Bad Bramstedt. „Richtig einen raushauen!“: Wie Jens Ritter vom Klinikum Bad Bramstedt den Personalnotstand auf den Stationen bekämpft.
Das Klinikum Bad Bramstedt mit seinen etwa 1000 Beschäftigten geht jetzt neue Wege, um seinen akuten Fachkräftemangel zu beheben. Es verspricht allen Pflege- und Gesundheitskräften, die im Krankenhausbetrieb neu eingestellt werden, eine „Willkommensprämie“ von einmalig 10.000 Euro. „Wir müssen dringend etwas tun. Bei uns sind zurzeit 15 Stellen im Pflegebereich nicht besetzt“, sagt Klinikchef Jens Ritter.
Eine sogenannte Starter-Prämie von 3000 Euro hatte die Klinik schon vor ein paar Jahren für neue Pflegekräfte ausgelobt. Jetzt wollte er „richtig einen raushauen“ und diese gleich auf 10.000 Euro erhöhen, erklärt Ritter. Seit 14 Jahren leitet er die Klinik in der Kurstadt.
Fachkräftemangel: Klinikmanager lockt Pflegekräfte mit 10.000-Euro-Bonus
Die Resonanz sei groß. In den drei Wochen, die das Angebot jetzt gelte, hätten sich bereits 30 Personen, vor allem examinierte Krankenschwestern beworben. „So viele Bewerbungen haben wir sonst vielleicht in einem halben Jahr.“ Vier neue Kolleginnen habe er bereits einstellen können.
Es werde immer schwieriger, junge Menschen für die Kranken-und Gesundheitspflege zu begeistern, erklärt Ritter. Das habe mit dem familienunfreundlichen Arbeitszeiten im Drei-Schichtbetrieb und den gesetzlichen Vorgaben zu tun, die den Pflegekräften viel zu viel Bürokratie und Kontrolle abverlangen, statt ihnen mehr Zeit für die Patienten zu lassen. „Das schreckt viele junge Leute ab. Diese Misstrauenskultur und Überwachung muss der Gesetzgeber dringend ändern, sonst wird der Pflegenotstand immer größer.“
Klinikum hat es schon mit vielen Vergünstigungen für Bewerber versucht
Das Klinikum versucht schon seit etwa sieben Jahren mit weiteren Vergünstigungen für die Mitarbeitenden gegenzusteuern. Der Arbeitgeber gewährt kostenlose Mitgliedschaften im Fitnessclub und bietet ein berufliches Gesundheitsmanagement an. Etwa 50 Kollegen fahren mit E-Bikes zur Arbeit und wieder nach Hause, die von der Klinik kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Es sei ein weitgehend flexibles Arbeiten nach eigenen Wünschen möglich, das auch weniger Wochenenddienste umfasse – sofern möglich – und die Mitarbeitenden nicht auf bestimmte Abteilungen fixiere.
Zudem übernehme die Klinik für neue Pflegekräfte deren Ausbildungskosten, wenn diese sich gerade für teures Geld zur Intensiv- oder OP-Pflegekraft fortgebildet hätten. Das machten aber heute fast alle Kliniken im Land, sagt Ritter. Eine obligatorische 38-Stunden-Woche und 33 Tage Urlaub würden den im Krankenhaus Beschäftigten ebenfalls gewährt.
Leihmitarbeitende von Zeitarbeitsfirmen erzeugen hohe Kosten jährlich
Doch all das und die bislang mit 3000 Euro dotierte Starterprämie reichten nicht aus, für genügend Pflegepersonal im Krankenhaus zu sorgen. Ein Viertel der Pflegekräfte müsse die Klinik inzwischen von Leih- und Zeitarbeitsfirmen rekrutieren. Das mache in Bad Bramstedt bereits 1,4 Millionen Euro Kosten im Jahr aus, erklärt Ritter. Der gesamte 6K-Verbund, dem neben Bad Barmstedt noch die Krankenhäuser in Neumünster, Eckernförde, Itzehoe, Kiel und Heide angehören, gebe heute 20 Millionen Euro für die Leiharbeitsfirmen aus.
Wenn dafür jetzt eigene Leute fest angestellt werden könnten, rechne sich seine hohe Willkommensprämie, die der Fußballfan Ritter angesichts des engen Fachkräftemarktes auch als Ablöse-Prämie bezeichnet. Denn die Leiharbeitsfirmen kassieren je Pflegekraft aufs Jahr gerechnet etwa 80.000 bis 90.000 Euro, während die examinierte Krankenschwester, die zu 80 Prozent bei den 250 Pflegekräften weiblich sind, nur etwa 50.000 Euro brutto im Jahr verdiene. Somit würde sich jede neue festangestellte Fachkraft im Vergleich zum Leiharbeitsmarkt selbst mit der Willkommensprämie von allein rechnen.
Bereits Festangestellte würden sich auch Prämien wünschen
Natürlich seien nicht alle im Haus von seiner Idee begeistert. Einige der erfahrenen und altgedienten Kräfte wünschten sich auch gerne solche zusätzlichen Finanzspritzen, sagt Ritter. „Aber ich kann nicht allen diese Prämie zahlen.“ Auch wenn das Klinikum mit seinen 200 stationären Krankenhaus- und 450 Reha-Betten aktuell wieder schwarze Zahlen schreibe, nachdem es 2021 einen Verlust von 2,9 Millionen Euro und 2022 einen geringen Verlust eingefahren habe.
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Aber auch das Stammpersonal profitiere unmittelbar und direkt davon, wenn wieder mehr feste Pflegekräfte in der Klinik arbeiteten, wirbt Ritter hausintern für seine Idee. Weil für sie das aufwendige Einarbeiten dieser Leihkräfte wegfiele, das sechs Wochen dauern würde, um alle Abläufe im Krankenhausbetrieb zu verinnerlichen. Somit sollte so die Zufriedenheit der Stammkräfte steigen, wenn es nicht mehr eine so große personelle Fluktuation im Hause gebe, ist Ritter überzeugt. Zumal die oft nur sehr kurz hier arbeitenden Leihkräfte wegen ihrer fehlenden Einarbeitung im laufenden Betrieb nicht viel mehr als „helfende Hände“ sein könnten.
Fachkräftemangel: Erst nach einem Jahr gibt es die volle Prämie
Die Willkommensprämie werde nicht sofort bei der Unterschrift des Arbeitsvertrages ausgezahlt. Das neu eingestellte Gesundheits- und Pflegepersonal erhalte die erste Hälfte des Geldes nach Ablauf der Probezeit, also nach sechs Monaten. Die andere Hälfte werde nach einem Jahr Anstellung überwiesen, erklärt der Klinikchef sein neues Prämienmodell, das Aufmerksamkeit in den überregionalen Medien gefunden habe.
Das Klinikum Bad Bramstedt hat sich auf die Behandlung und Therapie von Gelenk-, Wirbelsäulen-, Muskulatur-, Nerven- und Gefäßerkrankungen spezialisiert und versorgt 14.000 Patienten im Jahr.