Kreis Segeberg. Weil die Krankenhäuser überlastet sind, werden im Kreis Segeberg die Rettungswagen knapp. Wie das Deutsche Rote Kreuz aushalf.
Erst haben die Krankenhäuser wegen Überlastung Alarm geschlagen, jetzt wird es auch beim Rettungsdienst im Kreis Segeberg eng. Am Ende der Woche hat die Rettungsleitstelle ehrenamtliche Bereitschaften des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) zur Unterstützung angefordert, weil beim hauptamtlichen Rettungsdienst Fahrzeuge knapp wurden. „Die Systeme laufen überall in Volllast“, sagte Stephan Bandlow, Chef der Rettungsleitstelle in Elmshorn, in der alle 112-Notrufe aus dem Kreis Segeberg und anderen Kreisen auflaufen.
Die Leitstelle alarmierte in Norderstedt, Kaltenkirchen und anderen Orten die sogenannten Schnelleinsatzgruppen (SEG), die normalerweise nur bei Katastrophen oder anderen Unglücksfällen gerufen werden. Dazu habe sich die Leitstelle entschlossen, nachdem auch in den Nachbarkreisen und in Hamburg keine Unterstützung zu bekommen war. „Auch dort sind die Kapazitäten knapp“, sagte Bandlow.
Volle Notaufnahmen wegen Atemwegsinfektionen
Die große Andrang in den Notfallaufnahmen der Krankenhäuser wegen der vielen Atemwegsinfektionen bringt auch den Rettungsdienst in Bedrängnis. In den Kliniken ist die Belastung so hoch, dass Rettungsfahrzeuge auch weiter entfernte Krankenhäuser ansteuern müssen oder mit ihren Patienten warten müssen, bis sie versorgt werden können. Das kostet Zeit und reduziert die Zahl der verfügbaren Fahrzeuge.
„Das Problem ist die Masse an Patienten im Flaschenhals Notaufnahme“, sagte Bandlow. Die SEG haben hauptsächlich Fahrten von Patienten übernommen, die aus dem Krankenhaus entlassen werden. Diese Touren haben im Rettungsdienst die niedrigste Priorität – mit der Folge, dass Patienten häufig lange warten müssen.
Infektionswelle: Rettungsdienst hält Ressourcen für Notfälle frei
In dieser Situation vermeiden die Leitstelle und die Rettungsdienstkooperation in Schleswig-Holstein (RKiSH), auch noch die letzten Fahrzeuge für die Entlassungsfahrten einzusetzen. Die RKiSH ist verantwortlich für den Rettungsdienst im Kreis Segeberg und in weiteren Kreisen. „Wir halten unsere Ressourcen für Notfälle frei“, sagte Bandlow.
„Wir standen mit unserer Leistungskapazität am Rand und brauchten Hilfe“, sagte RKiSH-Sprecher Christian Mandel. Die RKiSH sei mit einer ähnliche Situation konfrontiert gewesen, als wegen der Coronapandemie diverse Besatzungen von Rettungswagen sich krank meldeten und die SEG ebenfalls aushalfen. Der Organisation gehe es stets darum, immer genügend Kapazitäten für die Notfallrettung zur Verfügung zu haben.
Infektionswelle: Kaltenkirchener DRK fährt bis nach Lägerdorf
Die Kreisbereitschaftsleitung des DRK habe kurzfristig angefragt, ob Transportkapazitäten zur Unterstützung des Regelrettungsdienstes zur Verfügung stünden, teilte die Kaltenkirchener Rot-Kreuz-Bereitschaft auf Facebook mit.
„Sehr schnell fanden sich qualifizierte Einsatzkräfte, die unseren Krankentransportwagen und den Rettungswagen entsprechend besetzen konnten“, schrieb Nils Bade vom Kaltenkirchener DRK. Er habe mit seinen Kollegen die RKiSH in den Kreisen Segeberg, Pinneberg und Steinburg unterstützt. „Elmshorn, Itzehoe, Pinneberg und Lägerdorf sind nur eine kleine Auswahl von Orten die wir im Laufe des Tages sehen konnten“, sagte Bade.
Berufsverband Rettungsdienst warnt vor Kollaps
Der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst (DBRD) kommt zu einer dramatischen Einschätzung und fürchtet, dass die Notfallversorgung in Schleswig-Holstein vor dem Kollaps steht. Die Notfallversorgung werde ohne sofortige entschlossene Maßnahmen und Ursachenbekämpfung in wenigen Wochen zusammenbrechen, schrieb der Landesvorsitzende Marco K. König.
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„Seit Monaten kann der Rettungsdienst seine Notfallpatienten immer häufiger nicht an die nächstgelegenen Notaufnahmen übergeben, die Eintreffzeiten von Rettungsmitteln beim Notfallpatienten verlängern sich stetig, Patienten warten bis zehn Stunden auf einen Krankentransport“, schrieb er. Ein Ende dieser Situation ist nicht in Sicht.
Infektionswelle: Verband der Leitstellen distanziert sich von der Kritik des Deutschen Berufsverbandes Rettungsdienst
Königs Bewertung stieß in der Fachwelt auf Kritik. Zwar stehe man erstmals vor der Situation, dass im ganzen Land die Kapazitäten knapp seien, sagte Bandlow. Doch so dramatisch wie der DBRD bewerten Bandlow und seine Kollegen im Rest Schleswig-Holsteins die Lage nicht. „Der Verband der Leitstellen hat sich von dem Schreiben des DBRD distanziert“, sagte er.