Norderstedt. Kommunalwahl: Kinder- und Jugendbeirat lud Spitzenkandidaten zur Diskussion. Was plant die Politik für die Jugend?
Geredet wird im Wahlkampf viel. Doch in kurzer Zeit mit wenigen Wörtern eine Botschaft vermitteln, das ist die große Kunst auch der Kommunalpolitik. Das wollte der Kinder- und Jugendbeirat in Norderstedt austesten mit der eigenen Diskussionsrunde zur anstehenden Wahl am 14. Mai. Die acht Fraktionen aus der hiesigen Stadtvertretung waren eingeladen in die Aula des Coppernicus-Gymnasiums und sollten sich erklären, warum denn junge Menschen (gewählt werden darf ab 16) überhaupt mitstimmen sollten – und dann, für wen.
„Nur drei Sätze“ und dann sogar „Nur drei Wörter!“, war die klare Ansage von Senan Rose Alagbé im Schlussteil, sie moderierte der Abend zusammen mit Tom Marcinkowski. Zuvor hatten die Politikerinnen und Politiker Miro Berbig (Linke), Tobias Schloo (SPD), Marc-Christopher Muckelberg (Grüne), Sonja Gebert (WiN), Patrick Pender (CDU), Tobias Mährlein (FDP), Kathrin Meyer (Freie Wähler) und Sven Wendorf (AfD) mehr oder weniger ausführlich ihre Ideen zu Schule und Digitalisierung, zum ÖPNV und generell ihre Wünsche für die Stadt referiert.
Norderstedt: „Drei Wörter!“: Jugend nötigt Politikern kurze Antworten ab
„Warum herrscht zunehmend Ungerechtigkeit?”, fragte der KJB noch zu Beginn. Manche Schulen sind sehr gut mit modernen Geräten ausgestattet, andere nicht. Das Coppernicus-Gymnasium verwendet iPads, die Gemeinschaftsschule Friedrichsgabe hingegen nicht. Und auch nicht überall funktioniert das WLAN.
Patrick Pender sagte: „Es ist wichtig, dass ihr gut ausgestattet seid. Wir müssen das proaktiv tun. Die Schulen können für sich selbst entscheiden, wir können nur unterstützen. Da ist vor allem die finanzielle Unterstützung wichtig.“ „Anfangs zu viel Bürokratie“ sah Sven Wendorf bei der Beantragung von Fördermitteln. Und die WiN? „Wir müssen gucken, welche finanziellen Mittel möglich sind.“
Marc-Christopher Muckelberg versicherte: „Wir kennen schon die Bedarfe.“ Alle auf einmal, das gehe nicht, dafür würden die Ressourcen fehlen. Und: „Die Lehrerinnen und Lehrer entscheiden, was die beste Art und Weise ist, den Stoff zu vermitteln.“ Ähnlich äußerte sich Tobias Schloo: „Wir wollen nicht in die pädagogischen Konzepte eingreifen.“
Die Linke sah das anders: „Geld ist immer genug da. Bei uns in der Stadt sind im Haushalt immer 10 bis 30 Millionen über.“ Aus Sicht von Miro Berbig könnten also alle Schulen mit einem Schlag fit gemacht werden.
Die volle Bahn: Ärgernis für Jugendliche, die Politik sieht es nicht nur negativ
Ungeduldig zeigte sich Tobias Mährlein: „Jedes Jahr ein Jahrgang, das dauert mir zu lang.“ Dass am BBZ das Internet nicht funktioniert, überraschte alle. Da sei zwar der Kreis zuständig, aber Norderstedt könne ja vorstellig werden, riet der KJB.
Dann wurde zum öffentlichen Nahverkehr ein Zwei-Sekunden-Videoclip eingespielt mit dicht gedrängten Jugendlichen im Waggon. Auch so ein Thema, dass die Jugendlichen nervt: Volle Busse und Bahnen morgens um kurz nach 7 Uhr, Ausfälle bei der AKN – da müsse die Politik doch etwas ändern können?
„Unhaltbar“, so die AfD, die einen „bedarfsgerechten Ausbau“ forderte. Aber es gab auch Contra. Miro Berbig sah zunächst mal nichts Negatives an vollem ÖPNV zur Rush-Hour. „Vor 45 Jahren war mein Bus auch schon voll.“ Aber: „Wir haben nicht genügend Taktfrequenzen, es fehlen Verbindungen.“
U-Bahn-Verlängerung: Der Landtagsabgeordnete ist optimistisch
Eine Schülerin meldete sich: „Oft sind die Verkehrsmittel so voll, dass nicht alle mitkommen.“ Und im Zweifelsfall dann den Unterrichtsbeginn verpassen. Marc-Christopher Muckelberg antwortete: „Egal mit welchem Verkehrsmittel, wir werden zu Spitzenzeiten ein Problem haben.“ Die Lösung: Den Ausbau der U-Bahn forcieren – ein großer Wunsch vieler Norderstedter, aber längst nicht spruchreif. „Wir können die U-Bahnverlängerung auf die Beine stellen“, sagte Patrick Pender voller Optimismus, als Landtagsabgeordneter sei er in Gesprächen mit dem HVV.
Kathrin Meyer nannte andere Ideen: „Langfristig sollten wir uns dem Fünf-Minuten-Takt von Hamburg anpassen.“ Und sie schlug ein „1-Euro-Ticket innerhalb Norderstedts“ vor. Da grätschte die FDP aber sofort dazwischen: „Das ist der Bereich des HVV, das funktioniert nicht.“
Norderstedt-Takt für Bus und Bahn? „HVV war nicht amused“
Wer wann etwas zuerst beantragt habe, wurde dann diskutiert. Tobias Schloo war das zu bunt. „Ich werde euch jetzt nicht auffordern, die Sitzungsordner durchzuwursten. Wir haben versucht, einen Norderstedt-Takt einzuführen. Das ist daran gescheitert, dass der HVV nicht sonderlich amused war.“
Dann erhöhte der KJB mit seinen Beschränkungen die Schlagzahl – und brachte so Schwung in die Statements. „Norderstedt kann nicht die Welt retten. Aber Umweltschutz hat auch etwas mit lebenswert zu tun“, leitete Marcinkowski ein. Was sich die Entscheidungsträger darunter vorstellen, welche Maßnahmen sie umsetzen wollen? In drei Sätzen sollte geantwortet werden.
Klimaschutz in der Stadt: Grünanlagen retten, hoch bauen statt in die Breite
„Innerstädtische Grünanlagen erhalten, sensibilisieren für nachhaltige Lebensweise, allerdings nicht durch Verbote“, warf die AfD ein. Die Freien Wähler wollen festlegen: „In B-Planverfahren auf CO2-neutrale und fossilfreie Energieträger setzen.“ Bei der FDP gilt: „Mehr Photovoltaik, die Blockheizkraftwerke weg vom Gas, dafür sorgen, dass Norderstedt seine Grünachsen behält“.
Die CDU setzt auf innovative Konzepte für die Energiewende und kurze Wege in der Stadt. Die WiN will Bäume pflanzen, den Radverkehr konsequent ausbauen, die Grünflächen erhalten und die Stadtwerke dekarbonisieren. Die Garstedter Feldmark und die Tarpenbek-Niederung sollen ebenso Bestand haben.
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Für die Grünen steht fest: „Ein englischer Rasen ist kein gutes Grün. Für die CO2-neutrale Wärmeversorgung müssen wir mit allen Bürgern Lösungen ermitteln.“ Und was mehrfach zu hören war: „Hoch statt breit bauen, wo es angebracht ist“, um weniger Flächen zu versiegeln. Wie das aber in der Praxis und der Bauleitplanung aussehen wird, könnte spannend werden.
Norderstedt: Sorge vor geringer Beteiligung bei der Kommunalwahl
Dann wurde es noch sportlicher mit dem Drei-Wörter-Limit. 32,7 Prozent – so schwach war die Beteiligung bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren. Einmal komprimiert formuliert: Wie lässt sich das bei der jungen Generation verändern? „Jugend im Kreistag“, andere nannten „Kommunikation, Transparenz, Betroffenheit erzeugen, mitmachen, KJB stärken“.
Bleibt nur die Hoffnung, dass die enttäuschende Resonanz an diesem Abend kein Vorgeschmack auf die Wahlbeteiligung der jungen Generation sein wird. Vielleicht 30 bis 40 Gäste saßen in der Aula, darunter bekannte Gesichter aus der Kommunalpolitik oder der CDU-Oberbürgermeisterkandidat Robert Hille. „Geht wählen!“, war der abschließende Appell des KJB. An Auswahl mangelt es in der Stadt zumindest nicht.