Tangstedt. Auf sieben Hektar Wohnungen und mehr: Tangstedt hat im Bereich „Lindenallee“ viel vor. Das sind die Ideen der Parteien.

Sieben Hektar voller Hoffnung: So lässt sich das künftige Baugebiet „Lindenallee“ in Tangstedt wohl derzeit am besten beschreiben. Denn für die Gemeinde könnte hier, zwischen der Hauptstraße und dem Nahversorgungszentrum, der Grundschule und den Kitas im Ortsteil Tangstedt und der Bestandsbebauung das größte neue Wohnviertel seit Jahrzehnten Realität werden. Als Treuhänder fungiert hier die Landgesellschaft, sie hat das Areal von einer Erbengemeinschaft übernommen – aber Tangstedt trägt die Verantwortung über die Politik.

Vorschläge, Ideen, Forderungen gab und gibt es viele. Über eine städtebauliche Rahmenplanung in Kombination mit Bürgerworkshops sollen die Bedürfnisse und die Anforderungen aller Akteure und zudem der Bevölkerung in Einklang gebracht werden.

Kommunalwahl 2023: Hunderte neue Wohnungen für Tangstedt – kann das klappen?

Für wen soll Wohnraum geschaffen werden, in welcher Form? Ist eine autarke Energieversorgung, möglicherweise mit einem Nahwärmenetz, machbar? Dazu soll unbedingt eine neue Zufahrt zur Schule und den Kitas gebaut werden, um die enge Schulstraße zu entlasten – das fordern die Anlieger seit langer Zeit.

Vermutlich wird die „Lindenallee“ politisch die größte Aufgabe der nächsten fünf Jahre. Deswegen hat das Abendblatt die vier Parteien nach ihren konkreten Vorstellungen für die Entwicklung der Fläche gefragt. Zusätzlich hatten alle die Möglichkeit, zu zwei weiteren Themen ihrer Wahl Stellung zu nehmen.

CDU: Wohnraum für alle Tangstedter im Drittelmix

„Aus Sicht der CDU sollten hier 200 bis 220 Wohneinheiten entstehen. Gerne im Drittelmix von Doppelhäusern, Reihenhäusern und Geschosswohnungen, um Wohnraum für alle in Tangstedt notwendigen Bedarfe zu schaffen“, sagt der Fraktionsvorsitzende Arne Müssig. Und das für mehrere Gruppen: „Sowohl Junges Wohnen, zum Beispiel für unsere Erzieher oder Feuerwehrleute, als auch Wohnungsmodelle für Senioren oder mehrere Generationen.“

Arne Müssig, Fraktionschef der CDU und Direktkandidat für die Gemeindevertretung.
Arne Müssig, Fraktionschef der CDU und Direktkandidat für die Gemeindevertretung. © CDU

Es könnte auch ein „Musterquartier der Energieversorgung für Wärme und Strom“ entstehen. Müssig: „Uns ist wichtig, die Bebauung im Einvernehmen insbesondere mit den direkten Anliegern zu gestalten. Wir setzen uns für eine zehn Meter breiten Grünstreifen als Abstandsfläche zur Bestandsbebauung ein. Ebenso möchten wir die Dreieckswiese als Grünfläche erhalten. Sie sollte nur durch die Maßnahmen zur Verkehrsanbindung eingeschränkt werden.“

Mit einem neuen Kreisverkehr im Bereich Hauptstraße/Eichholzkoppel/Lindenallee könne mehr Verkehrssicherheit erreicht werden. „In diesem Bereich wäre auch ein ,Busbahnhof’ als Umstiegspunkt der Linien 378, 478, 578 und 7550 denkbar.“

Christdemokraten wollen keine weiteren Reglementierungen

Eines stellt Arne Müssig klar: „Wir als CDU möchten Bauherren in Tangstedt nicht noch mehr Reglementierungen seitens der Gemeinde vorschreiben als schon bestehen. Letztendlich möchten wir auch den Grundeigentümer in die Diskussion einbinden, welche Grundstücksformate ihm sinnvoll erscheinen.“

Die Verkehrssicherheit ist für die Union grundsätzlich ein wichtiges Thema. „Wir setzen uns für begehbare Wege für unsere schwächsten Verkehrsteilnehmer, Senioren und Kinder, ein. Auch ganzjährig befahrbare Radwege sowie die Planung von Radschnellwegen sind für uns wichtig, um die Ortsteile künftig untereinander besser zu verbinden sowie auch eine Verbesserung für Pendler zu erwirken.“

Kommunalwahl: Offene Ganztagsschule ist ein wichtiges Thema

Notwendig sei es, die stark befahrenen Kreisstraßen zu entlasten. „Gemeinsam mit den Nachbargemeinden würde eine Entlastungsstraße Durchgangsverkehre künftig anders verteilen.“

Die Umstellung auf die Offene Ganztagsschule werde eine weitere große Aufgabe, „auch finanziell“, so Müssig. „Hier engagiert sich unser Zentralausschuss-Vorsitzender gerade intensiv mit weiteren Beteiligten, um den ab 2026 geltenden Rechtsanspruch umsetzen zu können.“

Grüne: Auch junge Bürger:innen sollen ihre ersten eigenen Wohnungen beziehen können

„Der ,Lindenallee’ kommt eine sehr große städtebauliche Bedeutung für die Gemeinde zu“, sagt Stefan Mauel, Fraktionschef der Grünen. „Sie soll lebenswert entwickelt werden. Wir haben die Chance, durch das Bauleitverfahren nach sozialen, ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten Gebäude und Freiräume zu schaffen, welche die Klimafolgen der Erderwärmung berücksichtigen und zukünftigen Generationen keine Belastungen sind. Dazu gehören unter anderem Regenwassermanagement (Schwamm-Stadt-Prinzip), naturnah gestaltete Grün- und Spielflächen (Förderung Biodiversität) und Dach- und Fassadenbegrünungen (Verbesserung Kleinklima).“

Kommunalwahl: Grüne setzen sich auch für Mehrgenerationenwohnen ein

Er beschreibt Wohnangebote für alle Generationen. „Mehrfamilienhäuser mit kleineren bis mittleren Wohnungsgrößen bleiben bezahlbar. Mehrgenerationenwohnen ist ebenso gewünscht wie Raumangebote für soziale und kulturelle Zwecke, zum Beispiel für Theater, Musik und Nachbarschaftshilfe. Das Wohnen im Alter kann mit einer Betreuung in der eigenen Wohnung beginnen und über die benachbarte Pflegeeinrichtung im Wohnquartier fortgeführt werden. Auch junge Bürger:innen sollen ihre ersten eigenen Wohnungen beziehen können, um in der Gemeinde zu bleiben.“

Stefan Mauel, Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen.
Stefan Mauel, Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen. © Christopher Mey

Das sei wichtig für die Freiwillige Feuerwehr, Kita, die Ganztagsschule und Vereine. „Bezahlbare Wohnungen werden den Wettbewerb um Fachkräfte mit entscheiden. Genossenschaften und Baugemeinschaften bieten sich dafür ergänzend zu regionalen Wohnungsbauunternehmen an.“

Die Grünen werben für ein Nahwärmenetz. „Die Gemeinde muss jetzt grundlegende Entscheidungen zur Energieversorgung des Wohnquartiers und der neu zu gestaltenden Grundschule treffen. Das ist wirtschaftlich mit erneuerbaren Energien aus lokalen Quellen möglich.“

Grüne: Energieversorgung könne Tangstedt selbst in die Hand nehmen

Die Energieversorgung könne Tangstedt selber in die Hand nehmen, sagt Mauel: „Mit Bürger-Energiegesellschaften, bei der Bürger:innen, Unternehmen und die Gemeinde Mitglieder sein können.“ Dafür sei eine kommunale Wärmeplanung dringlich.

Auf Kreisebene setzen sich die Grünen für eine kommunale Wohnungsgesellschaft ein, „die ergänzend zur Privatwirtschaft gerade auch für niedrige Einkommen bezahlbaren Wohnraum schafft“. Das ginge auch in Kooperation mit regionalen Wohnungsunternehmen. „Zum anderen wollen wir eine kommunale Klimaschutzagentur auf Kreisebene schaffen, die praktisch bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in den Mitgliedsgemeinden hilft.“

SPD: Bezahlbarer Wohnraum für jüngere Generation, Senioren, Alleinstehende

Norman Hübener, Spitzenkandidat der SPD, verweist auf eine Initiative der Sozialdemokraten aus dem Jahr 2021. „Dadurch wurde wieder die Grundlage geschaffen, dass die Fläche ,Lindenallee’ unter anderem für die Weiterentwicklung der Grundschule (Raumbedarf, pädagogische Weiterentwicklung) sowie für die Schaffung von bezahlbaren, barrierefreien Wohnungen wie Häusern im guten Mix mit öffentlich gefördertem Wohnraum zur Verfügung steht.“

Insbesondere junge Familien und Alleinstehende sowie Lebensältere möchte die SPD einen bezahlbaren Wohnraum in der Gemeinde ermöglichen – „und die Schulstraße vom Zubringerverkehr entlasten“.

Norman Hübener ist Spitzenkandidat und Bürgermeisterkandidat der SPD für die Kommunalwahl.
Norman Hübener ist Spitzenkandidat und Bürgermeisterkandidat der SPD für die Kommunalwahl. © SPD

Darüber hinaus, so Hübener, war die SPD „zuletzt die einzige Partei, die es durch ihre Anträge den Bürgern/-innen ermöglicht hat, dass Details zu den aktuellen Entwicklungen Kuhteich und Achtern Diek in die Öffentlichkeit kamen. Das ist gelebte Transparenz und dafür stehen wir“.

SPD: Neubauten mit Photovoltaik und Solarthermie fördern

Die SPD setzt sich für ein Nahwärmenetz ein. Schon 2020 habe es eine Initiative gegeben für Biogas, Ökostrom und Photovoltaik auf gemeindlichen Gebäuden. „Dazu gehört auch die Förderung von Neubauten mit Photovoltaik und Solarthermie, Ausbau von Rad- und Wanderwegen, Wiedervernässung von Mooren, Baumpflanzungen und die Stärkung der Bürgerbeteiligung (was CDU und Grüne in Kiel mit Blick auf Bürgerentscheide grundsätzlich erschweren wollen) bei erneuerbaren Energien.“

Dazu werde die SPD attraktive pädagogische Angebote unterstützen wie die Weiterentwicklung der Grundschule und die Erweiterung der Kita Junges Gemüse, „und zur Gewinnung von Kita-Mitarbeitern/-innen mit Zusatzleistungen und gemeindlichem Wohnraum“, so Hübener. „Die SPD setzt sich für einen Kita-Neubau in Wilstedt ein und ist dabei gegen eine Festlegung auf die Fläche Achtern Diek, wenn die Zufahrt für Wohngebiet und Kita am Dorfteich ist.“

FDP: „Lindenallee“ ist Projekt mit Vorbildcharakter für Tangstedt

„Das Wohnraumentwicklungspotenzial mit einer Quote von 15 Prozent liegt bei circa 415 Wohneinheiten. Für uns ist die Priorisierung der Bebauungsflächen im Rahmen der Ortsentwicklung von entscheidender Bedeutung. Die Entwicklung der Lindenallee steht dabei an erster Stelle. So wird das Verkehrsproblem in der Schulstraße gelöst“, sagt Jens Kleinschmidt, Spitzenkandidat der FDP.

„Die zentrale Lage zum Nahversorgungszentrum eröffnet eine gute Perspektive für die Schaffung von bezahlbarem und barrierefreiem Wohnraum sowie für Gewerbe. Einrichtungen für Schule, Sport und Kultur brauchen mehr Flächen. Wir unterstützen die Zusammenlegung dieser Flächen mit der ,Lindenallee’, um das Areal im Gesamtkontext zu entwickeln. Eine attraktive Gemeinde braucht eine intakte Infrastruktur. Einrichtungen für die Daseinsvorsorge müssen dafür mitwachsen können.“

Jens Kleinschmidt, Spitzenkandidat und Bürgermeisterkandidat der FDP.
Jens Kleinschmidt, Spitzenkandidat und Bürgermeisterkandidat der FDP. © FDP

„Lindenallee“ ist für die Freidemokraten ein Leuchtturm-Projekt

Die „Lindenallee“ sei ein Projekt für eine ganzheitliche Quartiersentwicklung mit Vorbildcharakter für Tangstedt – „auf Initiative der FDP“, so Kleinschmidt. „Für die Schaffung eines regionalen Nahwärmenetzes kann das Quartier hervorragend als Leuchtturm-Projekt geplant werden. Hier sollte sich unsere Gemeindevertretung ein-stimmig und positiv positionieren. Wir setzen uns für eine sichere Energieversorgung zu günstigen Konditionen ein.“

Für die Verkehrsprobleme hat die FDP mehrere Vorschläge. „Wir machen uns weiter stark für bessere Busverbindungen und einen ZOB an der B 432. Dazu gehören für uns zukunftsfähige und flexible Mobilitätskonzepte. Wir unterstützen zusammen mit der Norderstedter FDP die ,Glashütter Spange’ als neue Verkehrsführung zur Entlastung des Durchgangsverkehrs in den betroffenen Ortsteilen.“ Kleinschmidt: „Als Liberale wollen wir die vielfältigen Themen in unserem Ort auf ehrliche und transparente Weise gestalten.“