Bad Segeberg. Warum die Sängerin „Das Leben ist schön“ geschrieben hat und warum sie sich lange allein gefühlt hat.

Nichts. Eigentlich müsste an dieser Stelle nichts stehen. Eine leere Texthülse ohne Worte. Weil es keine passenden Worte gibt, um das Konzert von Sarah Connor am Sonntagabend in Bad Segeberg zu beschreiben. Weil grandios, umwerfend oder einzigartig zu abgedroschen sind und irgendwie nicht ausreichen, um dieses Gefühl bei einem der ersten Konzerte am Kalkberg nach langer Pandemiepause in Worte zu fassen. Es war ein Gefühl, wie nach Hause kommen. Ankommen, aufleben, wohlfühlen, staunen.

Auch wer in der Corona-Zwangspause keine Konzerte vermisst hat, an diesem Abend ist klar geworden, was in den letzten Jahren oft gefehlt hat. Das Wummern der Bässe im Bauch, das Kribbeln auf der Haut, wenn alle (Handy)Lichter angehen. Das Gefühl, von der Menge getragen zu werden, eins zu sein, alles zu vergessen. Selbst Sarah Connor schien es so zu gehen, die zur Begrüßung sagte, dass sie zwei Jahre auf dieses Date warten musste – und glücklich sei, ihren Beruf endlich wieder ausüben zu dürfen. Bereits 2019 hatte der Vorverkauf für die „Herz Kraft Tour“ gestartet. Der Untertitel: Endlich wieder bei Euch.

Selbst Sarah Connors Band wusste nicht, wie es ihr geht

Die dicht gefüllte Kalkbergarena am Sonntag beim Auftritt von Sarah Connor.
Die dicht gefüllte Kalkbergarena am Sonntag beim Auftritt von Sarah Connor. © Unbekannt | Frank Dudek

Und Sarah Connor gab wirklich alles, um ihre etwa 9500 Fans am Wochenende bei zwei Konzerten über die lange Wartezeit hinwegzutrösten. Sie sang ihre Lieder nicht nur, sie zelebrierte die Songs, erzählte von der Entstehungsgeschichte und ihren Gefühlen beim Schreiben. Sie sprach über die „beschissenen Zeit“, in der sie „Halt mich“ geschrieben habe und den Depressionen und Panikattacken, die sie früher hatte. Die Menschen hätten damals immer gedacht, dass „ihr die Sonne aus dem Arsch strahle, aber sie selbst habe sich so einsam gefühlt – selbst ihre Band habe das nicht gemerkt. Die Zeit habe sie geerdet, zurückgeholt vom Popstarzeug, wie sie es nennt. Viele Lieder seien intime Songs und gar nicht einfach für sie zu singen. Doch es sei ein gutes Gefühl, dass sie nicht allein mit ihren Gedanken sei.

Melanie Zogeiser (l) und Claudia Spindler sind sich sicher: Das war das beste Konzert, auf dem sie waren!
Melanie Zogeiser (l) und Claudia Spindler sind sich sicher: Das war das beste Konzert, auf dem sie waren! © Unbekannt | Miriam Opresnik

Und die Zuschauer zeigten ihr, dass sie nicht allein ist, dass sie mit ihr fühlen, genauso fühlen. Als Sarah Connor „Das Leben ist schön“, anstimmt, kommen vielen die Tränen. In dem Lied beschreibt sie, wie ihre Beerdigung werden soll. Als „Kontrollfreak“ sei es ihr wichtig gewesen, das zu regeln. Auch wenn ihre Kinder das Lied nicht mögen und immer rausgehen, wenn sie es singt – für sie gehöre das Thema dazu.

Auch wenn Sarah Connor immer noch frech und lustig kann, sie ist ernsthafter geworden, so scheint es. Immer wieder erinnerte sie an den Krieg an der Ukraine, an das Leid der Menschen. Sie erinnerte daran, welches Glück wir haben, in diesem Land leben zu dürfen, in Frieden und Freiheit, und mahnt, dass wir die Verantwortung übernehmen müssen für das, was wichtig ist.

14-Jährige darf auf die Bühne und mit Sarah Connor singen

Michelle-Angelique Specht (22) war zum ersten Mal bei Sarah Connor und begeistert.
Michelle-Angelique Specht (22) war zum ersten Mal bei Sarah Connor und begeistert. © Miriam Opresnik | Miriam Opresnik

Der Abend war schon fast vorbei und einige Zuschauer packten bereits ein, als Sarah Connor zuerst zum Spaß „The Time of my Life“ aus dem Film Dirty Dancing anstimmte – und dann plötzlich die 14-jährige Käthe auf die Bühne holte. Sie hatte währen des Konzertes ein riesiges Banner entrollt mit der Aufschrift: „Sing mit mir“. Als die Schülerin neben Sarah Connor stand, zitterte ihre Stimme. „Ich habe immer auf diesen Moment gewartet“ sagte Käthe, die vorher gegoogelt habe, wie viele Menschen in die Kalkberg-Arena passen und dann vor ihr stehen. „Wenn ich Text vergesse, kannst du helfen?“, fragte Käthe. Sarah Connor lachte: Darin sei sie die Beste, sie habe auch schon mal den Text vergessen, bei so einem Lied…, sagte sie und spielte auf ihren Patzer 2005 an, als sie bei einem Fußballspiel die Deutsche Nationalhymne mit falschen Text sang. Die Fans feierten sie für diese Selbstironie und ihr ungezwungenes, spontanes Duett mit Käthe, der sie einen Traum erfüllte.

Auch wenn Sarah Connor vergeblich auf den von ihr versprochenen Vollmond wartete, der Abend wird auch ohne unvergesslich bleiben. Und das ist schließlich das Wort, das am besten passt: Unvergesslich!