Norderstedt. Fragen zur Kommunalwahl am 14. Mai an Norderstedter Parteien: Mit welchen Projekten die Verkehrswende gelingen soll.
Schon immer hat der Verkehr in Norderstedt eine zentrale Rolle bei den Kommunalwahlen gespielt. Wie stellt sich die Situation dar, und wie sehen die Parteien die Mobilität der Zukunft in Norderstedt?
Wie andere Städte auch hat sich Norderstedt der Verkehrswende verschrieben. Das Rad als umweltfreundliche Alternative spielt eine entscheidende Rolle, doch auch das Bus- und Bahnnetz und die Fußwege müssen attraktiver werden, wenn die Mobilitätswende gelingen soll.
Kommunalwahl 2023: Verkehrswende – Wie Parteien die Mobilität verändern wollen
Positiv ist, dass die Zahl der Elektro-Autos und Ladesäulen ständig wächst. Ein Projekt, das für die Stadt ein wichtiger Baustein neuer Mobilität war, ist hingegen gescheitert: Car-Sharing ist so gut wie tot. Viel besser funktioniert das „Bike-Sharing“.
Das Vorjahr bescherte dem Leihrad-Anbieter Nextibike ein Rekordergebnis: An den 19 Stationen im Stadtgebiet wurden 63.762 Ausleihen registriert, über 10.000 Ausleihen mehr als 2021. Beleg dafür, dass sich in der Stadt die meisten Wege auf zwei Rädern zurücklegen lassen.
Daher baut die Verwaltung das Radwegenetz kontinuierlich aus und investiert massiv in neue Radwege, Fahrradstraßen und Velorouten. Das Radparkhaus in Norderstedt-Mitte wurde gebaut, Radschnellwege sind in Planung.
Die Stadt überprüft regelmäßig den ÖPNV, verbessert den Takt und die Verbindungen. Auch die Fußwege sollen breiter, heller und sicherer werden. Heftig diskutiert wurde vor kurzem über die Frage, ob es mehr Tempo-30-Bereiche in Norderstedt geben soll.
Mit welchen konkreten Projekten wollen die Parteien die Verkehrswende voranbringen?
Peter Holle, CDU: „Die CDU hat die Idee einer 15-Minuten-Stadt nach Norderstedt gebracht. Wenn innerhalb von 15 Minuten alle Belange des täglichen Lebens zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sind, ist der Verzicht auf den Pkw eine automatische Folge davon. Unser Projekt, der Ausbau der U1, und die Schaffung von eng getakteten Kleinbussen sind weitere Bausteine der Akzeptanz von öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Carsharing-Angebot hat viel Luft nach oben. Da wir keinen Einfluss auf die Wirtschaftnehmen können, fördern und fordern wir den Ausbau bei allen Neubauprojekten im Geschoßwohnungsbau. Wo baulich möglich, werden wir das Radwegenetz weiter forcieren. Für die CDU steht die Schaffung von Angeboten vor den Verboten, denn der Mensch muss mitgenommen und nicht bevormundet werden.“
Katrin Fedrowitz, SPD: „Es gibt nicht das eine Projekt, das die Mobilitätswende bringen wird. Es werden viele verschiedene Maßnahmen sein, die alle gemeinsam die Menschen davon überzeugen werden, immer häufiger auch mal auf das Auto zu verzichten. Dazu gehören für uns der Ausbau des Radwegenetzes, Schaffung von Radschnellwegen, Ausweitung von dezentralen Fahrradstationen und Fahrradabstellanlagen, die Verbesserung von Fußwegen und auch die stetige Optimierung des öffentlichen Personennahverkehrs, durch unter anderem den bedarfsgerechten Ausbau der Busverbindung auch zwischen 22 und 6 Uhr. In neuen Wohngebieten soll es mehr Angebote für Car- und Bikesharing geben. Das Fernziel U-Bahnverlängerung werden wir weiter unterstützen.“
Ingrid Betzner-Lunding, Bündnis90/Die Grünen: Zügiger Ausbau des Radwegenetzes, Carsharing-Angebote an mindestens 10 Standorten der Stadt, Kleinbusse als Zubringer zum Schienenverkehr und On-Demand-Angeboten sind aus Sicht der Grünen die vorrangigen Maßnahmen für eine wirkliche Verkehrswende. Für den motorisierten Individualverkehr benötigen wir den weiteren Ausbau von Ladesäulen. Darüber hinaus setzen wir uns weiterhin konsequent für die Elektrifizierung der AKN ein, um die U-Bahn zumindest bis Quickborner Straße, langfristig aber bis Ulzburg-Süd verkehren zu lassen. Bei allen zukünftigen Bebauungsplänen setzen wir uns dafür ein, dass Schulen, Kitas, Nahversorgung und Ärzte in maximal 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar sind.
Reimer Rathje, Wir in Norderstedt (WiN): Wir setzen auf den grundsätzlichen Ausbau des ÖPNV: verkürzte Taktung und neue Linien in Zusammenarbeit mit benachbarten Städten. Neben neuen Fahrradwegen und -straßen benötigen wir neue, kostenlose Fahrradparkhäuser und die konsequente Bekämpfung von Diebstählen. Wir möchten weitere Car- und Bike-Sharing-Anbieter fördern und setzen auf einen verstärkten Ausbau des Ladenetzes von E-Bikes und E-Autos. Neue Wohngebiete dürfen nur noch geplant werden, wenn wir die Umsetzung der Mobilitätswende auch garantieren können. Klar ist aber auch, dass große Projekte wie das Deutschland Ticket, die Verlängerung der U-Bahn und die finanzielle Förderung von neuen Antrieben bei PKWs nur durch das Land oder den Bund umsetzbar sind.“
Tobias Mährlein, FDP: „Die Verkehrswende muss auch in Norderstedt technologieoffen gestaltet werden. So müssen wir auf der einen Seite die Anzahl der E-Lademöglichkeiten in unserer Stadt deutlich erhöhen, um die steigende Anzahl von E-Autos auch versorgen zu können. Doch dabei müssen wir natürlich auf den Strom-Mix achten, denn es hilft uns nichts, wenn der Strom aus Kohle oder Gas erzeugt wurde. Auf der anderen Seite müssen wir offen bleiben z.B. für das Thema Wasserstoff, wir müssen also auch hierfür Tankstellen in der Stadt anbieten. Neben weiteren Verbesserungen in der Infrastruktur für das Fahrrad ist der andere große Hebel ein deutlich verbessertes Angebot im ÖPNV. Kürzere Taktungen der Busse sowie eine verbesserte Erschließung aller Norderstedter Stadtteile sind hier das Gebot der Stunde.“
Miro Berbig, Die Linke: „Wir stehen in Norderstedt für eine umfassende Verkehrswende nach dem Kopenhagener Modell. Wir wollen den Rad- und Fußverkehr stärker gewichten, das Angebot des ÖPNV ausbauen, aber auch die Straßen für jene frei machen, die beruflich oder privat keine Alternative zum Auto haben. Ziel ist es, möglichst vielen Menschen den Umstieg vom Auto auf andere Verkehrsmittel zu ermöglichen. Dafür braucht es einen Umbau der Verkehrsinfrastruktur und attraktive Alternativen. Tempo 30 muss normal sein, Tempo 50 die Ausnahme werden! Kleinbusse, die nach Bedarf und später autonom fahren, sind die Zukunft. Das 49.-€-Ticket muss zum 0.-€-Ticket für Norderstedt werden.“
Thomas Thedens, Freie Wähler: „Wir sehen in Mobilität ein Grundbedürfnis unserer modernen Gesellschaft und ein wesentliches Merkmal der Freiheit. Für uns gibt es ein gleichberechtigtes Nebeneinander von Bussen, Bahnen, Auto, Fahrrädern und Fußgängerinnen und Fußgängern. Somit ist der weitere Ausbau von Rad(schnell)wegen, insbesondere zur Vernetzung mit den Umlandgemeinde uns sehr wichtig. Außerdem muss der Umstieg von fossilen Antriebstechnologien auf erneuerbare, bzw. CO2-neutrale Techniken weiter Stück für Stück umgesetzt werden. Ebenso die Verbesserung des ÖPNV in Bezug auf Taktzeiten und Querverbindungen. Dazu wollen wir das 1,- € Tages-Stadtticket für Alle. Und bei der Parkraumbewirtschaftung soll das Parkticket für alle städtischen Parkanlagen gelten. Zudembenötigen wir moderne und zeitgemäße Carsharing-Modelle.“
Sven Wendorf, AfD: „Jeder Norderstedter Bürger soll möglichst problemlos an sein Ziel kommen, unabhängig vom gewählten Transportmittel. Momentan ist eine Kampagne gegen den motorisierten Individualverkehr zu beobachten – dies lehnen wir ab. Ein funktionierender ÖPNV, gute und sichere Rad- und Fußwege sind zu gewährleisten, genauso wie Norderstedt eine autofreundliche Stadt sein soll. Wir fordern die Abschaffung der Parkgebühren bei den P+R Anlagen. Zwecks Vermeidung von Stau, insbesondere zu Berufsverkehrszeiten, befürworten wir den Bau von Ortsumgehungsstraßen, z. B. zur Entlastung der Niendorfer Straße und der Poppenbütteler Straße. Bei der Bahn setzen wir auf AKN-Sprinterzüge mit Taktverdichtung und modernen Zügen mit mehr Waggons. Dies ist deutlich schneller realisierbar als eine U-Bahnverlängerung.“
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