Tangstedt. Das Ziel ist die Energie-Autarkie: Wie sich Tangstedt mit Genossenschaft und Nahwärme-Netz unabhängig machen will.
Sie nennen es eine „Kommunale Wärmewende“: In Tangstedt hat sich der Planungs- und Umweltausschuss einhellig dafür ausgesprochen, dass die Gemeinde ihren eigenen Weg hin zur Klimaneutralität gehen soll. Und zwar zusammen mit der Bevölkerung, denn das bürgerliche Engagement soll gestärkt werden.
Das bedeutet: Tangstedt soll ein Nahwärmenetz bekommen. Alle kommunalen Gebäude auf Versorgung mit erneuerbaren Energien umgestellt werden. Und: Eine oder mehrere Bürger-Energiegesellschaften sollen gegründet werden. Im Optimalfall also so, dass Energie, die im Ort erzeugt wird, auch dort verbraucht wird – oder eingespeist, wodurch alle Mitglieder profitieren könnten.
Energiepreise: Tangstedt – Ein Dorf will Strom und Wärme selbst erzeugen
„Die Bürger sollen die Energieversorgung in die Hand nehmen. ,Energie aus Tangstedt für Tangstedt‘, das Motto ist entstanden. Lokal herstellen, lokal verwenden, es geht um Autarkie. Eine Komponente ist, eine Wertschöpfung zu generieren und nicht das Geld zu Konzernen zu tragen“, sagt Stefan Mauel, Fraktionschef der Grünen.
Die Partei wertet es als politischen Erfolg, hier eine Mehrheit gefunden zu haben. Sie hatte mehrfach auf Veranstaltungen für genossenschaftliche Energieprojekte geworben und Fachleute der parteinahen Initiative „Bewirk.SH“ in die Gemeinde geholt. Das Interesse war da, um die 50 Gäste seien es gewesen.
Privathaushalte, Unternehmen und Landwirte könnten Energie produzieren
Es geht um Daseinsvorsorge, heißt es in dem Antrag, den alle Fraktionen unterschrieben haben. Mauel: „Die Wärmeversorgung kann aber auch in jedem Einzelfall eine soziale Frage der Teilhabe sein, wenn die Umstellung von Öl- und Gasheizungen auf eine regenerative Wärmeversorgung oftmals zunächst mit hohen Investitionen und technischen Problemen verbunden sein kann.“ Die Rede ist von einer „Individualfalle“, die vermieden werden kann. „Privatleute, Unternehmen, auch Landwirte könnten als Produzenten auftreten.“
Mehr oder weniger parallel hatten mehrere Fraktionen zuletzt Anträge eingebracht, das zu ändern, so auch im Februar CDU und Bürgergemeinschaft – weswegen man sich einigte, es doch gemeinsam zu machen. In der Gemeindevertretung am 5./6. April (jeweils ab 19.30 Uhr, Rathaus, Sitzungssaal) könnte zudem ein Grundsatzentscheid hinzukommen, wonach der Ort von einer Fachfirma kartiert wird – mit dem Ziel, Flächen für Photovoltaik zu finden.
Kommunale Gebäude: „Wir haben null Quadratmeter Photovoltaik“
„Bis jetzt ist noch kein kommunales Gebäude in Tangstedt zu irgendeinem Teil mit erneuerbarer Energie versorgt. Wir haben null Quadratmeter Photovoltaik – alles ist fossil“, sagt Stefan Mauel.
Die Klimaschutzmanagerin des Kreises habe der Politik geraten: „Sofort beschließen und loslegen.“ Denn: In diesem Jahr würde die Planung zu 90 Prozent gefördert über die Nationale Klimaschutz-Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums. Nach einem Jahr liegt dann eine Bilanz über den Energieverbrauch und den Energiebedarf im Dorf vor und darüber, welche Energiequellen möglich wären.
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Eine Genossenschaft kann Produzent sein, ein Netz betreiben und Endverbraucher sein – oder nur eine Gemeinschaft von Endverbrauchern, die kollektiv einkaufen. „Man kann einen Teil selbst erzeugen, einen Teil zum Beispiel von Landwirten über Biogas beziehen. Die Gemeinde kann Mitglied sein. Die Investition wird auf möglichst viele verteilt, dann ist der Beitrag geringer im Vergleich dazu, wenn jeder sein Haus einzeln umstellen muss auf erneuerbare Energien – mit Wärmepumpe, mit Ökostromversorgung, Speicherung, was meistens wirtschaftlich auch nicht gut funktioniert.“
Die Gemeinde könnte das Nahwärme-Netz bauen und verpachten – zwar mit hohen Investitionskosten, aber langfristigen Einnahmen. Und sie könne durch die Bauleitplanung bestimmen, dass jede Fläche, jeder Bauantrag nur genehmigt werde bei einem Anschluss an die Nahwärme. Die „Genossen“ könnten über einen eigenen Öko-Tarif günstig Strom erwerben.
Tangstedt: Grüne sehen „Lindenallee“ als Modellquartier für Nahwärme
Frank Zscherpe, Vorsitzender des Bauausschusses, sieht in dem geplanten Neubaugebiet „Lindenallee“ eine Chance für ein Modellprojekt. Hier soll in den nächsten Jahren ein großes Quartier entstehen für wohl mindestens 200 Wohnungen. Dazu befinden sich nebenan die Grundschule und zwei Kitas – aus Sicht der Grünen ist das prädestiniert. Zscherpe: „Es ist viel ökologischer, wenn es von einem Ort ausgeht, wenn sich das Quartier entsprechend zusammenfügt, und so ein Gebiet haben wir.“
Er sagt: „Wenn man die ganze Siedlung versorgt, wäre das ein Projekt, das von Anfang an in eine vernünftige Größenordnung und Wirtschaftlichkeit reingeht.“ Die Erweiterung auf die bestehenden Siedlungen wäre dann mittelfristig zu sehen, so Zscherpe.