Bad Segeberg. Bei einem Ortstermin auf der Autobahnbrücke verspricht der SPD-Abgeordnete Bengt Bergt, den FDP-Minister einzuladen.

Ortstermin auf der Autobahnbrücke über der A20 – es gab Klärungsbedarf. Dass die Bundesregierung jüngst den Weiterbau der Autobahn 20, die zurzeit südöstlich von Bad Segeberg endet, nicht in den vordringlichen Bedarf der 144 dringend zu realisierenden Verkehrsprojekte eingestuft hat, weil sie nicht von „überragend öffentlichem Interesse“ sei, ist im Kreis Segeberg auf sehr viel Unverständnis gestoßen. Darum lud der SPD-Bundestagsabgeordnete Bengt Bergtaus Norderstedt jetzt spontan zu einem Pressegespräch direkt an die unvollendete Autobahn bei Weede ein.

Selbstverständlich werde die A 20 weitergebaut, betonte der Abgeordnete im Beisein von Bad Segebergs Bürgermeister Toni Köppen. „Es gibt keinen Baustopp. Die A 20 wird weitergebaut. Die A 20 wird, sie muss kommen. Sie ist eine extrem wichtige Entlastung für Pendlerinnen und Pendler und die Unternehmen in unserer Region und noch dazu ein länderübergreifendes Projekt.“

Autobahnausbau: A20 – Verkehrsminister Wissing soll in Bad Segeberg sprechen

Das werde er auch demnächst Verkehrsminister Volker Wissing vor Ort erläutern. „Ich werde ihn jetzt kurzfristig hierher in den Kreis Segeberg einladen“, kündigt der SPD-Abgeordnete Bergt an. „Ich möchte dem Minister die Dringlichkeit des Vorhabens persönlich und vor Ort noch einmal verdeutlichen und mit ihm mögliche Verbesserungen für die A 20 ausloten.“

Warum denn aber der Bund und damit die von der SPD geführte Ampel-Koalition die A 20 nicht zum vordringlichen Bedarf eingestuft habe, könne er nicht nachvollziehen, kritisiert Bürgermeister Köppen. „Die Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums hat Entsetzen in Bad Segeberg und dem Kreis Segeberg ausgelöst. Wir sind extrem enttäuscht.“

Bürgermeister Toni Köppen will noch den Spatenstich für die Umfahrung erleben

Köppen werde aber nicht müde, den Weiterbau bei Bund und Land weiter anzumahnen, betont der Verwaltungschef der Kreisstadt. „Ich will auf jeden Fall noch in meiner Amtszeit, die bis 2027 geht, den ersten Spatenstich für die Umfahrung Bad Segebergs der A 20 machen – mit oder auch ohne Baugenehmigung.“

Für die Kreisstadt sei die A 20 seit rund 20 Jahren ein Reizthema und von herausragendem Interesse, was die Verkehrsberuhigung der Anlieger in der Kreisstadt angeht, erklärt Köppen. Zurzeit quälten sich jeden Tag 30.000 Fahrzeuge durch Bad Segeberg, weil die A 20 dort endet. Mit der A20 würden zwei Drittel dieser Fahrzeuge und wohl der gesamte Schwerlastverkehr über die Autobahn und nicht mehr durch die Wohngebiete brausen. „Das wäre eine enorme Entlastung für die Bevölkerung in Bad Segeberg.“ In den Verkehrsgutachten wird durch die A 20 eine Entlastung von fast 20.000 Fahrzeugen für die Innenstadt Bad Segebergs prognostiziert.

Teilstück zwischen Weede und Wittenborn ist fertig geplant

Das etwa zehn Kilometer lange Teilstück der A 20 zwischen Weede und Wittenborn ist der am weitesten fertig geplante Abschnitt der A 20, bestätigt auch Deges-Sprecher Ulf Evert auf Nachfrage des Abendblatts. „Wir rechnen mit dem Planfeststellungsbeschluss im nächsten Jahr 2024.“ Zurzeit sei die Autobahnplanungsgesellschaft dabei, die Fehler zu heilen, die beklagt worden sind.

Dazu gehörte insbesondere eine Verschiebung der Autobahntrasse etwas in Richtung Norden, um das Biotop Travetal weiter zu umfahren, wodurch sie nun aber dichter an eine dortige Förderschule heranreicht. „Aber der jetzige Zustand ist so, dass drei Schulen direkt vom Verkehrslärm an der B 206 betroffen sind“, gibt Köppen zu bedenken. Dort sei bei offenem Fenster kein Unterricht möglich. Die Traveschule wiederum werde eine ausreichend hohe Lärmschutzwand erhalten.

Bengt Bergt versuchte zu erklären, warum die A 20 jetzt als nicht vordringlich eingestuft wurde. Das habe mit dem enorm hohen Bedarf an Sanierungen der Autobahnen in Nordrhein-Westfalen zu tun, argumentiert er. Darum seien jetzt 144 Verkehrsprojekte mit überragend öffentlichem Interesse in eine beschleunigte Kategorie zu sanierender Autobahnabschnitte eingeteilt worden, deren Engpässe dringend beseitigt werden müssten. Das gelte aber nur für bereits fertig gebaute Autobahntrassen und nicht für Neubauprojekte wie die A 20, erklärte Bergt.

Autobahnen in Nordrhein-Westfalen haben jetzt Vorrang

Wobei ja auch diese bereits zumindest in Mecklenburg-Vorpommern komplett fertig ausgebaut ist, widersprach Köppen. Und Bergt wiederum sagte: „Die A20 ist aus meiner Sicht ein Engpass, ist aber so nicht eingestuft“, bedauert er. Diese Kategorien würden im Bundesverkehrswegeplan festgelegt. Und der wurde bereits 2016 beschlossen.

Doch für den Abgeordneten Bergt ergibt sich ein Vorteil aus einer Gesetzesänderung zur Verwaltungsgerichtsordnung. Demnach könnte das gesamte Planverfahren der A 20 nun nach einem Planfeststellungsbeschluss nicht mehr durch erneute Klagen von Umweltschützern gerichtlich gestoppt oder verzögert werden, wenn deren Einwand im Planverfahren einfach gelöst werden könnte.

Autobahnausbau: Planfeststellungsbeschluss schütze vor erneuten Klagen

Das sollte das weitere Verfahren erheblich beschleunigen können, ist Bergt überzeugt, der an dieser Gesetzesnovelle mitgewirkt habe. „Gerichte können künftig Erklärungen und Beweise, die nach Fristablauf gegen ein Infrastrukturvorhaben vorgelegt werden, zurückweisen. Außerdem haben wir erreicht, dass es keinen Baustopp mehr gibt, wenn klar ist, dass ein Einspruchsgrund bald behoben sein wird – etwa wenn es um Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen beim Naturschutz geht oder um Lärmschutzbelange von Anwohnern – also genau die A20-Themen“, sagt Bergt.

Nun gelte es aber, dass Bundes- und Landesregierung an diesem Projekt endlich an einem Strang zögen, was auch nicht immer der Fall gewesen sei. „Die Landesregierung muss ihre Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung anwenden“, fordert der SPD-Abgeordnete. Hierzu sei er mit seinen Kolleginnen und Kollegen der SPD-Landtagsfraktion und dem SPD-Landesvorstand im Austausch. Auch Bürgermeister Köppen fordert, dass die Ungewissheit um den Weiterbau der A 20 endlich aufhören müsse. „Das darf uns nicht mehr um Jahre zurückwerfen.“