Kreis Segeberg. Hohe Energiepreise sorgen für schlechtere Versorgung der Patienten: Welche Protestaktion die Ärzte im Dezember planen.
Die Ärztinnen und Ärzte im Kreis Segeberg und im ganzen Land Schleswig-Holstein schlagen Alarm: Mit einer landesweiten Protestaktion weisen sie im Dezember auf die zunehmend schwierige wirtschaftlich Lage vieler Praxen aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise hin. Weil zusätzlich noch Inflation und Personalmangel drücken, die Einnahmen aber unverändert bleiben,
„In unseren Praxen geht das Licht aus“: Unter diesem Motto hat die Ärztegenossenschaft Nord mit Sitz in Bad Segeberg ein breites Bündnis geschmiedet. Gemeinsam mit zahlreichen Berufsverbänden und Praxisnetzen aus Schleswig-Holstein startet die Protestreihe am 7. Dezember. Symbolisch werden dann Ärzte und Ärztinnen im ganzen Land das Licht und die Heizungen in ihren Praxen ausschalten. Ein Quartal lang sollen weitere Aktionen folgen.
Energiepreise: Ärzte schlagen Alarm – „In Praxen geht das Licht aus“
Die Ärztegenossenschaft Nord warnt eindringlich vor den Folgen der Situation für die ambulante Versorgung kranker Patienten und Patientinnen in Schleswig-Holstein. Nicht nur, dass es kühler werden könnte in den Praxen, weil die Heizung ausbleibt, oder dunkler, weil Licht ausgeschaltet wird. Manches energieintensive Diagnosegerät könnte auch deutlich weniger oft verwendet werden.
Die stark steigenden Energiepreise würden die Arztpraxen hart treffen. So verbrauche zum Beispiel eine durchschnittliche Dialysepraxis etwa 300.000 Kilowattstunden Strom jährlich. „Aber auch in den Praxen der haus- und fachärztlichen Grundversorgung wird heutzutage viel energieintensive Technik verwendet“, sagt Dr. Axel Schroeder, Urologe und stellvertretender Vorsitzender der Ärztegenossenschaft.
Die zusätzlichen Kosten könnten die Ärztinnen und Ärzte aber nicht an die Patientinnen und Patienten weitergeben. Im Gegenteil: „Das Honorar steht fest und erhöht sich 2023 nur um zwei Prozent. Das reicht nicht einmal, um die Lohnsteigerungen bei den Angestellten auszugleichen – und die Kassen fordern künftig eine Nullrunde“, sagt Schroeder. „Zudem weiß ich als Arzt auch immer erst ein halbes Jahr später, wie viel Geld ich im jeweiligen Quartal wirklich verdient habe.“
Energiepreise: Geräte bleiben abgeschaltet
Die Unsicherheit in den Praxen sei deshalb groß. Anstatt den Niedergelassenen zu helfen wie den Kliniken für die ein Entlastungspaket geplant ist, so Schröder, kürze die Politik mit der Finanzreform der gesetzlichen Krankenversicherung („GKV-Finanzstabilisierungsgesetz“) auch noch Leistungen – etwa mit dem Wegfall der Neupatientenregelung. „Viele werden überlegen müssen, Geräte abzuschalten, um zu sparen“, sagt Axel Schroeder. Die Folge: reduzierte Sprech- und Behandlungs- sowie längere Wartezeiten.
Das Aktionsbündnis um die Ärztegenossenschaft warnt auch vor den langfristigen Folgen: „Schon länger finden Praxen schwer Nachfolger“, sagt Svante Gehring, Hausarzt aus Norderstedt und Vorsitzender der Ärztegenossenschaft. Angesichts dessen, dass in Schleswig-Holstein etwa ein Drittel der Vertragsärzte und -ärztinnen über 60 Jahre alt sei, brauche es Unterstützung und eine verlässliche Perspektive. „Ansonsten geht bald in vielen Praxen das Licht aus“, sagt Gehring.
Energiepreise: Ärztegenossenschaft Nord vertritt 1800 Ärztinnen und Ärzte
Nach dem Start am 7. Dezember plant das Bündnis, im Januar speziell auf den Fachkräftemangel im ambulanten Bereich aufmerksam zu machen.
- Gastbeitrag Svante Gehring: Wenn der Hausarzt ein Restaurant hätte
- Ärztegenossenschaft kritisiert die E-Patientenakte
- Ärztegenossenschaft fordert Änderung des Gesundheitssystems
Die Ärztegenossenschaft Nord eG vertritt die Interessen von etwa 1800 Ärzten und Psychotherapeuten aus Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. „Wir bündeln die politische und wirtschaftliche Kraft der freien Ärzteschaft aus gemeinsamer Verantwortung für eine menschenwürdige Medizin“, heißt es in der Selbstbeschreibung der Genossenschaft.