Norderstedt. Christdemokraten nominieren Robert Hille. Das ist seine Vita – und so will er seine Konkurrentinnen herausfordern.
Der Dreikampf um das Rathaus von Norderstedt ist eröffnet. Nachdem vor einigen Wochen erst die amtierende Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder und dann Sozialdezernentin Katrin Schmieder ihre Kandidaturen bekanntgegeben hatten, präsentierte nun die CDU einen Mann für den Chefsessel im Rathaus.
Bei der Wahl am 8. Oktober wird Robert Hille für die Christdemokraten antreten, also jener Hamburger Parteifreund, dessen Name bereits seit einiger Zeit immer wieder genannt worden war. Mit deutlicher Mehrheit entschieden sich die Parteimitglieder bei einer Versammlung in der Feuerwache Friedrichsgabe für den 47 Jahre alten studierten Musik- und Kulturmanager.
„Wir haben im Vorfeld ein recht umfangreiches Verfahren durchgeführt“, sagt Thorsten Borchers, Ortsvorsitzender der Union. „Wir haben uns seit Herbst intensiv um die Kandidatenfindung bemüht, hatten ein klares Bewerbungsverfahren. Herrn Hille hatten wir erst im kleinen, internen Kreis kennengelernt, dann hat ihn der Ortsvorstand für geeignet befunden, und dann hat er sich der Fraktion vorgestellt.“ Wie viele Bewerbungen es gab, sagte er nicht. Aber die Anzahl sei „überschaubar“ gewesen.
Norderstedt: OB-Wahl – Ein Kulturmanager tritt für die CDU an
Nun war es an der Zeit, Tatsachen zu schaffen. In zwei Monaten ist Kommunalwahl, die Parteien haben also viel zu tun. „Wir haben auch noch die Oster- und Sommerferien. Ein gutes halbes Jahr sollte ein Kandidat Zeit haben, sich warmzulaufen.“
Denn Robert Hille lebt nicht in Norderstedt, sein Gesicht ist im Vergleich zu den bisherigen Konkurrentinnen weitestgehend unbekannt. Das Bewerbungsverfahren sei „transparent“ gewesen, sagt der gebürtige Hamburger, der verheiratet ist, aber keine Kinder hat. „Mein Blick auf das Umland, insbesondere Norderstedt, war immer sehr stark.“ Im Falle eines Wahlsieges werde das Ehepaar von Eimsbüttel nach Norderstedt ziehen. „Selbstverständlich.“
Über den Lions Club kam die CDU auf Robert Hille
2011 war er Mitbegründer eines Lions Clubs in Norderstedt. „Über diesen Zusammenhang haben wir uns kennengelernt. Und als ich hörte, dass die Kandidatur im Raum steht, habe ich mich interessiert gezeigt. Es geht um eine sehr große Aufgabe, das Themenfeld ist sehr weit. Es geht um Infrastruktur – technisch, sozial, grüne –, um Wirtschaft, Verkehr, Wohnen, Familie, Bildung, den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“
Zusammenhalt, was meint er damit? „Das betrifft insbesondere die Verwaltung, die politischen Gremien, die Fraktionen, die ein Ziel haben sollten: Norderstedt nach oben zu führen, zu stärken.“
Als Prokurist ist er für bis zu 200 Mitarbeiter verantwortlich
Durch seinen Beruf haben sich zahlreiche Berührungspunkte mit Norderstedt ergeben. Robert Hille ist Kulturmanager, derzeit ist er Prokurist der Stäitsch Theaterbetriebsgesellschaft. Diese umfasst die Hamburger Kammerspiele, das Altonaer Theater, das Harburger Theater und das LichtWark Theater in Bergedorf. Auch das Gastspielgeschäft fällt in seine Verantwortung – und da habe er viele Produktionen nach Norderstedt in die TriBühne gebracht. Je nach Saison ist Hille verantwortlich für bis zu 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Kultur ist auch privat eine Leidenschaft. „Seit meinem fünften Lebensjahr habe ich mit großer Passion Geige gespielt, war im Orchester der Jungen Deutschen Philharmonie weltweit unterwegs.“ Dort war Hille zudem Konzertmeister.
Kritik: Zusammenarbeit der Verwaltung mit Politik verbesserungsbedürftig
CDU-Mitglied ist er seit 2001, derzeit ist er stellvertretender Vorsitzender in Harvestehude-Rotherbaum. In der Bezirksversammlung Eimsbüttel ist er bürgerliches Mitglied, arbeitet in Ausschüssen für Haushalt, Kultur und Sport.
Er will nun ein offenes Ohr haben, „um zu hören, wo es gut läuft, wo es Defizite gibt“. Eines haben er und die CDU wahrgenommen. „Ich spüre, dass es in der Verwaltung, im Rathaus, eine Stimmung gibt, in der zumindest der Drang da wäre, die Expertise unter den Mitarbeitern stärker zu bündeln.“
Thorsten Borchers konkretisiert, was der Partei in der Verwaltung missfällt. „Wenn ich mir das Rathaus anschaue, und nicht nur als Kommunalpolitiker, gibt es eine relativ hohe Fluktuation in den Amtsführungen. Und ich nehme eine gewisse Unzufriedenheit mit Verwaltungsabläufen wahr. Ein dritter Punkt: Die Verwaltungsleitung hat die klare Aufgabe, parteiübergreifend zu wirken. Aber die Zusammenarbeit mit nahezu allen Fraktionen ist stark verbesserungsbedürftig.“ Auf Nachfrage stellt er klar: Er bezieht sich explizit auf Elke Christina Roeder.
Wohnen – das wichtigste Thema in Norderstedt
Früher, als noch Hans-Joachim Grote Oberbürgermeister war, sei es anders gewesen. „Er hat es geschafft, fraktionsübergreifend zu wirken. Da gab es diese Zusammenarbeit, die aus meiner Sicht im Augenblick fehlt. Und wir haben als CDU den Anspruch, das Amt wieder mit einem eigenen Kandidaten zu besetzen.“
In einer Verwaltung hat Hille zwar noch nicht gearbeitet. Aber durch eine frühere Tätigkeit an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock kennt er die Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium, er hat etwa über Subventionen verhandelt. Und in den letzten Jahren, dann in Hamburg, ging es um Corona-Hilfen für die Kultur.
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Detaillierte Ideen formuliert Hille noch nicht. Er wird nun regelmäßig als Besucher in den Gremien zu Gast sein, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Aber das wohl größte Thema ist ihm bewusst: das Wohnen. „Das spielt eine riesige Rolle. Der Wohndruck kommt nicht nur aus Norderstedt, sondern insbesondere aus dem Süden.“ Anders als SPD oder Grüne sieht er eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft nicht als die Lösung. „Zunächst sollte die Expertise aus dem Rathaus genutzt werden. Die Rathausführung muss in der Lage sein, mit der privaten Wohnungswirtschaft zu verhandeln.“
Norderstedt: Robert Hille will schon im Kommunalwahlkampf mitmischen
Zu seinen Konkurrentinnen äußert er sich vorerst nur knapp. Katrin Schmieder ist ihm bereits mehrfach bei Veranstaltungen begegnet, Elke Christina Roeder hingegen nicht. „Eine Mitbewerberin hat den Amtsbonus, die andere Frau ist aus Norderstedt, arbeitet in führender Position. Aber es gibt gute Gründe, den Blick von außen auf die Stadt zu werfen. Es gibt viele Besonderheiten, die die Lebensqualität in den fünf Stadtteilen ausmachen.“
Im Kommunalwahlkampf wird Robert Hille bereits präsent sein, kündigt er an. „Ich freue mich auf den Haustürwahlkampf.“ Das könnte ein Vorteil sein, denn Roeder für die SPD und Schmieder – eine Grüne, auch wenn sie ihre Kandidatur ohne Parteiticket angeht – müssen sich von Amts wegen hier zurückhalten.