Norderstedt. Stellen, die seit Monaten unbesetzt sind – wir stellen sie vor. Zum Beispiel: Garten- und Landschaftsbauer/in in Ellerau.

Restaurants, die schließen müssen. Bäckereien, Arztpraxen und Geschäfte, die ihre Öffnungszeiten einschränken. Der Fachkräftemangel ist überall spürbar, auch in Norderstedt, Kaltenkirchen oder Ellerau. Stellen, für die es früher viele Bewerber gab, bleiben heute monatelang unbesetzt – manche auch für immer.

Was sind das für Jobs, die offenbar niemand mehr machen möchte? In Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit haben wir Stellen in Unternehmen in der Region ausfindig gemacht, die nicht besetzt werden können. In einer Serie stellen wir sie vor.

Fachkräftemangel Ellerau: Natur statt Schreibtisch – Warum will keiner diesen Job?

Heute besuchen wir die Firma Gartengestaltung Matthias Gerull GmbH in Ellerau. Das Unternehmen gibt es seit 1998, neben Firmeninhaber Matthias Gerull (47) sind hier seine Frau Jessica und ein Mitarbeiter tätig. Gerull würde gerne zwei weitere Leute einstellen, gesucht werden gelernte Garten- und Landschaftsbauer. Auch Quereinsteigern mit wenig oder keiner Erfahrung in der Branche würde er eine Chance geben.

Das Problem: Gerull findet niemanden. „Ich suche seit August, habe das Arbeitsamt kontaktiert und auch Anzeigen in Wochenblättern geschaltet“, sagt er. Aber Resonanz gab es so gut wie nicht. „Mich haben ein paar Leute kontaktiert, die tauchten dann aber gar nicht beim Vorstellungstermin auf“, sagt er.

Teilweise kommen auch Bewerber vom Arbeitsamt, die den Job gar nicht wollen

Manchmal würden auch Bewerber „vom Arbeitsamt geschickt“, so Gerull – diesen sei aber anzumerken, dass sie die Arbeit eigentlich nicht annehmen wollen. Früher sei das anders gewesen, da habe es immer einige Bewerbungen auf offene Stellen gegeben. „Dass da so gar nichts kommt, das ist schon ziemlich neu.“

Was ist es für ein Job, für den sich offenbar kaum jemand erwärmen kann? „Wir arbeiten zu 90 Prozent in privaten Gärten, legen Bepflanzungen und Teiche an, kümmern uns um Rasen, Hecken, Blumenbeete. Baumfällungen, Baumschneidearbeiten, so etwas machen wir auch.“ Manchmal sei die Firma auch für öffentliche Auftraggeber unterwegs, derzeit legt sie etwa einen Kabelgraben für die Stadtwerke Norderstedt an.

Blick in den Fuhrpark des Unternehmens.
Blick in den Fuhrpark des Unternehmens. © FMG | Claas Greite

„Man ist draußen, bei fast jedem Wetter. Und man ist ziemlich frei bei der Arbeit“

Was den Job ausmacht? „Man ist draußen, bei fast jeder Witterung. Und man ist ziemlich frei bei seiner Arbeit. Etwas Kreativität braucht man auch, zum Beispiel, wenn es um Bepflanzungen geht.“

Natürlich „weicht man auch schon mal durch, wenn es regnet“, sagt Matthias Gerull. Aber er würde seinen Job niemals gegen einen Bürojob tauschen: „Ich mache das seit 1998 und bin superglücklich damit. Ich möchte wirklich nix anderes machen“, sagt der gelernte Topf- und Zierpflanzengärtner.

„Jeder Tag ist anders. Mal hast Du mit Holz zu tun, mal mit Steinen, dann wieder mit Pflanzen“

Er liebt sie halt – die Arbeit im Freien, mit Pflanzen. Und auch die „Vielfalt“, die es in anderen Jobs so nicht gebe: „Jeder Tag ist anders. Mal hast du mit Holz zu tun, mal mit Steinen, dann wieder mit Pflanzen. Und natürlich bringt jede Jahreszeit andere Arbeiten mit sich.“

Ein weiterer Grund, weshalb er seinen Job mag: die Dankbarkeit der Auftraggeber. „Wir haben viele Kunden, die sich aus Altersgründen selbst nicht mehr um ihre Gärten kümmern können. Die sind sehr froh, wenn wir kommen. In der Regel werden wir mit Kaffee und allem Möglichen versorgt!“

Bagger, Radlader und Aufsitz-Rasenmäher helfen bei der Arbeit

Bei bestimmten Arbeiten helfen Maschinen, wie ein Bagger, ein Radlader, ein Lkw mit Greifer und ein Aufsitz-Rasenmäher. Und meistens werde zu zweit an einem Einsatzort gearbeitet: „Das ist schon besser, da kann man sich helfen, wenn es mal schwieriger wird“, sagt Gerull.

Der Arbeitstag in seiner Firma beginnt früh: In dem Gebäude an der Germaer Kehre, zu dem auch ein großer Hof und eine Halle mit Geräten gehören, treffen sich die Mitarbeiter morgens um 6.45. „Dann gibt’s Kaffee, und wir machen die Einteilung. Und dann wird Werkzeug aufgeladen, und wir fahren zu den Kunden.“

Arbeitstage enden normalerweise gegen 16 Uhr

Normalerweise ende ein Arbeitstag dann gegen 16 Uhr. Bei Matthias Gerull selbst ist das allerdings „variabel“, wie er sagt. „Die Baustelle ordentlich zu verlassen, das steht für mich an erster Stelle. Wenn man noch etwas fertig machen kann, dann mache ich das auch.“

Die Regelarbeitszeit für Angestellte sei 40 Stunden die Woche, aber das sei eben auch „wetterabhängig“, eine Woche könne dann auch mal 30 Stunden haben. „Das gleicht sich dann wieder aus.“

Manchmal ist Matthias Gerull mit seiner Firma auch am Wochenende im Einsatz. Müsste ein neuer Mitarbeiter auch dazu bereit sein? „Das wäre schön, aber nicht zwingend“, sagt der Firmeninhaber.

Bezahlung: „Je nach Qualifikation, 12 bis 19 Euro Stundenlohn“

Nicht ganz unwichtig: die Bezahlung. Wie sähe die aus? „Je nach Qualifikation, 12 bis 19 Euro Stundenlohn“, sagt Matthias Gerull. Der Tariflohn für gelernte Landschaftsgärtner liegt derzeit bei 18,73 Euro. Diese Berufsausbildung ist bei Gerull aber nicht Einstellungsvoraussetzung.

„Wer gerne im Garten arbeitet und sich beruflich verändern möchte, zum Beispiel, weil er keine Lust auf seinen Schreibtisch- oder Fließbandjob hat, kann sich gerne bei mir melden“, sagt Matthias Gerull. Er betont auch, dass er Geflüchteten eine Chance geben würde. „Ich bin gerne bereit, so jemanden einzustellen!“, sagt er.

Hat zwei Stellen zu besetzen: Matthias Gerull auf dem Hof seiner Firma.
Hat zwei Stellen zu besetzen: Matthias Gerull auf dem Hof seiner Firma. © FMG | Claas Greite

Geflüchtete willkommen – perfekte Deutschkenntnisse sind nicht erforderlich

Perfekt Deutsch können müsse man in dem Job nicht. Das, was man bei der Arbeit brauche, „kann man relativ schnell lernen. Das ist alles möglich“, ist sich Gerull sicher. Wichtig sei in erster Linie die Motivation. Und dass man bereit sei, „auch mal nass oder dreckig“ zu werden bei der Arbeit.

Daran, dass viele Menschen das offenbar nicht mehr möchten, sieht er einen Hauptgrund für das Ausbleiben der Bewerbungen: „Mittlerweile wollen die Leute eher am Computer arbeiten und sich nicht mehr die Finger schmutzig machen“, schätzt er.

Freizeit wird begehrter, Verantwortungsbewusstsein sinkt, stell der Chef fest

In seinem Umfeld stellt Gerull weitere, generelle Veränderungen im Arbeitsleben fest. „Das Verantwortungsbewusstsein lässt nach. Viele können oder wollen keine Entscheidungen mehr treffen.“

Auf der anderen Seite merke er vermehrt, „dass die Leute mehr Freizeit haben wollen.“ Gerull: „Früher sind wir am Freitag noch zum Chef gegangen und haben gefragt, ob am Sonnabend noch was anliegt.“ Dass für so viele junge Menschen heute Freizeit ganz oben steht, sei „ja schön und gut“, sagt Matthias Gerull, nur fragt er sich manchmal, „wie die das finanzieren.“

Fachkräftemangel Ellerau: Wie die Aufstiegschancen in der Branche aussehen

Indes: Die Veränderungen seien da, „ganz stark“ spürbar, aber das sei nun mal so. „Die Zeiten ändern sich, die Prioritäten auch.“ Wer aber anpacken wolle und den Wunsch habe, weiterzukommen, könne das in der Branche, ist Matthias Gerull überzeugt. „Es gibt durchaus Aufstiegschancen. Man kann Baustellenleiter werden oder Weiterbildungen als Techniker machen. Und man kann sich natürlich auch mit einem eigenen Gartenbau-Betrieb selbstständig machen.“

Wer sich für den Job interessiert, meldet sich bei Matthias Gerull unter Telefon 040/525 29 74 oder schreibt eine E-Mail an Einen ersten Eindruck von dem Unternehmen in Ellerau vermittelt die Webseite https://matthias-gerull.de/