Kreis Segeberg. Wer sich derzeit bei den Krankenhäusern der Region vorstellt muss damit rechnen, wieder weggeschickt zu werden.

Die Lage in den Krankenhäusern ist ernst. Fachkräftemangel, Personalausfälle, der zusätzliche Personenaufwand durch Corona-Isolierungen sind Gründe dafür, dass es in Schleswig-Holstein vermehrt zu Abmeldungen einzelner Fachbereiche in den Krankenhäusern kommt. Auch die Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg hat in den vergangenen Wochen wiederholt „erschöpfte Kapazitäten“ melden müssen.

Unangenehme Erfahrungen musste kürzlich eine 90 Jahre Frau aus Wakendorf II machen: Sie war an Corona erkrankt und wurde von ihrem Hausarzt ins Krankenhaus eingewiesen, weil sie keine Nahrung und keine Flüssigkeit mehr zu sich nehmen konnte. Die Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg und die Asklepios-Klink Nord Heidberg konnten die Patientin nicht aufnehmen. Schließlich landete sie in der Allgemeinen Klinik der Segeberger Kliniken-Gruppe, wo sie in einem Isolierzimmer behandelt wurde.

Krankenhäuser: „Erschöpfte Kapazitäten“ – Schlange stehen in der Notaufnahme

Das ist offenbar kein Einzelfall. „Es ist landauf-landab ein Problem“, sagt Christian Mandel, Sprecher der Rettungsdienst Kooperation in Schleswig-Holstein (RkiSH). „Die Kliniken sind einfach voll.“ Die Rettungssanitäter seien deshalb länger unterwegs, weil sie weitere Anfahrten in Kauf nehmen müssten. Für die aktuelle Situation kann Christian Mandel keine speziellen Gründe nennen, aber er vermutet, dass die Pandemie dabei eine „Riesenrolle“ spielt.

Die Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein erkennt zurzeit ein neues Problem: Mit der Rücknahme der Corona-Maßnahmen nehmen Atemwegserkrankungen wieder zu. Unter anderem infizieren sich viele kleine Kinder mit dem RV-Virus (Respiratorischer Synzytial-Virus), der akute Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege bewirkt. Vor allem viele Kinderkrankenhäuser in Schleswig-Holstein seien deshalb überbelegt.

Krankenstand ist in den Kliniken hoch

In den Krankenhäusern gibt es zudem Fachkräftemangel und ein oft erhöhter Krankenstand der Beschäftigten. „Auch die Paracelsus Klinik Henstedt-Ulzburg hat in den vergangenen Wochen wiederholt erschöpfte Kapazitäten melden müssen“, sagt Maren Maak, Sprecherin der Henstedt-Ulzburger Paracelsus-Klinik. Als Gründe nennt sie eine volle Belegung und die Tatsache, dass ausreichend Personal für die Versorgung weiterer Patienten oft nicht zur Verfügung gestanden habe. Sie betont aber auch: „Wir weisen grundsätzlich keine Patienten ab.“

Die Mitarbeiter vom RKiSH können bestätigen, dass im Ernstfall alle Krankenhäuser im Lande eine lebensrettende Erstversorgung vornehmen, wenn der Rettungswagen mit einem Patienten oder einer Patientin vor der Tür steht. Ob diese Patienten dann in dieser Klinik weiterbehandelt werden können, sei allerdings eine andere Sache. „Wir wollen die Menschen natürlich nicht durch die Weltgeschichte gondeln, sondern sie dorthin fahren, wo ihnen geholfen wird“, sagt Christian Mandel. „Wenn eine Klinik keine Patienten aufnehmen kann, gibt sie rechtzeitig bescheid.“

Krankenhäuser: Ministerium gründet „TaskForce Notfallversorgung“

Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) stellt allgemein eine Überlastungs- und Übermüdungssituation des ärztlichen und pflegerischen Personals in Schleswig-Holstein fest. Sie nennt Fachkräftemangel, Personalausfälle sowie den zusätzliche Personenaufwand durch Corona-Isolierungen als ausschlaggebend für die Situation, die auch zu Abmeldungen einzelner Fachbereiche in den Krankenhäusern führe.

Das Gesundheitsministerium hat deshalb eine „TaskForce Notfallversorgung“ eingerichtet. Sie tagt wöchentlich und erarbeitet gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung der Krankenhausgesellschaft, der Koordinierungsstelle Rettungsdienst, Notärztinnen und Notärzten, Vertreterinnen und Vertretern aus dem Gesundheitsministerium und Geschäftsführungen aus Krankenhäusern kurzfristige, mittelfristige und langfristige Lösungen.