Tangstedt. Ewa Helena Martin führte außerdem die Galerie von Gunter Sachs, in der Andy Warhol ausstellte. Dann veränderte sich alles.
Manchmal kann Ewa Helena Martin (42) es selbst kaum glauben, wie sie sich verändert hat. Wie sich ihr Leben verändert hat.
Wie aus ihr, der erfolgreichen Modedesignerin, die nur Zigaretten und Kaffee konsumiert hat, eine Verfechterin der gesunden Ernährung geworden ist. Wie sie sich von der bekannten Galeristin, die die berühmte Kunst-Galerie von Gunter Sachs in Pöseldorf führte, in der einst Andy Warhol ausstellte, zur Müsli-Produzentin in Wilstedt-Siedlung wandelte.
Warum eine bekannte Modedesignerin zur Müsli-Produzentin wurde
Wenn Ewa Helena Martin von früher spricht, klingt das fast wie aus einem anderen Leben. Früher, als sie ein eigenes Modelabel hatte und vier Kollektionen im Jahr produzierte, ständig in der Welt unterwegs war. Als sie ein Leben im Glamour führte. Bis sie irgendwann das Gefühl hatte, dass sie etwas lebt, das sie nicht liebt. Dass ihr zu viel Energie genommen wird.
Irgendwann in dieser Zeit wagte sie den ersten Ausstieg, verabschiedete sich von der Mode und fing mit dem Malen an. Als in der Galerie in der Milchstraße ein Raum frei wurde, wollte sie dort eigentlich nur ihre eigenen Bilder zeigen. Doch nach und nach kamen immer mehr andere Künstler auf sie zu, die dort ebenfalls ausstellen wollten, so dass Ewa Helena Martin schließlich die Galerie in Pöseldorf übernahm und führte. Es war dieselbe Galerie, die einst Gunter Sachs geführt hatte und in der 1972 der damals noch unbekannter Andy Warhol erstmals seine Werke in Deutschland präsentierte.
Die Bilder in der Galerie in Pöseldorf kosteten ab 8000 Euro aufwärts
Das Leben von Ewa Helena Martin schien perfekt, die Galerie war erfolgreich, die Bilder ab 8000 Euro begehrt. Als sie schwanger wurde, war ihr Glück vollkommen. „Ich habe bis zum Schluss Veranstaltungen organisiert und gearbeitet“, erinnert sich die 42-Jährige und erzählt, wie sie eines Tages von der Arbeit nach Hause kam und nachts die Wehen einsetzten.
„Nach der Geburt von Tony war alles anders“, sagt Ewa Helena Martin und wundert sich selbst manchmal noch darüber, wie radikal sich ihr Leben seitdem verändert hat. Wie unwichtig ihr plötzlich die Kunst, und alles was sie zuvor geliebt hatte, erschien.
Früher hat sie von Zigaretten und Kaffee gelebt – jetzt propagiert sie gesunde Ernährung
Rückblickend weiß sie, dass alles auf einen radikalen Schnitt hinauslaufen musste. Damals war ihr das aber noch nicht klar. Erst als sie drei Monate nach der Geburt ihres Sohnes erstmals wieder in der Galerie war und plötzlich erkannt hat, dass sie nichts mehr mit dieser Welt verbindet, stand der Entschluss für sie fest. Sie musste etwas ändern. Sie musste alles aufgeben und noch einmal ganz von vorne beginnen.
Bereits vor der Schwangerschaft hatte sie angefangen, für sich selbst Müsli zu mischen – „weil ich im Supermarkt einfach kein Müsli finden konnte, das meinen Ansprüchen an gesunde Ernährung entsprach“, sagt sie und winkt ab. Sie weiß, wie merkwürdig das klingt – dass sie, die früher von Kaffee und Zigaretten gelebt hat, plötzlich auf gesunde Lebensmittel achtete. „Aber je älter ich wurde, um so wichtiger wurde das Thema“, so Martin.
Wenn sie gesundes Müsli mischt, hat sie das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun
Manchmal glaubt sie, dass der Grundstein für die Gründung ihrer eigenen Müsli-Manufaktur vielleicht sogar schon in ihrer Kindheit gelegt wurde. Denn als Inhaber verschiedener Restaurants in Polen war Ernährung schon immer ein wichtiges Thema in der Familie. „Für uns war es normal, dass wir uns selbstversorgt haben. Das meiste, das wir gegessen haben, wurde auch von selbst im Garten angebaut“, erinnert sich Ewa Helena Martin, die schon als Kind viel in der Küche helfen musste. Dass sie irgendwann freiwillig in der Küche steht, hätte sie sich damals kaum vorstellen können.
30 Jahre ist die Arbeit in der Küche zu ihrer Passion geworden. Wenn sie Nusskerne mit Hafer sowie Datteln mischt und gesunde Müslis herstellt, hat sie das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. „Auch wenn es sich abgedroschen anhört – ich wollte die Welt ein Stück besser machen“, sagt Ewa Helena Martin.
Mama Bear kämpft wie eine Bärenmutter für die gesunde Ernährung
Auf den Namen Mama Bear brachte sie ihr Mann Sascha. „Er meinte, dass ich wie eine Bärin für die Familie kämpfen würde“, sagt die Unternehmerin und erzählt, wie ihr Sohn Tony die Wortfetzen aufschnappte und immer wieder „Mama Bear“ zu ihr sagte. „Da habe ich eine Gänsehaut bekommen.“
Seit 2001 ist Mama Bear offiziell als UG, haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft, eingetragen – als Offene Handelsgesellschaft. Seitdem führt Ewa Helena Martin ein Leben zwischen Kind, Küche und Kundenakquise. In den ersten Monaten hat sie ihre Müslimischungen nachts hergestellt, wenn Tony schlief – zuhause in der Küche. Doch inzwischen ist der Vierjährige im Kindergarten und sie Untermieterin bei „Ein Stück Land“. In den Räumlichkeiten an der Segebergerstraße 121 in Kayhude darf sie nicht nur die Küche nutzen, sondern ihre fertigen Müslis auch im Hofladen vertreiben.
Bio-Zutaten und Handarbeit – davon sind bereits die ersten Einzelhändler überzeugt
Das Besondere an ihren Müslis: „Der hohe Anteil von Nüssen“, sagt die Unternehmerin. In den meisten Müslis seien etwa 70 Prozent Haferflocken und 30 Prozent Nüsse – bei ihr sei das fast umgekehrt: 40 Prozent Haferflocken und 60 Prozent Nüsse, Früchte und andere Zutaten
„Mama Bear bedeutet für mich, das Beste für seine Lieben und sich selbst zu tun – und dazu gehört natürlich ganz wesentlich die entsprechende Ernährung“, erklärt Ewa Helena Martin, die nach eigenen Angaben nur Bio-Zutaten verwendet.
Genauso viel Wert wie auf die Auswahl der Zutaten legt die 42-Jährige auf die Herstellung, die ausschließlich in Handarbeit stattfindet. „In der Maschine geht einfach zu viel kaputt“, ist Martin überzeugt.
350 Gramm Müsli von Mama Bear kosten 9,80 Euro
Mit ihrem Konzept hat die Wilstedterin inzwischen schon einige Geschäfte überzeugt, die die besonderen Müslis in ihr Sortiment aufgenommen haben. Dafür habe sie ganz schön viele Klinken putzen müssen, so die Unternehmerin, die bisher alles alleine macht – von der Produktion über die Verpackung und den Versand bis zum Online Auftritt und der Kundenakquise.
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Ihr Traum ist es, auch in ausgewählten Supermärkten gelistet zu werden, doch obwohl es bereits erste Gespräche gab, sind die Verhandlungen bisher am Preis gescheitert. 350 Gramm kosten etwa 9,80 Euro. „Da ich selbst jedoch die hohen Einkaufspreise für die Bio-Zutaten tragen muss, geht es nicht günstiger“, erklärt Ewa Helena Martin. Trotzdem: Ihre Müslis richteten sich keineswegs nur an Reiche, sondern an Menschen, die bewusst Prioritäten setzten, so ihre Devise.
Warum eine bekannte Modedesignerin zur Müsli-Produzentin wurde
Aus diesem Grund unterstützt Ewa Helena Martin auch verschiedene soziale Projekte. „Wir konnten bereits dafür sorgen, dass in Afrika ein Schulgarten angelegt wird, sodass die Kinder nun auch jeden Tag frisches Gemüse als Schulessen serviert bekommen“, sagt die engagierte Unternehmerin. Außerdem unterstützt sie ein Frauen- und ein Tierschutzprojekt.
Mit der Gründung von Mama Bear hat sich Ewa Helena Martin in den vergangenen Jahren verändert. Jetzt möchte sie die Welt verändern.