Bad Bramstedt . Das Krankenhaus in Bad Bramstedt hat die Pflege-Ausbildung zentralisiert und setzt auf ein besonderes Ausbildungskonzept.

Früher hat Nasser Ali Jassine als Lagerhelfer gearbeitet. Kein Job, der ihn zufrieden stellte und kein Job, der ihm eine Perspektive geboten hat. Dann kamen die Pandemie, die Arbeitslosigkeit und der Wunsch, sich neu zu orientieren. Heute gehört der 33-Jährige zu den Auszubildenden auf der Schulstation des Klinikums Bad Bramstedt. Der Bramstedter ist der Älteste unter vielen jungen Leuten, die Pflegefachmann oder -fachfrau werden wollen. Ein Beruf, der früher Pfleger oder Krankenschwester hieß. Das Besondere: Die Schüler lernen gemeinsam auf einer Station. Am 1. Januar hat das Klinikum die Ausbildung zentralisiert: im zweiten Stock des Hauses A auf der Station für konservative Orthopädie und orthopädische Rehabilitation sowie die konventionelle Schmerztherapie.

Bad Bramstedt: Klinik setzt auf neues Ausbildungskonzept

„Es ist ein schönes Gefühl, anderen Menschen zu helfen“, sagt Jassine, der nach einem Praktikum in einem Krankenhaus in Neumünster ins Klinikum kam. „Ich liebe die Nähe zu den Menschen und bekomme viel Dankbarkeit zurück.“ Von seiner Ausbildung und der Aussicht, eine Arbeit mit Zukunft zu haben, ist der Azubi begeistert.

Auch das Team, das die angehenden Pflegefachleute ausbildet, ist bislang zufrieden mit dem neuen Konzept. Damit will das Klinikum nicht nur das in allen Krankenhäusern akute Personalproblem in der Pflege lösen. „Uns geht es auch um die höchst mögliche Qualität“, sagt Thomas Beier, Leiter der Organisation Pflegeausbildung, kurz: OPA. „Natürlich hoffen wir, dass die Menschen nach der Ausbildung bei uns bleiben.“

Jassine gehört zu den elf Azubis, die im Klinikum ihre dreijährige Lehrzeit absolvieren. Hinzu kommen 60 bis 80 junge Männer und Frauen aus anderen Krankenhäusern, die in Bad Bramstedt einen Teil der Praxis absolvieren. „Sie dürfen bei uns sehr viel“, sagt Julia Ridder, Beiers Vertreterin bei OPA. „Aber alles natürlich nur nach Einweisung, Anleitung und unter Aufsicht.“ Dazu gehören Blutdruckmessen, Essensausgabe und Körperhygiene ebenso wie die Hilfe auf der Toilette und andere Unterstützung. Dazu kommt das Erlernen von Tätigkeiten zur Vorbereitung auf das Examen.

Bad Bramstedt: Niedrige Abbruchquote unter den Azubis

Nebenbei lernen die Azubis auch, das Gespräch mit Patienten zu führen – keine leichte Aufgabe, wenn es um Behinderung und Schmerzen, Angst und manchmal auch den Tod geht. Die Zentralisierung der Schulstation erleichtere es den Ausbildern, aus jungen Menschen professionelle Pflegekräfte zu machen. Im Vergleich zu früher stehe beispielsweise mehr Zeit für die Schüler zur Verfügung, sagt Steve Gröger, Bereichsleiter im Haus A, in dem die Schulstation untergebracht ist. Außerdem könne ein Azubi auf der Schulstation seinen Beruf ohne dauerhaften Hochstress erlernen, weil das Klinikum keine eigene Akutstation oder Notaufnahme betreibe, in denen in der Regel Hektik und Überlastung zum Alltag gehören.

Zur praktischen Ausbildung von Jassine und seinen Kollegen kommt einmal pro Woche Unterricht hinzu. „Dort können eigene Themen von Schülern mit eingebracht und besprochen werden – die Verknüpfung von Theorie und Praxis steht dort im Vordergrund“, sagt Gröger. Individuell gestaltet werden sogenannte Aktionstage, bei denen die Schüler ihren Einblick in die Arbeit der Klinik vertiefen können. Dann haben sie zum Beispiel die Gelegenheit, einen Patienten von der Einschleusung in den Operationssaal bis zur nachoperativen Überwachung zu begleiten. Oder sie lernen, wie ein Aufnahmegespräch abläuft.

„Natürlich ist immer ein Anleiter dabei“, sagt Julia Ridder. Den Rest der theoretischen Ausbildung absolvieren die jungen Männer und Frauen in der Pflegefachschule des Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster. Das Konzept habe bislang gut funktioniert, fügt sie hinzu. Das Klinikum verzeichne bei den Azubis eine niedrigere Abbrecherquote als viele andere Krankenhäuser. „Wir investieren in die Ausbildung sehr viel Arbeit und Liebe“, sagt sie.

Bad Bramstedt: Ärzteschaft zufrieden mit Ausbildungskonzept

Auch bei den Ärzten kommt das Konzept gut an. „Die jungen Leute sind sehr motiviert und bringen viel Fröhlichkeit hinein“, sagt Ricarda Wesner, leitende Ärztin in der orthopädischen Rehabilitation. Davon profitieren die Patienten, bei denen es sich oft um alte Menschen mit mehreren Krankheiten handele. Das Durchschnittsalter liegt bei etwa 75 Jahren. Die Azubis hätten viel Zeit für Zuwendung und persönliche Gespräche, sagt die Ärztin. Auch das trage zur Genesung bei.

„Natürlich führen wir die jungen Menschen langsam an ihr zukünftiges Tätigkeitsprofil heran“, sagt Bereichsleiter Gröger. Dabei sei es immer wieder spannend zu sehen, wie sich die Azubis entwickeln und sich immer mehr zutrauen. Der Job biete auch viele Erfolgsgeschichten, wie die von den Patienten, die nach einer gelungenen Operation und der Reha wieder gehen können.

Nasser Ali Jassine hat mit der Ausbildung im September 2021 begonnen. „Ich kann mir gut vorstellen, nach der Ausbildung hier zu bleiben“, sagt er. Dass zu seiner Lehrzeit neben der Früh- oder Spätschicht auch bald die Nachtschichten gehören werden, stört ihn nicht. „Das ist mein Beruf“, sagt er.