Bad Bramstedt. Warum sich 200 Beschäftigte des Klinikums Bad Bramstedt am Dienstag einem Protest der Gewerkschaft Verdi anschlossen.
Mit Plakaten, Trillerpfeifen und Rasseln verschafften sich am Dienstagmittag etwa 200 Beschäftigte des Klinikums Bad Barmstedt Gehör. „Die Kolleginnen und Kollegen sind unzufrieden mit dem Gehaltsangebot des Arbeitgebers“, sagte Imke Wriedt von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di.
Das letzte Angebot von Anfang Juni sei mit einer Gehaltsanpassung von umgerechnet etwa 3,65 Prozent nicht ausreichend genug. „Eine Verbesserung geht anders“, sagte die Gewerkschaftssekretärin: „Wir fordern eine Anpassung der Bezüge an den Flächentarifvertrag des öffentlichen Dienstes.“
Arbeitsmarkt: „Mit Rücken zur Wand“ – Klinikmitarbeiter wollen mehr Geld
Zurzeit würden die etwa 500 Mitarbeitenden in der Krankenpflege und Rehabilitation nach einem Haustarif bezahlt, der etwa zehn Prozent unter dem TVÖD liege. Wolfram Göthert, von der Tarifkommission am Klinikum, rief den Kollegen unter Jubel lautstark zu: „Nicht nur der Arbeitgeber steht mit dem Rücken zur Wand, auch wir!“
Bei einer Inflation von elf Prozent sei das Angebot des Arbeitgebers „viel zu wenig.“ Zudem kritisierte Göthert, der seit 1996 als Physiotherapeut am Klinikum arbeitet, dass die Angestellten keine Corona-Prämien erhalten hätten und Personalmangel aufgrund der „schlechten Bezahlung“ herrsche. Göthert: „Während andere Branchen Corona-Prämien erhalten, müssen wir auf Gehälter verzichten.“
Klinikum fährt Verlust von 1,5 Millionen Euro ein
Denn das Unternehmen müsse ab Juli mit monatlich 80.000 Euro eine Ausgleichszahlung ihres Mehrheitsgesellschafters Deutsche Rentenversicherung (DRV) abbezahlen, die 2,9 Millionen Euro betragen hätte. Damit hat die DRV wohl im Wesentlichen die Verluste des vorigen Geschäftsjahres ausgeglichen. So haben nach Angaben von Klinik-Geschäftsführer Jens Ritter die Kliniken Bad Bramstedt 2021 einen Verlust von drei Millionen Euro eingefahren. „In diesem Jahr werden wir wohl bei einem Minus von 1,5 Millionen Euro landen.“
2020 hatte der Klinikbetrieb, an dem die DRV zu etwa 70 Prozent, das Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) in Hamburg zu etwa 20 Prozent und die Stadt Bad Bramstedt zu etwa zehn Prozent beteiligt sind, noch bei einem Jahresumsatz von 46,8 Millionen Euro rund 600.000 Euro an Jahresüberschuss erwirtschaftet. 2019 war es ein Plus von 300.000 Euro bei 43,7 Millionen Euro Umsatz. Im Jahr 2020 sind 13.000 Patienten in den elf Fachkliniken stationär behandelt worden, 7000 davon im Reha- und 6000 im Klinikbereich. Das Klinikum verfügt insgesamt über 400 Krankenhaus- und Rehabilitationsbetten.
Deutsche Rentenversicherung verkauft seine Anteile zum Jahresende
Der Klinikbetrieb, der keine Notfallaufnahme hat und sich vor allem auf die Behandlung von Erkrankungen des gesamten Stütz- und Bewegungsapparates spezialisiert hat, würde durch den Schwerpunkt der Reha finanziell benachteiligt sein, erklärt Geschäftsführer Ritter. „Wir haben auch keine Corona-Prämien erhalten, obwohl wir Corona-Patienten aufgenommen haben.“
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Zudem sei es ein strategischer Nachteil, dass die Gesellschafter des Klinikums aus satzungsrechtlichen Gründen keine Zuschüsse oder größere Investitionen tätigen dürften. Das soll sich nun aber bald ändern. So will der Vorstand der Deutschen Rentenversicherung seinen Gesellschaftsanteil von 70 Prozent bis zum Jahresende meistbietend veräußern. „Fünf Bieter sind noch im Rennen“, sagt Geschäftsführer Ritter. Namen möchte er nicht nennen.
Tarifstreit: „Gutes Angebot in angespannter wirtschaftlicher Lage“
Angesichts dieser angespannten wirtschaftlichen Lage sei das Angebot des Arbeitgebers an die 500 betroffenen Beschäftigten durchaus angemessen, findet Geschäftsführer Ritter. Er spricht aber von 4,77 Prozent statt der 3,65 Prozent, die die Gewerkschaft Verdi genannt hat, um die der Haustarifvertrag rückwirkend zum 1. April 2022 angehoben werden solle.
Offenbar hat er darin die angebotene Arbeitszeitverkürzung um eine halbe Stunde auf 38 Stunden die Woche miteinberechnet. „Viele unserer Mitarbeiterinnen du Mitarbeiter schätzen die Kultur und den Umgang in dieser Klinik“, widersprach Ritter auch der Aussage der Gewerkschaft, dass ein Personalmangel herrsche.
Bad Bramstedt: Beschäftigte fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit
Verdi-Sekretärin Imke Wriedt betonte vor der Klinik-Zentrale in Bad Bramstedt, dass die Beschäftigten in den meisten anderen Akutkrankenhäusern und den eigenen Reha-Einrichtungen der Deutschen Rentenversicherung sehr wohl auf dem Niveau des Flächentarifvertrages TVöD vergütet werden würden. Nur in Bad Bramstedt gehe dies anscheinend nicht.
„Die Beschäftigten wollen es nicht länger hinnehmen, dass identische Berufsgruppen, wie KrankenpflegerInnen, TherapeutIinnen; PflegehelferInnen, MFAs, Verwaltung, soziale Dienste und andere hier für deutlich weniger Gehalt arbeiten müssen.“ Die Gewerkschaft Verdi und die Beschäftigten wollten mit dieser Kundgebung den drei Gesellschaftern des Klinikums deutlich machen, dass es gute Gehälter braucht, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. „Und da muss mehr drin sein als bislang angeboten wurde“, sagt Wriedt.