Neue Gleise, erweiterte Bahnhöfe, Elektrifizierung: Der Ausbau der S21 wird unter Hochdruck umgesetzt. Besuch auf der Baustelle.

  • Der Ausbau der S-Bahn-Linie 21 von Hamburg ins Umland ist in vollem Gange
  • Ab Ende 2025 soll die S21 in 55 Minuten von Kaltenkirchen zum Hamburger Hauptbahnhof fahren
  • Die Bauarbeiten stellen die Planer vor einige Herausforderungen – ein Ortsbesuch

Hamburg. Es lässt sich bisher nur erahnen, was einmal sein wird. Aber die Arbeiten an dem wichtigsten Projekt für den Nahverkehr im Hamburger Umland laufen auf Hochtouren. Bis Ende 2025 wird die AKN-Strecke zwischen Eidelstedt und Kaltenkirchen aufgerüstet und elektrifiziert, sodass anschließend die S-Bahn 21 ohne Unterbrechung in 55 Minuten von der Stadt im Kreis Segeberg bis zum Hauptbahnhof Hamburg fahren wird.

Zum Umfang des 120 Millionen Euro teuren Projektes, das der Bund zu 80 Prozent finanziert, gehören umgebaute Bahnhöfe, neue Gleise und zahlreiche einzelne Vorhaben entlang der Trasse. Kurzum: Es ist ein historisches Vorhaben. Mitte Januar hatte es den Spatenstich hierfür gegeben. Nun, etwas mehr als drei Monate später, hat die AKN an drei verschiedenen Standorten einen Einblick in den Fortschritt gewährt.

Erste Einblicke: So läuft der große Ausbau der S-Bahn 21

In Eidelstedt, im Bereich Lampéstraße, kreuzen wie auf Bestellung vormittags um kurz nach 9 Uhr die AKN und die S-Bahn ihre Wege. Hier wird parallel ein neues Gleis gebaut, damit der Bahnhof direkt angefahren werden kann. Eine Spezialfirma, beauftragt durch den Generalunternehmer Züblin, bereitet ihr massives Bohrgerät vor – 68 Tonnen wiegt das Fahrzeug. Befestigt an einer Lafette, dringt die Spitze durch exakt ausgemessene Betonschablonen tief in das Erdreich ein. „14 Meter tief. Wir stehen, wo später das Gleis verlaufen wird. Auf den Bohrpfählen wird später eine Platte aufgebaut, auf der das Gleis liegt“, sagt Karl-Heinz Moje. Er ist bei der AKN Abteilungsleiter für Bauwesen und Infrastruktur.

Ortstermin in Eidelstedt (von links): Projektleiter Heiko Metzger, der leitende Bauüberwacher Stefan Baumann, Oberbauleiter Volker Puck (Firma Züblin) und Karl-Heinz Moje, bei der AKN Abteilungsleiter für Bauwesen und Infrastruktur.
Ortstermin in Eidelstedt (von links): Projektleiter Heiko Metzger, der leitende Bauüberwacher Stefan Baumann, Oberbauleiter Volker Puck (Firma Züblin) und Karl-Heinz Moje, bei der AKN Abteilungsleiter für Bauwesen und Infrastruktur. © Christopher Mey

Nonstop ist die Großbaustelle nicht besetzt – in der Regel wird von Montag bis Sonnabend gearbeitet, nachts nur, wenn es um den Bahnbetrieb selbst geht, und an Feiertagen nur in absoluten Ausnahmefällen.

Eidelstedt: Anspruchsvoll für Ingenieure, Lärmschutz für Nachbarn

Es ist eng, direkt nebenan befinden sich Wohnhäuser, von deren Terrassen die Bewohner einen Premiumblick auf die Bahntrasse haben – aber auch den Lärm, weswegen hohe Schutzwände errichtet wurden, um den Schall zu minimieren.

Der 68 Tonnen schwere Bohrer leistet Präzisionsarbeit – selbst fünf Zentimeter Abweichung wären zu viel. Auf 15 Pfähle wird eine Platte gesetzt, sie trägt das neue Gleis.
Der 68 Tonnen schwere Bohrer leistet Präzisionsarbeit – selbst fünf Zentimeter Abweichung wären zu viel. Auf 15 Pfähle wird eine Platte gesetzt, sie trägt das neue Gleis. © Christopher Mey

„Es ist etwas anderes, als auf einer grünen Wiese eine Gründung zu machen und ein Gebäude zu errichten“, sagt Volker Puck, Oberbauleiter bei Züblin. „Ingenieursmäßig ist es eine herausragende Leistung, das zweite Gleis herzurichten. Diese Böschung ging eigentlich runter bis auf Gartenniveau, man hat eine Spundwand eingebaut, das waren Tageswerke, bei denen es auf die Logistik ankam. Die Trogbauwerke sind anspruchsvoll, teilweise sind es sieben bis acht Meter hohe Wände.“

Bönningstedt: Die bisherigen Bahnsteige sind zu klein für eine S-Bahn

Eine Viertelstunde mit dem Auto entfernt, in Bönningstedt, ist die Aufgabe eine andere. Denn fast überall müssen die Bahnsteige angepasst werden – bei der Länge von 110 auf 138 Meter, bei der Höhe von 76 auf 96 Zentimeter. Denn eine S-Bahn mit zwei Fahrzeugen kommt auf 132 Meter, die AKN nur auf 108 Meter.

Bönningstedt ist hierfür ein Beispiel, die Erhöhung bereits gut zu erkennen. Karl-Heinz Moje: „Der Bahnsteig in Bönningstedt wird Ende Juli fertig sein, die anderen kommen Stück für Stück hinterher.“ Nach den baulichen Veränderungen erfolgt die technische Ausstattung, denn alles wird erneuert – und Ende August werden hier wieder Züge halten.

An den meisten Bahnhöfen - wie hier in Bönningstedt - werden die Bahnsteige erhöht und verlängert, um den höheren Anforderungen der S-Bahn gerecht zu werden.
An den meisten Bahnhöfen - wie hier in Bönningstedt - werden die Bahnsteige erhöht und verlängert, um den höheren Anforderungen der S-Bahn gerecht zu werden. © Christopher Mey

Er betont noch einmal: „Ein Ziel ist die Durchbindung der S 21 zwischen Kaltenkirchen und Hamburg Hauptbahnhof, ohne in Eidelstedt umsteigen zu müssen. Der zweite Punkt: Wir werden eine kleine Zeiteinsparung von zwei bis drei Minuten erreichen.“ Und genau dafür werden in den nächsten zweieinhalb Jahren die Voraussetzungen geschaffen.

Alles werde nach Abschluss barrierefrei sein. Mit einer Einschränkung: Wenn die AKN wieder fährt, die gesamte Umstellung aber noch nicht vollendet ist, müssen zum Beispiel Menschen im Rollstuhl eine Rampe nutzen, die in jedem Zug mitgeführt wird.

„Und es gibt vier Kombi-Bahnsteige“, so Moje. „Da werden die Züge der AKN und der S-Bahn parallel anhalten: Ulzburg-Süd, Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen-Süd und Kaltenkirchen. Denn wir müssen von Kaltenkirchen aus auch Norderstedt-Mitte bedienen können.“

S-Bahn: Eine weit gestreckte Baustelle – „das ist nicht alltäglich“

Dass quasi eine ganze Region von einer Baustelle durchgezogen wird, ist ungewöhnlich. Stefan Baumann von der Firma BDS, einem Ingenieurbüro aus Seevetal, ist verantwortlich für die Baustellenüberwachung – das Unternehmen hat viel Erfahrung mit Bahnprojekten. „Die Besonderheit ist, dass es eine weit gestreckte Baustelle mit vielen verschiedenen Bauabschnitten und Einzelbauwerken, die koordiniert und termingerecht fertig werden müssen. Das ist nicht alltäglich und durchaus komplex, und mit hohem Personalaufwand verbunden. Angefangen von Ingenieurbauwerken, es werden Bahnsteige gebaut, und als Hauptpunkt natürlich die komplette Elektrifizierung.“

Am Feldbehnsweg in Quickborn: Hier entsteht auf zwei Kilometern ein zweites Gleis, der Bahnübergang bekommt Halbschranken.
Am Feldbehnsweg in Quickborn: Hier entsteht auf zwei Kilometern ein zweites Gleis, der Bahnübergang bekommt Halbschranken. © Christopher Mey

Hinzu kommt, dass viele Fahrgäste währenddessen auf die Bahn verzichten müssen, stattdessen den Ersatzverkehr nutzen. „Es steht unter einem besonderen Fokus der Öffentlichkeit, weil es große Einschränkungen für die Reisenden teilweise sind, und die haben auch eine entsprechende Erwartungshaltung, dass der Zeitplan umgesetzt wird. Das ist hier sicherlich ein großes Thema. Wenn alles fertig ist, sind alle zufrieden und schütteln sich die Hände – aber das ist noch ein langer Weg.“

Quickborn: Hier wird ein zweites Gleis gebaut

Wiederum weiter nördlich, in Quickborn, am Feldbehnsweg: Hier fuhr die AKN bislang nur auf einem Gleis in beide Richtungen. „Hier kommt ein zweites Gleis hin. Vorher mussten wir eingleisig fahren, die Züge mussten aufeinander warten“, so Projekleiter Metzger. „Wenn es zu Verspätungen kommt, pflanzt sich das fort – und dieses Manko beseitigen wir jetzt. Das sind ungefähr zwei Kilometer. Es muss auf die gleiche Höhe wie der bestehende Bahndamm kommen.“

In Quickborn wird die Brücke über den Bach Gronau neu gebaut.
In Quickborn wird die Brücke über den Bach Gronau neu gebaut. © Christopher Mey

Rücksicht genommen wird auf einen Bach, die Gronau, die später in die Pinnau mündet. „Wir achten darauf, dass wir keinen Sand in die Gronau spülen, dass dort keine Schadstoffe hineingelangen, es nicht zuschütten. Wir haben eine ökologische Baubegleitung im Einsatz, die achten sehr genau darauf, weisen uns auf bestimmte Dinge hin. Die Gronau ist wichtig und schützenswert.“

S21: Ausbau – Sperrung Burgwedel-Ellerau soll am 19. August enden

Und sie bekommt eine neue Brücke für zwei Gleise – das bestehende Gleis werde verschwenkt, so Metzger, die alte Brücke dann abgerissen. Mehr noch: Auch an die Landwirtschaft wird gedacht. Denn es gibt schon jetzt einen kleinen Durchlass im Damm – für Tiere, also vermutlich Kühe, die auf der Weide sind. „Das ist der Viehtrift. Den müssen wir natürlich auch neu bauen. Und der Bahnübergang wird verbreitert, bekommt Halbschranken – bisher hatte er keine Schranken.“

Schritt für Schritt werden die unterschiedlichen Teilvorhaben nun umgesetzt. Nach jetzigem Stand – und man ist im Zeitplan – ist vorgesehen, dass die derzeitige Sperrung zwischen Burgwedel und Ellerau am 19. August 2023 aufgehoben wird. Nicht betroffen sind die Linien A 2 und A 3.