Bad Bramstedt . Orthopädie-Patienten werden je nach Krankheitsbild in Bad Bramstedt oder in Hamburg behandelt. Das planen die Kliniken.
Das Klinikum Bad Bramstedt und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) rücken enger zusammen. Beide Krankenhäuser haben vereinbart, die Patientinnen und Patienten der Orthopädie dort zu behandeln, wo es medizinisch am sinnvollsten ist.
Klinikum Bad Bramstedt und UKE kooperieren
Das kommt den Kranken besonders bei den Operationen zugute. Leidet eine Person nur an an einer Erkrankung des Bewegungsapparats, ist sie in der spezialisierten Klinik in Bad Bramstedt gut aufgehoben. Kommen weitere Krankheiten und damit Risiken dazu, zum Beispiel durch eine Herzerkrankung, übernimmt das UKE mit seinen vielen Fachärzten die Behandlung.
„Das kommt bei den Patienten sehr gut an“, sagt Chefarzt der Orthopädischen Klinik, Timo Beil, der als Professor in beiden Klinken je eine halbe Stelle hat. Die Kooperation sollte bereits 2019 beginnen, wird aber wegen der Corona-Pandemie erst jetzt praktisch umgesetzt. Bei der Ausbildung von Ärzten arbeiten die Krankenhäuser schön länger zusammen. Das Klinikum übernimmt für das UKE die Aufgaben des akademischen Lehrkrankenhauses. Auch die Rheumatologen arbeiten parallel an beiden Standorten.
Für Beil und seine Kollegen bedeutet die Zusammenarbeit, dass sie zwischen beiden Standorten pendeln müssen. „Für den Patienten heißt das Prinzip: Mein Arzt kommt mit mir“, sagt Beil. Darum fühlten sich die Menschen nicht allein gelassen und abgeschoben, wenn er sie für eine Operation von Bad Bramstedt ins Uni-Klinikum schicke. Die Entscheidung werde den Patientinnen und Patienten überlassen. Die Rückmeldungen seien durchweg positiv, sagt Beil.
1800 Operationen übernimmt das Klinikum im Jahr
Beil hat lange als Arzt in Bad Bramstedt gearbeitet, ging dann in eine Klinik nach Göttingen und kehrte 2019 mit einer Professur nach Bad Bramstedt zurück und damit auch ans UKE, das 15 Jahre keine eigenen orthopädischen Operationen im Angebot hatte.
Beil und seine Kollegen operieren etwa 150-mal im Jahr im UKE. Bis jetzt, denn nach Corona beginnen die Zahlen zu steigen. 1800 Operationen übernimmt das Klinikum pro Jahr. Mit eingerechnet sind dabei auch die Eingriffe aus anderen Disziplinen, zum Beispiel der Wirbelsäulenchirurgie.
Beil und sein Vertreter Dr. Jan Hubert gehen davon, dass besonders bei den Prothesen die Zahl der Operationen stetig steigen wird. Grund dafür ist das zunehmende Alter der Patienten. „Jetzt kommen die Wechseloperationen“, sagt der Orthopäde. Nahmen früher die Patienten ihre erste künstliche Hüfte mit ins Grab, werden viele Menschen heute so alt, dass die Ersatzteile ausgetauscht werden muss, weil eine Prothese nur 15 bis 20 Jahre hält. Dann sind sie verschlissen und nicht mehr fest verankert. Beil geht daher von einem exponentiellen Anstieg der Wechseloperationen in den kommenden Jahren aus.
Behandlungsschwerpunkte haben sich verändert
Weil die Patienten immer älter werden, haben sich auch die Behandlungsschwerpunkte in Bad Bramstedt verändert. Immer mehr Menschen suchen Hilfe, weil sie unter Arthrose leiden. Dagegen habe in den vergangenen 20 Jahren die Zahl der Fälle mit entzündlichen rheumatischen Erkrankungen deutlich abgenommen, weil die Pharmaindustrie moderne Medikamente, die sogenannten Biologika, dagegen entwickelte.
Beil hofft, dass irgendwann auch ähnliche wirksame Heilmethoden bei Arthrosen entwickelt werden. „Bis heute können wir Arthrosen nicht verhindern“, sagt der Orthopäde. „Dagegen gibt es keine Medikamente.“ Die Patienten leiden unter Bewegungseinschränkungen und Schmerzen und können nur mit Schmerzmitteln und Physiotherapie behandelt werden. „Dann kommt nichts mehr außer der Prothese, wir haben keine andere Option“, sagt Beil. Darum ist er froh, dass die Prothetik ausgereift ist. Dort gebe es kaum noch etwas zu verbessern.
Bei den Abläufen innerhalb eines Krankenhauses dagegen schon. Zu den Forschungsprojekten Beils und seines Vertreters Jan Hubert gehört die Analyse und Bewertung der Prozesse, zum Beispiel in der Vor- und Nachbehandlung. Dabei geht es zum Beispiel darum, die Gefahr von Infektionen bei Operationen weiter zu verringern. Liegt der Zuckerwert zu hoch, muss er vor der Operation möglichst gesenkt werden, weil mit einem hohen Wert das Risiko ebenso steigt wie bei Bluttransfusionen. „Das Prozedere wird immer sicherer“, so Beil
Digitale Anwendungen sorgen für mehr Sicherheit
Auch digitale Anwendungen sorgen neuerdings für mehr Sicherheit, insbesondere bei der Nachsorge. Das Klinikum Bad Bramstedt hat unter der Leitung von Jan Hubert gemeinsam mit der Firma Alley eine gleichnamige App entwickelt.
Sie enthält nicht nur Informationen über die Krankheit, sondern sammelt auch Daten und tauscht sie mit der Klinik aus. So tauchte zum Beispiel nach einer Operation in zeitlichen Abständen die Frage auf, ob die Wunde noch nässt. Ist sie nach sieben Tagen trocken, ist alles in Ordnung. Nässt sie nach neun Tagen immer noch, informiert die App den Arzt, der auch andere wichtige Angaben erhält: Treibt der Patient wieder Sport? Fährt er Auto? Hatte er Sex nach seiner Hüft-OP?
Dass in Bad Bramstedt so viel medizinische Kompetenz für die Behandlung von Krankheiten von Muskeln und Knochen, Bändern und Sehnen gebündelt vertreten ist, hat sich zum Bedauern des Professors immer noch nicht überall herumgesprochen. Vielfach werde das Klinikum nur als Reha-Einrichtung und Kurhaus betrachtet. „So ein Ruf hält sich leider über Jahrzehnte“, sagt Beil.
Dabei gehöre das Klinikum Bad Bramstedt zu den wenigen in Norddeutschland, die stationäre Versorgung mit anschließender Reha an einem Standort bieten. Der Patient könne beispielsweise nach einer Operation vor Ort bleiben, ohne in eine andere Klinik wechseln oder einen Zwischenstopp zu Hause einlegen zu müssen.