Bad Segeberg. Der 91 Meter hohe Segeberger Kalkberg wirkt zum Teil verwahrlost. Wie er jetzt touristisch aufgepeppt werden soll.

Die höchste Erhebung im Kreis Segeberg, mit spektakulärer Aussichtsplattform und einem Blick über die Kreisstadt Bad Segeberg, die legendären Karl-May-Spiele und die Höhlen-Heimat unzähliger Fledermäuse zu Füßen – der Segeberger Kalkberg ist ein in jeglicher Hinsicht markanter Ort. Doch als Touristenmagnet wurde der Berg über Jahre vernachlässigt, die Aussichtsplattform ist verwahrlost. Nun will die Politik Geld ausgeben, um den Standort aufzuwerten – vielleicht sogar zu einem „Leuchtturmprojekt“ mit Strahlkraft für die ganze Region.

Der Kalkberg ist zwar nur 91 Meter hoch – wesentlich größere Erhebungen gibt es in Schleswig-Holstein allerdings kaum. Unter allen Berg-Zwergen im Landes liegt der Kalkberg auf Platz 16, wobei die Berge davor nur minimal größer sind. Nur sechs Berge übersteigen die 100-Meter-Grenze, der Bungsberg nordwestlich von Schönwalde im Kreis Ostholstein mit 167,4 Meter ist der größte unter ihnen. Aber keiner ist so bekannt und beliebt wie der Kalkberg. Denn hier ist das Wohnzimmer von Winnetou und Old Shatterhand.

Bad Segeberg: Winnetous Hausberg soll wieder zum Tourismusmagnet werden

So präsentiert sich der Kalkberg aus Sicht der Zuschauer. Er bildet für die Karl-May-Spiele eine grandiose Naturkulisse.
So präsentiert sich der Kalkberg aus Sicht der Zuschauer. Er bildet für die Karl-May-Spiele eine grandiose Naturkulisse. © Frank Knittermeier

Alleine wegen der Karl-May-Spiele pilgern jedes Jahr rund 400.000 Menschen zum Kalkberg. Hinzu kommen Tausende, die den Berg einfach mal sehen wollen, die in die Höhlen abtauchen und dort die Gänge entlang wandern oder zum Beispiel dem Fledermauszentrum Noctalis direkt am Berg einen Besuch abstatten. Am Berg gibt es ein überaus attraktives Hotelensemble.

Das alles ist reizvoll, nach Ansicht der Stadtpolitiker und des Bürgermeisters aber könnte es noch viel reizvoller sein. So wird zurzeit in den politischen Gremien der Stadt diskutiert, wie der Berg als touristisches Zentrum einer ganzen Region aufgepeppt werden kann.

In den letzten 15 Jahren wurde das Gelände stark vernachlässigt

Der Segeberger Heimatforscher und Stadthistoriker Hans-Werner Baurycza ist schon lange der Ansicht, dass mehr aus dem Kalkberg gemacht werden müsste. „Natürlich ist der Berg ein Glücksfall für die Stadt“, sagt er. „Aber in den letzten 10 bis 15 Jahren wurde das Gelände doch etwas vernachlässigt.“ Was er konkret meint: Der Abriss des beliebten Restaurants Bergschlösschen vor acht Jahren hat eine Lücke gerissen, die bis heute noch nicht wieder sinnvoll gefüllt werden konnte.

Seit 1903 hatte es oben auf dem Kalkberg gethront, bevor es 2015 platt gemacht wurde. Im Laufe der einhundert Jahre gab es im Schlösschen Premierenfeiern der Karl-May-Spiele, Silvesterparties, Vereinsfeiern, SPD-Rotkohl-Gelage, unzählige Familienfeten und andere Veranstaltungen. Aber trotz des tollen Ausblicks auf die Stadt fanden sich nur wenige Pächter, die in dem städtischen Gebäude langen Atem bewiesen. Zuletzt stand das Gebäude einige Jahre leer.

Seit dem Abriss des Bergschlösschens verkommt auch die Aussichtsplattform

Bad Segebergs Aussichtsplattform auf dem Kalkberg präsentiert sich in einem eher verwahrlosten Zustand. Seit mehr als 50 Jahren ist hier nichts passiert.
Bad Segebergs Aussichtsplattform auf dem Kalkberg präsentiert sich in einem eher verwahrlosten Zustand. Seit mehr als 50 Jahren ist hier nichts passiert. © Wolfgang Glombik

Die Stadtverwaltung wollte das Gebäude loswerden und nicht noch einmal 150.000 Euro für den Bau einer neuen, zum Lokal hinaufführenden Rampe investieren. Trotz einiger politischer Rettungsbemühungen beschloss eine Mehrheit im Stadtrat schließlich den Abriss.

Die heutigen Stadtpolitiker sehen das etwas anders: Mit dem Abriss des Lokals schwand auch die Attraktivität des Areals. Denn um die Aussichtsplattform kümmerte sich niemand mehr. Derzeit ist sie ziemlich verwahrlost und bietet alles andere als einen attraktiven Eindruck. Obwohl der Rundblick auf die Stadt Segeberg, das Segeberger Ferienland und Kalkberg-Theater durchaus reizvoll ist.

Die Stadtpolitiker haben eine Prüfung für die Umgestaltung beschlossen

Diese Luftaufnahme aus dem Jahre 1925 zeigt den Steinbruch mit der Kalkmühle. Damals wurde der Berg noch wirtschaftlich ausgebeutet.
Diese Luftaufnahme aus dem Jahre 1925 zeigt den Steinbruch mit der Kalkmühle. Damals wurde der Berg noch wirtschaftlich ausgebeutet. © Hans-Werner Baurycza

Irgendetwas soll sich ändern, allerdings weiß noch niemand, was genau. Immerhin: Die Segeberger Stadtvertretung hat im Dezember eine Prüfung beschlossen, wie eine Umgestaltung der Aussichtsplattform des Kalkberges erfolgen könnte und welche Kosten dadurch entstehen würden. Zudem soll der Kalkberg als Ganzes betrachtet werden. „Eine Umgestaltung lässt sich als kleine Maßnahme mit örtlicher Auswirkung bis hin zu einem Leuchtturmprojekt mit überregionaler Strahlkraft denken“, heißt es im Protokoll der Sitzung.

Im nächsten Satz aber kommt die Einschränkung: Weil die Plattform während der Kar-May-Tage nicht zugänglich ist, wäre eine Investition an anderer Stelle vielleicht sinnvoller. Zumindest aber soll schon mal Ausschau nach Fördermöglichkeiten gehalten werden. Der Bauausschuss ist vor wenigen Tagen noch einen Schritt weiter gegangen: Es sollen Haushaltsmittel für die Zielfindung und die Konzepterstellung bereitgestellt werden – einstimmig beschlossen.

Die Aussichtsplattform gehört nicht der Stadt, sondern dem Land

Das Messgestell auf der Aussichtsplattform des Segeberger Kalkbergs. Dieser Messpunkt gehörte einst zum System der Landesvermessung zur Bestimmung der Lage von Punkten der Erdoberfläche. Aufgenommen wurde das Foto während des Baues der Normarkfeierstätte durch die Nationalsozialisten.
Das Messgestell auf der Aussichtsplattform des Segeberger Kalkbergs. Dieser Messpunkt gehörte einst zum System der Landesvermessung zur Bestimmung der Lage von Punkten der Erdoberfläche. Aufgenommen wurde das Foto während des Baues der Normarkfeierstätte durch die Nationalsozialisten. © Archiv Hans-Werner Baurycza

Ob die Stadt Bad Segeberg auf der Aussichtsplattform tatsächlich uneingeschränkt tätig werden darf, ist indessen nicht eindeutig geklärt: Die Plattform gehört offiziell nicht der Stadt, sondern dem Land Schleswig-Holstein. Denn dort oben befindet sich ein Messpunkt, den um 1830 die dänische Regierung zusammen mit vielen anderen Messpunkten im Lande installiert hat, um in Schleswig-Holstein Höhenmessungen durchzuführen.

Dabei handelte es sich um ein klassisches Verfahren der Landesvermessung zur Bestimmung der Lage von Punkten der Erdoberfläche. Seit Einführung der Satellitennavigation im Jahre 2007 sind derartige Messpunkte überflüssig.