Götzberg/Wakendorf II. Andy Wagner hat mit einer Sonde einen Schatz aufgespürt, der Archäologen in Schleswig-Holstein in Aufregung versetzt.
- Andy Wagners großes Hobby ist die Schatzsuche. Mit einer Sonde sucht er auf Spaziergängen.
- Auf einem Acker hat er jetzt den großen Fang gemacht: 1000 Jahre alte Münzen waren dort in der Erde vergraben
- Nun sind ist Wagners Schatz ein Forschungsobjekt für Archäologen
Als Kind hat wohl jeder davon geträumt: Einmal einen Schatz finden. Einen richtig schönen, um den einen alle beneiden. Andy Wagner aus Wakendorf II musste 43 Jahre alt werden, bevor es soweit war. Aber dann hat es geklappt. Auf einer Weide in Henstedt-Götzberg hat er einen Schatz gefunden, der die schleswig-holsteinischen Archäologen in Aufregung versetzt hat: Über 1000 Jahre steckten wertvolle Münzen im Acker – und niemand hat’s gemerkt. Bis Andy Wagner kam. Nach fünf Jahren ist nun geklärt, woher die Münzen stammen.
War es Anfängerglück? Oder Intuition? Andy Wagner hat lange überlegt, wie es wohl dazu gekommen ist, dass ausgerechnet er 2017 auf einen Schatz gestoßen ist, der auch die Experten in Erstaunen versetzt hat. Es handelt sich um einen frühmittelalterlichen Silberschatzfund, der vor allem durch seine Lage im südlichen Holstein und durch seine ungewöhnliche Zusammensetzung auffällt. Andy Wagner kann stolz auf sich sein.
Historischer Fund - Wie Andy Wagner beim Spaziergehen Schätze findet
Der 48 Jahre alte Wakendorfer mit dem unverkennbaren Berliner Dialekt – Andy Wagner ist vor 13 Jahren aus Brandenburg nach Schleswig-Holstein gezogen – gehört zu einer kleinen, aber feinen Community von aktiven so genannten Sondenjägern in Schleswig-Holstein. 339 Frauen und Männer gehören dazu, in den nächsten Wochen kommen noch einmal 50 Schatzsucher hinzu, die nach einer viertägigen Ausbildung ein Zertifikat und einen Suchausweis erhalten, der sie berechtigt auf Suche zu gehen. Das archäologische Landesamt bildet die Sucher aus.
Andy Wagner ist ein Musterexemplar dieser ganz besonderen Spezies: „Er hat sich vorbildlich Verhalten“, lobt ihn Birte Anspach, Sprecherin des Landesamtes. Denn der Wakendorfer hat auf Weide des Landwirts Volker Gülk in Götzberg gesucht, gefunden, kurz gejubelt und dann den Fund sofort beim Archäologischen Landesamt gemeldet. Von einem solchen Fund träumen alle Schatzsucher, aber nur wenige haben das Glück, etwas zu finden.
Funde wie dieser in Götzberg werden nur sehr selten gemacht
„Ein solcher Fund ist sehr selten“, sagte Birte Anspach. „Das gelingt den meisten Suchern eigentlich nur einmal im Leben.“ Wenn überhaupt. Denn meistens finden sie wertlosen Schrott. Was Andy Wagner zutage gefördert hat, ist jedoch alles andere als Schrott. Sein Schatz ist wertvoll und kann eines Tages möglicherweise auf der Museumsinsel Schloss Gottorf in Schleswig besichtigt werden. Ein Zeitpunkt dafür steht allerdings noch nicht fest. Dort liegen die Münzen jetzt im Archiv.
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Die beiden Archäologen Eicke Siegloff, der Grabungsleiter, und Volker Hilberg, zuständig für das Mittelalter und ein ausgewiesener Numismatiker, machten sich auf den Weg, als Andy Wagner sie über den Fund auf der Gülkschen Wiese im Henstedt-Ulzburger Ortsteil Götzberg informierte. Die Information gab er schon frühzeitig weiter: Gerade mal drei Münzen hatte der Schatzsucher in 20 bis 30 Zentimeter Tiefe gefunden. Sein Detektor - ein hochwertiges Gerät im Wert von rund 2200 Euro - hatte den Fund angezeigt.
Der Schatz wurde an einer ungewöhnlichen Stelle auf einer feuchten Wiese entdeckt
Die beiden Fachleute waren angetan von Andy Wagners Spürsinn, an einer abgelegenen Stelle auf einer feuchten Wiese inmitten einer schmalen Niederung zu suchen. Ihr Lob wurde in den Archäologischen Nachrichten festgehalten: „Auf die Idee, dort einen Metalldetektor anzusetzen, kommen wohl nicht viele. Auch waren die Signale extrem unscheinbar und undeutlich. Auf die Idee, dort einen Spaten anzusetzen, kommen wohl auch nicht viele...“
Aber das kleine Grabungsteam blieb hartnäckig und brachte weitere Funde zum Vorschein. Sie verteilten sich auf einer Fläche von etwa 15 Quadratmetern. Das wurde entdeckt: 42 kleine Silbermünzen, von denen 17 Stücke zerschnitten oder alt fragmentiert sind, zwei arabische Münzfragmente sowie vier Hacksilberobjekte, drei Silbergussobjekte und zwei messingummantelte Kugelzonengewichte. Es handelt sich um islamische Dirham-Silbermünzen, die bis 970 im Ostseeraum im Umlauf waren, um 34 Hochrand- oder Wendenpfennige aus der Zeit zwischen 985 und 1000 sowie acht Otto-Adelheid-Pfennige, 983 bis 991 geprägt.
Niemand weiß, wie der frühmittelalterliche Silberschatz nach Götzberg gelangte
Wie der frühmittelalterliche Silberschatz ausgerechnet nach Götzberg gelangt ist, können die Archäologen heute nicht mehr rekonstruieren. „Ob seinerzeit vergraben oder verloren, vielleicht auch noch ein Stück von der damaligen Au verdriftet, darüber kann uns der später vom Pflug zerrissene Befund nicht mehr berichten“, heißt es in der Fachveröffentlichung.
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Andy Wagner jedenfalls freut sich über seinen Schatzfund, auch wenn er keinen Finderlohn dafür bekommt. Diese Funde gehören dem Land Schleswig-Holstein - aber eine namentliche Erwähnung in einer Fachzeitschrift ist für den Wakendorfer Anerkennung genug. Außerdem ist der Fund für ihn natürlich ein besonderer Ansporn, weiter auf die Suche zu gehen.
Dreimal in der Woche mit einem 950 Gramm schweren Detektor auf Schatzsuche
Das allerdings hätte er auch ohne diesen Fund gemacht: Mit seinem 950 Gramm schweren Metalldetektor ist er etwa dreimal in der Woche auf Äckern und Weiden in der Nähe unterwegs. Immer mit Genehmigung des jeweiligen Landwirts. Das Suchgebiet muss er beim Archäologischen Landesamt beantragen, es wird dann auf einer Suchkarte eingetragen. In anderen Bundesländern sind die Landesämter großzügiger: Dort reicht die Genehmigung des Grundeigentümers aus, um eine Suche zu starten.
Der Hobbyschatzsucher aus Wakendorf II findet immer mal wieder etwas. Oft nur Schrott, den er dann entsorgt, manchmal einzelne Münzen, auch schon mal eine Taschenuhr, die jetzt in einer Vitrine in seinem Wohnzimmer zu besichtigen ist. Wenn Andy Wagner Lust hat, fährt er auch mal ans Meer und sucht am Strand. Das darf jeder: Eine Spezialgenehmigung des Landes Schleswig-Holstein ist dafür nicht notwendig. Strandsucher müssen auch keinen Kursus absolvieren.