Bad Segeberg. Künstlerin Ela. hat mit dem Popstar ein Lied geschrieben. Am Freitag eröffnet sie Connors Tour. Warum die Frauen gemeinsam weinten.
Wenn Elżbieta Steinmetz über Musik spricht, dann strahlt sie. Die 30-Jährige betont immer wieder, wie dankbar sie ist, auf der Bühne stehen zu dürfen. „Das ist mein Zuhause. Es macht mich glücklich, mit Menschen Musik zu machen, mit ihnen zu feiern, zu leiden, zu fühlen, zu lieben“, sagt die Künstlerin. Ihre großen Ohrringe klackern während des Videotelefonats mit dem Abendblatt gegen ihre Kopfhörer. Sie gestikuliert und lacht viel. „Ich habe noch nie in Bad Segeberg gespielt. Es ist super, super aufregend für mich“, schwärmt die Musikerin.
An diesem Freitag, 12. Mai, tritt Ela. am Kalkberg auf. Sie eröffnet den Konzertabend für Popsängerin und Hauptakteurin Sarah Connor, die in der Arena der Karl-May-Spiele ihre Sommer-Open-Air-Tour startet. Ela.’s neuesten Song „Zwischen den Welten“ haben die beiden Künstlerinnen gemeinsam geschrieben. Elżbieta Steinmetz gehört zu den renommiertesten Songwriterinnen in Deutschland.
Konzert am Kalkberg: Ela – „Bei Sarah Connor konnte ich wie ein offenes Buch sein“
Um es in diese elitäre Riege zu schaffen, musste die sympathische, junge Frau mit den kurzen blonden Haaren allerdings einen Weg zurücklegen, der nicht immer einfach war. Hinter ihrem fröhlichen Wesen steckt auch Verletzlichkeit.
Mit acht Jahren kam die gebürtige Ukrainerin mit ihrer polnischen Mutter nach Deutschland. Nachdem ihr leiblicher Vater verstorben war, packten sie ihr altes Leben in zwei Taschen und ließen ihre Heimat hinter sich. Bis heute ist Ela. nie wieder in ihren Geburtsort Smila, der knapp drei Autostunden von Kiew entfernt liegt, zurückgekehrt.
Als sie im Saarland die zweite Klasse der Grundschule besuchte, konnte sie Deutsch weder verstehen noch sprechen. „Ich war die einzige Ausländerin und fand Plüschjacken super. Die anderen Kiddies konnten nicht viel mit mir anfangen. Für sie passte ich in keine Schublade“, erzählt die Sängerin. Mitschüler ärgerten sie, versenkten ihren Rucksack in der Mülltonne. Freunde hatte sie keine. „Das Einzige, das immer da war, war die Musik.“
Mit Songs von Herbert Grönemeyer lernte Ela. Deutsch
Ela. ist in einer Musikerfamilie groß geworden. Ihre Mutter war Opernsängerin, ihr Vater Gitarrist. Mit fünf Jahren stand sie zum ersten Mal auf einer Bühne. Im Kulturhaus in Smila sang sie einen Song über ihren Lieblingshund. „Mama und Papa hatten ihn für mich geschrieben“, erzählt sie. „Für mich war es das Größte, mir ein Bühnenoutfit zusammenzustellen. Andere Mädchen in meinem Alter haben mit Barbies gespielt – aber ich fand die Musik immer spannender als irgendwelche Puppen.“
Deutsch lernte sie mit den Liedern von Herbert Grönemeyer. „Ich habe sie so oft gehört. Von ihm war eines der ersten Konzerte, das ich in Deutschland erleben durfte.“ Ihr Stiefvater, der sie großgezogen hat und über den sie sehr liebevoll spricht, ist großer Grönemeyer-Fan. Nach einem halben Jahr konnte sie Deutsch sprechen. „Ich bin sehr ehrgeizig“, sagt sie, „ich wollte, dass man mich versteht.“
Elaiza vertrat Deutschland 2014 beim Eurovision Song Contest
Ihre ersten Songs komponierte Ela. mit zwölf Jahren. „Seitdem ich auf der Welt bin, war Musik immer meine Nummer eins. Für mich gab es nie etwas anderes. Ich war eine Außenseiterin, habe nie in Schubladen gepasst – diese Themen habe ich in Liedern verarbeitet. Für mich ist es ein heilendes Gefühl: Die Musik ist einfach immer da.“
Mit ihrer Band Elaiza vertrat sie 2014 Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC) in Kopenhagen und wurde bekannt. Unter 26 teilnehmenden Ländern belegten die drei Frauen mit dem Lied „Is It Right“ Platz 18. Fünf Jahre später trat dann Sarah Connor in ihr Leben als Solokünstlerin. „Sie spielt eine sehr wichtige Rolle für mich“, sagt Ela..
Sarah Connor: 2019 begleitete Ela. den Popstar erstmals auf seiner Tour
2019 begleitete die junge Musikerin den Popstar auf seiner gesamten „Herz Kraft Werke“-Tour als Vorprogramm, auch 2022 sang sie bei einigen Shows. Die Frauen lernten sich kennen, schrieben sich hin und wieder über Instagram. Irgendwann nahm Ela. all ihren Mut zusammen und erzählte Sarah Connor von ihrem Album, an dem sie gerade arbeitete. „Ich habe sie gefragt, ob sie Bock hätte, sich mit mir zusammenzusetzen und einen Song zu schreiben. Und sie so: ,Ja, klar. Komm vorbei!‘“, berichtet die Wahl-Berlinerin.
Die beiden Künstlerinnen trafen sich bei Sarah Connor zuhause, saßen in ihrem Wohnzimmer am Klavier und schrieben gemeinsam Zeile für Zeile. „Ich habe ihr meine Biografie geschildert, vieles, was ich in meinem Leben erlebt habe“, erzählt Ela. „Ich bin sehr, sehr ehrlich, wenn ich schreibe, und verarbeite Themen, die mich beschäftigen. Es war total schön, dass ich bei Sarah wie ein offenes Buch sein konnte. Ich bin dankbar, dass ich diesen Menschen erleben darf.“
Sarah Connor und Ela. haben gemeinsamen Song geschrieben
Entstanden ist der Song „Zwischen den Welten“. Wie persönlich und autobiografisch dieses Lied ist, wird schon nach dem ersten Satz klar, den Ela. singt: „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal von meinen Liedern leben könnte, als ich damals in meinem Zimmer saß und um meinen Papa weinte.“
Elżbieta Steinmetz hat oft das Gefühl, zwischen den Welten zu schweben. Es gibt Tage, die schöner nicht sein könnten. An denen es das Universum richtig gut mit ihr meint. „Und manchmal landest du wieder auf dem Boden der Tatsachen und das Leben weckt dich richtig auf“, sagt die Songwriterin.
Zusammenarbeit mit Sarah Connor: „Es war sehr emotional für uns“
2019 hätten die Extreme kaum größer sein können: Ela. verbrachte viel Zeit in Krankenhäusern. Eine Krebsdiagnose erschütterte ihre Familie. Doch noch im selben Jahr ging sie mit Sarah Connor auf Tour. „Eigentlich müsste ich der glücklichste Mensch der Welt sein. Ich stand krass zwischen den Welten“, erzählt die Sängerin. Das ist das Thema des Songs. Ela.’s Geschichte.
„Wir haben dabei auch ein bisschen geweint“, sagte Sarah Connor nach der Zusammenarbeit. Zwar haben die Frauen unterschiedliche Lebenswege – aber mit der Situation, zwischen Freude und Schicksalsschlägen hin- und hergerissen zu sein, können sich beide gut identifizieren. „Es war sehr emotional für uns“, sagt Ela.
Ela. ließ sich auf ihrem Weg nie verbiegen
Verbiegen lassen hat sich die Künstlerin auf ihrem Weg nie. „Man wird als junge Frau oft von Männern bevormundet. Mit 16 Jahren musste ich mir Sprüche anhören wie: ,Jetzt noch fünf Kilo abnehmen, dann kann deine Karriere losgehen.‘ Weil mich das so genervt hat, habe ich erst recht das enge Tutu mit einem riesigen Mittelfinger angezogen“, sagt Ela.
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Immer wieder hätten Stylisten versucht, ihre Kurven in Kleidern zu kaschieren. „Ich war aber schon immer eine Curvy Lady“, sagt sie. Kurzerhand warf sie alle Klamotten, in die sie sich nicht mehr hineinquetschen wollte, weg, spendete oder verschenkte sie an Freundinnen. „Ich bin das nicht und ich will das nicht. Ich liebe meinen Körper so, wie er ist, und bin ihm sehr dankbar, dass er mich so weit trägt, wie er kann.“
Nach Konzert am Kalkberg: Ela. geht im Oktober auf Tour
Ela. hat Musik für bekannte Stars wie Helene Fischer und Adel Tawil geschrieben. In der Musikwelt hat sie echte Freunde gefunden. Sie begleitet in diesem Sommer nicht nur Sarah Connor auf einigen Konzerten, sondern tourt im Oktober mit ihrem neuen, eigenen Soloalbum „Es ist immer jemand wach“ durch Deutschland. „Mein kleines Ich hätte sich das niemals erträumen lassen. Dank der Musik darf ich so viel erleben.“