig bei der Kommune liegen.“ Da gibt es weitestgehend Einigkeit: Sportstätten sollen in die öffentliche Hand, damit Clubs wie dem SVHU Immobilienmanagement und Bürokratie erspart bleiben.
Der Schwimmunterricht soll in Henstedt-Ulzburg möglich sein
Auch zu einem Lehrschwimmbecken bekennen sich alle. Die FDP schlägt ein „Vertrauensbudget“ vor. Das bedeutet: „Bisher muss für jede Kleinigkeit ein Antrag geschrieben werden“, so Klaus-Peter Eberhard. „Wir wollen, dass die Vereine ein Budget haben, das sie in jedem Jahr ausgeben können.“ Und die Liberalen haben noch eine Idee: Im Ort könnte doch eine Außenstelle des Landeszentrums für E-Sport entstehen.
Für Patrizia Giuffrida (SPD) gilt: „Bedarfsgerechte Infrastruktur, Bürokratie-Abbau, die Expertise der Vereine einbinden.“ Und noch ein Thema: „Es ist bei uns im Ort nicht möglich, Sportangebote für Menschen mit Behinderung zu finden.“
Für spezielle Inklusionsangebote fehlen qualifizierte Übungsleiter
Wulf Winterhoff bestätigte das. „Es ist nicht so einfach. Wir würden das gerne tun. Es ist eine hohe Verantwortung damit verbunden.“ Es fehlen qualifizierte Trainerinnen und Trainer. „Und man muss sehen, wie barrierefrei die Anlagen sind.“ Damit meint er aber spezielle Inklusionsangebote – denn grundsätzlich können Menschen mit Behinderung überall dabei sein.
Die WHU möchte höhere Pauschalen für Übungsleiter, so Wilhelm Dahmen. „Und ein überdachtes Schwimmangebot, damit alle Schülerinnen und Schüler schwimmen lernen können.“
25 Millionen Euro: Das ist für das neue Sportzentrum geplant
Und dann wollte es Moderator Eggert genau wissen: „Haus des Sports“, jetzt „Haus der Zusammenkunft“ tituliert, für möglicherweise 25 Millionen Euro, was soll das eigentlich sein? „Das hat sich sehr unerwartet entwickelt“, so Sven Oldag. „Wir hatten nach einer Lösung gesucht, die das Sportland ersetzen soll.“
Dann kam ein externer Berater ins Spiel – und der drehte alles auf links. „Wir bauen etwas Großes hin und integrieren alles.“ Eine neue Sporthalle, eine Kita, Gastronomie, besagtes Schwimmbecken, eine Kletterwand, eine direkte Anbindung an das Bürgerhaus, von dem nur noch der große Saal stehen bleiben würde. Sprich: Etwas für alle Vereine und Verbände.
Und die Kosten? Vieles sei förderfähig, der Mehrwert hoch, heißt es. „Wir möchten etwas erreichen, damit der Lebenswert deutlich erhöht wird“, so Klaus-Peter Eberhard.
Anja Hampel erwartet „Wachstum für Vereine“ und die Möglichkeit, „Mitglieder zu gewinnen, die Sport in anderen Gemeinden treiben“. Die SPD warnte allerdings: Der Zeitplan (bis 2028) ist nicht mehr die eigentlich geplante kurzfristigere Lösung. Patrizia Giuffrida regt eine „modulare Bauweise“ an, „zuerst die Sporthalle und das Lehrschwimmbecken, dann gucken, wie wir den Rest umsetzen können“.
Leider ist Henstedt-Ulzburg kein Einzelfall. „Auch in anderen Gemeinden ist der Sanierungsstau erheblich“, berichtete Sven Neitzke, Geschäftsführer des Kreissportverbandes. Manchmal, so Neitzke, vergessen Politiker oder Verwaltung, wie groß der soziale Faktor des Sports sei. Was er strikt ablehnt, sind Nutzungsgebühren. „Mit dem Sport die Gemeindekassen aufzubessern, das ist der falsche Weg.“
Fußball: Gesperrtes Beckersbergstadion sorgt für Unmut
Doch das ist nicht das einzige Problem. Es meldet sich ein Fußballer der ersten Herren. „Wir haben kein Zuhause, müssen ständig ausweichen. Die Frauen genauso. Die Jugend ist zum Teil mit vier Mannschaften auf einem Kunstrasen.“
Wulf Winterhoff: „Die B-Anlage am Beckersberg ist für 2,3 Millionen Euro saniert worden. Seit Oktober, November ist sie wieder gesperrt. Der Rasen hat es nicht geschafft, sich zu verwurzeln. Der Unterboden des Rollrasen weist erhebliche Mineralmängel auf.“ Möglicherweise ist Ende April wieder ein leichter Betrieb möglich.
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Immerhin: Ende November 2022 hatte sich die Politik auf den Bau von drei neuen Kunstrasenplätzen verständigt. Im Sportpark Henstedt soll der verbliebene Naturrasen umgewandelt werden. Und dann sind zwei weitere Großspielfelder mit Flutlicht geplant – die Standortanalyse läuft. Für die Sportler ist das unbefriedigend, weil es eben dauert.
Henstedt-Ulzburg: Zukunft des Areals Schäferkampsweg ist offen
Völlig unklar ist offenbar, was aus der alten Anlage am Schäferkampsweg wird. Die Pläne für ein Wohnquartier könnten platzen. „Vor drei Jahren ist entschieden worden – in Absprache mit dem SVHU –, dass wir dort bauen wollen“, sagte Jens Iversen. Dann habe man sich mit dem Investor nicht einigen können. „Wir hätten nie aufhören dürfen, dort zu spielen, da haben wir einen Fehler gemacht.“
Die FDP sah das ähnlich. „Es macht in unseren Augen überhaupt keinen Sinn, Sportplätze abzureißen und woanders wieder aufzubauen“, so Klaus-Peter Eberhard. „Wir sollten an anderer Stelle, beispielsweise westlich der AKN, Wohnungsgebiete ausweisen.“
Das Vorhaben ist weiter in der Schwebe, möglicherweise wird ein neuer Bieter gesucht. Ob es nach der Wahl eine Mehrheit gibt, hier noch Wohnungsbau zu realisieren, weiß niemand. Aus dem Rathaus hat die Politik zwar gehört, dass seit Oktober bzw. November wieder gespielt werden könnte auf dem großen Platz dort. Aber ein Flutlicht gibt es nicht. Laut der offiziellen Plattform fussball.de fanden hier seit Anfang November keine Ligapartien statt.