Norderstedt. Wie das Hamburger Ensemble um Wolfgang Sommer mit Spiellaune und Höhrrohr im Norderstedter Kulturwerk begeisterte
Vorhang auf, Kofferradio an: „Twist and Shout“ von den Beatles röhrt durch die gute Stube. Ein vergnügtes Paar tanzt Rock’n’Roll auf der Bühne im Norderstedter Kulturwerk. Und eröffnet damit einen wunderbar kurzweiligen Theaterabend des Ohnsorg-Theaters, den das Publikum im voll besetzten Saal begeistert feierte.
Es gibt Theaterstücke, die Selbstgänger sind. Die auch das schlechteste Ensemble nicht kaputtspielen kann. „Dat Hörrohr“ des niederdeutschen Erfolgsautors Karl Bunje, bereits 1955 uraufgeführt, als es den Beatles-Song noch gar nicht gab, ist so ein Stück, und das Ohnsorg-Theater hat es in der zuverlässigen Regiearbeit von Klaus Grupe erst auf die theatereigene Hamburger Bühne gebracht und ist jetzt mit dem Plattdeutsch-Klassiker auf Tournee.
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Auf Hochdeutsch. Das ist fürs norddeutsche Publikum zwar schade, dafür aber sind die temporeiche Inszenierung und das intensive Spiel mit viel Situationskomik einfach mitreißend.
Opa Meiners sitzt in seinem komodigen Lehnstuhl und muffelt vor sich hin. Er hört nicht mehr, was um ihn herum in der Familie vorgeht. Das macht den alten Herrn grantig. Umso begeisterter ist er, als er plötzlich wieder den Hahn krähen, die Uhr ticken und die Vögel singen hört. Seine Enkelin Elke und ihr Freund Bernd haben sein altes gegen ein neues Hörrohr ausgetauscht.
Doch Opa Meiners hört plötzlich nicht nur Vögel zwitschern. Sondern auch das Gezeter seiner Schwiegertochter Bertha. Die ihn um Haus und Hof bringen und ins Altenheim abschieben will. Plietsch dreht er den Intrigen-Spieß um.
Sommer gibt Opa Meiners und steht in einer langen Ohnsorg-Tradition
Wolfgang Sommer ist Opa Meiners und reißt mit seiner unbändigen Spiellaune alle anderen mit. Sommers beredte Mimik, seine kindliche Freude, wieder hören zu können, sind sehenswert. In der Rolle steht Sommer in der Tradition seiner Kollegen Otto Lüthje, Karl-Heinz Kreienbaum und Jens Scheiblich, die allesamt vor ihm Opa Meiners gaben. Henry Vahl indes hat die Rolle nie gespielt, obwohl viele Ohnsorg-Fans das glauben.
Opas Widersacherin im Stück ist Schwiegertochter Bertha. Beate Kiupel, seit stolzen 35 Jahren im Ohnsorg-Ensemble, bringt dieses Klischee der bösen Schwiegertochter wie eine Gewitterziege auf die Bretter, mal Opa säuselnd umgarnend, mal harsch Opas Enkelin, den Knecht und vor allem ihren Ehemann Jochen scheuchend. Beate Kiupel gibt alles, auch die ihre blonden (Perücken)-Haare zerraufende Heulsuse.
Ohnsorg-Theater: Dösige Klischees, grandios gespielt
Opas Sohn Jochen ist Robert Eder, und er macht dem Klischee des dösigen, unterm Pantoffel stehenden Ehemann alle Ehre. Sein Spruch „As du meinst, Bertha“ ist seit 70 Jahren ein Ohnsorg-Hit. Köstlich die Szenen, in denen er – nachdem Opa ihn mit Schnaps abgefüllt hat – gegen sein Krawall-Weib aufbegehrt.
Opas Schnaps spricht auch Landbriefträger Tobias Quadfasel genüsslich zu. Erkki Hopf macht daraus eine gediegen komödiantische, kleine, aber feine Nummer. Seine Frau Lieschen spielt Birte Kretschmer als listige Dorf-Tratsche, die auch den Möchtegern-Casanova Arnold Hogeback schöne Augen macht. Diesen Geck ist für Oskar Ketelhut eine Paraderolle, ein Aufschneider, ein Blender und Tunichtgut – das macht der bekannte Ohnsorg-Spieler vortrefflich.
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Klar fehlt auch der Notar nicht, den Christian R. Meyer reichlich tollpatschig anlegt. Die junge Generation sind Enkelin Elke und ihr Verehrer Bernd, der Knecht. Leonie Fuchs überzeugt als zaudernde Deern, die an ihrem Leben unter der Fuchtel ihrer Tante Bertha fast verzweifelt. Quintus Hummel ist ein draufgängerischer Knecht, der mit seinen Sprüngen durchs Stubenfenster auch sportliche Leistung zeigt.