Norderstedt. Im Norderstedter Kulturwerk spielten Gerit Kling, Mackie Heilmann und Astrid Rashed Ayckbourns „Falsche Schlange“.

Wer ist sie, die falsche Schlange? Auf die Antwort musste das Publikum am Sonntag im Kulturwerk am See in Norderstedt bis zum bitteren Ende des Psychothrillers „Falsche Schlange“ von Alan Ayckbourn warten. Das Drei-Frauen-Stück, aufgeführt vom Tourneetheater Thespiskarren, fand wegen der herausragenden Leistung der Schauspielerinnen Gerit Kling als Annabel, Mackie Heilmann als ihre Schwester Miriam und Astrid Rashed als Krankenschwester Alice großen Beifall im fast voll besetzten großen Saal.

In der Regie von Gerit Kling („Notruf Hafenkante“, „Alarm Kobra 11“, „Das Traumschiff“) stellt das Frauen-Trio ein derart turbulentes, dichtes, mit Situationskomik und Gruseleffekten durchzogenes Spiel auf die Bühne, dass es mehrmals Zwischenapplaus gab und großes Gelächter im Publikum.

Theaterkritik: Gruselig und brüllend komisch: Drei Frauen begeistern

Gerit Kling spielte Annabel, die überlegene, ältere Schwester, die kluge, schlanke und schöne Frau, die gerade einen Herzinfarkt überlebte, sich von ihrem prügelnden Ehemann befreit hatte, mit ihrem Geschäft pleite gegangen und nun arbeits- und obdachlos war. Kurzum: zum Wrack geworden war.

Mackie Heilmann gab Annabels kleine Schwester Miriam, erst als verfressene Heulsuse, dann wieder als um Liebe greinende Frau, um anschließend kalt eine Krankenschwester umzubringen – offenbar nicht ihr erster Mord. Noch so ein Wrack.

Slapstickeinlage mit akrobatischer Leistung

Schließlich Astrid Rashed als Krankenschwester Alice, die sich nach dem Tod des tyrannischen Vaters, den sie pflegte, als Erpresserin entpuppte und eine Unsumme Geld forderte – denn sie wusste, dass Miriam ihren Vater mit einer Überdosis in Jenseits befördert hatte.

Astrid Rashed spielte Alice als Intrigantin, erst falschfreundlich, dann eiskaltes Luder. Ist sie die Schlange? Viel Beifall erhielt Rashed für ihre nahezu akrobatische Leistung, als sie scheinbar volltrunken Saltos über das Terrassengeländer schlug und schließlich kopfüber von Miriam in den Brunnen befördert wurde und ertrank.

Witz, Ironie und rasante Dialoge

Oder hatte sie überlebt? Das Publikum war hellauf begeistert von dieser stürmischen Slapstick-Nummer. Krasser Klamauk, aber eben auch urkomisch – und die drei Schauspielerinnen hatten derbes Vergnügen am Übertreiben dieser Szenen.

Das Stück war voller Witz und Ironie, die Schauspielerinnen nutzten die rasanten, mit Pointen gespickten Dialoge geschickt aus. Eulenrufe, ein bedrohliches Plipp-Plopp wie von Tennisbällen, Rascheln und Wispern aus dem dunkel dräuenden Garten und eine geigende Sensenfrau sorgen für Gänsehaut.

Theaterkritik: Abgründe des Familienlebens werden thematisiert

Doch Autor Alan Ayckbourn bringt in dem Krimi neben Klamauk und Thrillerspannung auch gesellschaftskritiksche Aspekte unter, thematisiert die Abgründe einer Familie, das gestörte Verhältnis der Schwestern zueinander, der tyrannische Vater, der seine älteste Tochter psychisch und physisch quälte und die jüngste als eine Art Bestrafung missbrauchte.

Und dem es dabei sogar gelang – wie vielen Missbrauchstätern – dass sich das Opfer schuldig fühlte. So fragte Miriam, ob denn missbräuchliche Liebe nicht besser sei als gar keine Liebe. Das spielt Mackie Heilmann derart intensiv – es war der gruseligste Moment des Stückes.