Norderstedt. Bei Magnus Mineralbrunnen standen sechs Stunden die Bänder still. Auch andere Firmen betroffen. Wer Schuld an der Panne hat.
Ein kurzer Spannungsabfall in einem Teil des Norderstedter Stromnetzes hat am Mittwoch im Stadtteil Harksheide weitreichende Folgen gehabt. Bei Magnus Mineralbrunnen standen die Bänder still, erst am Donnerstagmorgen lief alles wieder normal. Der Schaden geht in die Zehntausende. Auch andere Unternehmen waren betroffen – unter anderem der Famila-Supermarkt in Norderstedt.
Zu dem Spannungsabfall kam es am Mittwochnachmittag gegen 16.30 Uhr. Er dauerte nur wenige Sekunden – doch das reichte, um bei Magnus Mineralbrunnen die Produktion zum Erliegen zu bringen. „Bei uns gingen die Alarmsysteme an, die Maschinen sprangen sofort auf Not-Aus, die Notbeleuchtung ging an“, sagt Gaby Gaßmann, Inhaberin und Geschäftsführerin des Unternehmens.
Norderstedt: Stromversorgung – Kurzer „Netznicker“ mit drastischen Folgen
Sie betont: „Eigentlich kann unser System kleinere Schwankungen bei der Stromversorgung ausgleichen, darauf sind wir vorbereitet. Aber das muss eine andere Größenordnung gewesen sein. So etwas haben wir noch nie erlebt.“ Sie schildert, dass man sich so einen Produktionsstopp „wie die Vollbremsung eines Autos auf der Autobahn“ vorstellen müsse.
Das Problem: Werden die Maschinen auf diese Weise gestoppt, lassen sie sich nicht so einfach wieder hochfahren. „Die Techniker haben sechs Stunden daran gearbeitet, sie wieder in Gang zu bringen“, sagt Gaby Gaßmann. Erst am Donnerstag gegen 8.30 Uhr sei alles wieder normal gelaufen.
Chefin spricht von „Schaden im mittleren fünfstelligen Euro-Bereich“
Weil die Produktion stundenlang ruhte, sei dem Unternehmen ein „Schaden im mittleren fünfstelligen Euro-Bereich“ entstanden, schildert Gaby Gaßmann. Unter anderem habe man eine Charge Süßgetränke vernichten müssen. Die Stadtwerke habe man nicht kontaktiert – schließlich sei der Strom ja nach einem kurzen Moment wieder da gewesen. Bei dem dann entstandenen Problem konnten die Stadtwerke nicht weiterhelfen.
Für einige Aufregung sorgte der Spannungsabfall auch bei dem Unternehmen Austral Logistics GmbH, gelegen in direkter Nähe von Magnus Mineralbrunnen. Bei der kleinen Speditionsfirma sorgte der Vorfall für ein Problem bei der Computertechnik – das anhielt, als der Stromausfall längst wieder vorbei war.
Bei Austral Logistics erwischte es einen der Server
„Einen unserer Server hat es erwischt. Der fuhr dann nicht mehr hoch“, sagt Geschäftsführer René Velarde. Die Folge: „Bestimmte Kunden-E-Mails konnten für einige Stunden nicht versendet werden.“ Es musste ein Techniker verständigt werden, der dann ein neues Netzteil einbaute. Den finanziellen Schaden beziffert Velarde auf rund 600 Euro.
Auch der nahe gelegene Famila-Supermarkt war betroffen. „Der Strom war kurz weg“, bestätigt Unternehmenssprecherin Solveig Hannemann. „Der Leergutautomat musste neu hochgefahren werden. Und bei den Kühlregalen fiel auch kurz der Strom aus. Deshalb ging ein spezielles Isolations-Rollo herunter, damit die Ware kalt bleibt.“
Alle Geräte, so Hannemann weiter, hätten aber – anders als bei Magnus und Austral Logistics – schnell wieder in Betrieb genommen werden können.
Stadtwerke: Ein „Netznicker“, ausgelöst von einem Bagger
Oliver Weiß, Sprecher der Stadtwerke Norderstedt, sagte dazu am Donnerstag: „Es handelte sich nicht um einen Stromausfall, sondern um einen Spannungsabfall, einen sogenannten Netznicker.“ Dieser habe kaum ein paar Sekunden gedauert.
„Ausgelöst worden war er durch die Arbeiten einer Firma, die im Gebiet Abrissarbeiten erledigt“, sagt Weiß. Offenbar hat ein Bagger dabei ein Erdkabel erwischt. „An dem Kabel hing zwar kein Abnehmer mehr dran, aber es hatte noch Spannung.“ Betroffen gewesen seien nur Stromverbraucher im direkten Umfeld des getroffenen Erdkabels.
Unternehmenschef: Notfallnummer der Stadtwerke war nicht erreichbar
Mögliche Schäden, die durch den „Netznicker“ bei Kundinnen und Kunden der Stadtwerke entstanden sein könnten, würden reguliert, sagt Weiß. „Das läuft alles seinen geregelten Weg, Firmen oder Privatpersonen können sich bei uns melden. Ob am Ende die Stadtwerke oder die Firma in der Pflicht ist, die den Netznicker verursacht hat, das wird dann ermittelt“, so Weiß.
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René Velarde von Austral Logistics stört sich allerdings gar nicht so sehr daran, dass er ein neues Server-Netzteil kaufen und einen Techniker bezahlen musste. „Viel mehr hat mich geärgert, dass unter der Notfall-Hotline der Stadtwerke niemand erreichbar war. So wussten wie die ganze Zeit nicht, woran es liegt und ob vielleicht mit weiteren Stromausfällen zu rechnen ist.“
Stadtwerke-Sprecher widerspricht, Unternehmenschef bleibt bei der Darstellung
Oliver Weiß sagt dazu: „Das man uns angeblich nicht erreichen konnte, wie manche jetzt behaupten, kann ich nicht nachvollziehen. Wir haben unter 040/52 10 41 12 eine 24 Stunden, sieben Tage die Woche besetzte Notfallnummer – und die war auch am Mittwoch besetzt und erreichbar.“
Zwar gebe es auf der Nummer manchmal Wartezeiten. Doch laut Weiß lagen die am Mittwoch bei 20 Sekunden im fraglichen Zeitraum. „Wenn dann jemand anruft, nicht wartet und wieder auflegt, kann er subjektiv natürlich davon sprechen, wir seien nicht erreichbar.“
René Velarde hält dagegen: „Genau diese Nummer haben wir am Mittwoch dreimal gewählt. Es ging aber niemand heran. Nach etwa ein- bis zwei Minuten wurden wir dann wieder aus der Leitung geschmissen. Die Nummer war definitiv nicht erreichbar.“
Norderstedt: Jetzt wappnen sich Firmen gegen künftige „Netznicker“
Bei allem Ärger hat der „Netznicker“ dann doch sein Gutes. Denn bei Magnus Mineralbrunnen und auch bei Austral Logistics wappnet man sich nun gegen künftige Fälle dieser Art. „Der Fall zeigt, dass wir mehr denn je in der Lage sein müssen, uns autark mit Strom versorgen zu können“, sagt Gaby Gaßmann. René Velarde sagt: „Das war ein Warnsignal. Die Konsequenz ist, dass wir in Sachen Notstrom-Versorgung aufstocken.“