Norderstedt. Gewerbetreibende leiden unter der Sperrung der Bundesstraße 432 in Norderstedt. Was Anwohner und Pendler sagen.
Sie ist eine der wichtigsten Verkehrsadern in Norderstedt: die Segeberger Chaussee. Jetzt ist die Bundesstraße 432 erneut monatelang für den Verkehr komplett gesperrt. Zwischen der alten Feuerwache in Glashütte und der Müllerstraße ist kein Durchkommen – voraussichtlich bis zum Frühjahr nächsten Jahres, heißt es aus dem Norderstedter Rathaus. Die Verwaltung rät deshalb, den Bereich weiträumig zu umfahren, da auch die Straßenzüge rundherum stark belastet seien.
Für die Anwohner und Gewerbebetriebe in diesem Bereich stellt die Baustelle eine erhebliche Einschränkung dar, wie eine spontane Umfrage des Abendblattes vor Ort ergab. „Es ist absolut tot. Wir sind jetzt seit zwei Monaten stark eingeschränkt“, sagt Ivo Berendsen, Inhaber eines Automobilhandels, der hier seit 2004 existiert.
Segeberger Chaussee: “Eine Katastrophe, hier fährt keiner mehr vorbei“
Die gesamte Vorderseite zur B432 ist komplett abgesperrt und nur notdürftig zu Fuß zu erreichen. Nur über die rückseitige Mittelstraße könne der Betrieb zurzeit von den Kunden angefahren werden. „Es ist eine Katastrophe. Hier fährt keiner mehr vorbei“, ärgert sich der Geschäftsmann. „Aber die Stadt macht ja, was sie will. Ich wundere mich nur, warum sie solche Baustellen immer im Herbst anfangen statt im Frühjahr.“
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Das war im Vorjahr auch der Fall, als der östlichere Abschnitt der Segeberger Chaussee gesperrt gewesen sei. Jetzt bestünde erneut die Gefahr, dass durch einen harten Winter alle Bauarbeiten verzögert werden könnten“, warnt Berendsen. „Aber ich bin ja nicht der Planer. Sonst würde ich sagen: Fangt im März damit an.“
Segelmacher: „Haben nicht so viel Laufkundschaft“
350 Meter weiter südöstlich an der Müllerstraße, wo die Baustelle beginnt, ist die Stimmung etwas besser. „Wir haben nicht so viel Laufkundschaft“, sagt Segelmacher Sven Lindstädt. Darum träfe ihn die Verkehrsbehinderung nicht so sehr. „Wir haben viele Stammkunden“, sagt er. Die nähmen offenbar auch ein paar Umwege in Kauf, um ihn zu erreichen. Das sei bei anderen Betrieben vielleicht nicht so der Fall.
Auch der Heizungs- und Sanitärbetrieb Bädertechnik an der Segeberger Chaussee ist komplett abgesperrt von der Baustelle. „Wir sind zurzeit nur zu Fuß zu erreichen“, sagt Mitarbeiter Carsten Runge. Das sei zwar schwierig. „Aber es geht eigentlich.“ Sein Unternehmen sei ja auch oft auf Baustellen tätig. Insofern habe er ein gewisses Verständnis dafür, dass hier gebuddelt und gearbeitet werden müsse.
Anwohnerin muss jetzt einen anderen Bus zur Arbeit nehmen
Auch bei den meisten Anwohnern hält sich der Ärger in Grenzen. So muss die Ukrainerin Galina Seewald jetzt zwar vom ZOB in Glashütte einen anderen Bus nehmen, um zur Arbeit nach Poppenbüttel zu kommen. Das sei aber nur eine Verzögerung von fünf Minuten, „wenn der Bus keine Verspätung hat“, was allerdings häufiger vorkomme.
Christa Stöver aus Langenhorn freut sich dagegen, dass überhaupt der Glashütter Markt wieder mit dem Bus zu erreichen ist. Das war von März bis August nicht möglich, als der ZOB barrierefrei ausgebaut wurde und die Endhaltestellen der Linien 493 und 192 an die Tangstedter Landstraße verlegt waren. „Da musste ich weit laufen, um zu meinem Supermarkt zu kommen“, sagt die 83 Jahre alte Dame, die mit dem Rollator unterwegs ist und ihre Einkäufe gern in Glashütte erledigt.
Rentner: „Mussten lange Umwege laufen“
„Wir fahren oft mit dem Bus und mussten lange Umwege laufen“, ärgert sich auch das Rentner-Ehepaar Ursula und Erwin Schultze, das seit 20 Jahren in Glashütte lebt. Auch der gebürtige Österreicher Erwin Fellner, der seit 23 Jahren im 14-stöckigen Hochhaus in Glashütte an der B432 lebt, nervte der Umbau des ZOB mehr als die jetzige Baustelle.
„Da musste ich immer zur Poppenbütteler Straße runterlaufen“, sagt der 83 Jahre alte ehemalige Seefahrer eines Forschungsschiffes. Das habe ihn immer ganz schön angestrengt, sagt der Mann, der wegen eines Unfalls schnell aus der Puste gerät. „Jetzt kann ich ja wieder überall hin. Schön, dass der Busbahnhof wieder läuft.“
Norderstedterin: „Der Weg ist mein Ziel“, Umwege stören sie nicht
Auch der gebürtige Iraner Hamid Abdullah muss jetzt durch die Baustelle vor seiner Haustür Umwege in Kauf nehmen. Das sei manchmal schwierig, weil er nicht mehr so gut zu Fuß sei, sagt der Mann und schmunzelt. So schlimm sei es aber nicht. Ähnlich sieht es Shaghayegh Sharfi. „Mich stört die Baustelle nicht. Ich komme überall hin“, sagt die Iranerin.
Und Elke Just-Margull (75), die vor einigen Jahren aus Brandenburg nach Norderstedt umgezogen und leidenschaftliche Radfahrerin ist, sagt lachend: „Der Weg ist mein Ziel.“ Sie radle jeden Tag 20 bis 40 Kilometer mit ihrem E-Bike, um sich fit und gesund zu halten. Da schränke sie höchstens ein, dass sie sich noch nicht überall so gut auskennt. „Aber jetzt hat mir mein Sohn eine Navigations-App auf mein Handy geladen.“
Sperrung Segeberger Chaussee: Noch bis März oder April wird gebaut
Die Baustelle wird voraussichtlich noch bis März oder April den Verkehr an der Segeberger Chaussee einschränken, heißt es aus dem Rathaus. Die Versorgungsleitungen für Strom, Wasser und Gas sowie der Straßenbelag werden hier für etwa 1,5 Millionen Euro erneuert. Es wird aber wohl nicht das letzte Mal sein, dass diese wichtige Verkehrsader abgekoppelt sein wird. In den nächsten Jahren soll die Segeberger Chaussee bis zum Knoten Ochsenzoll abschnittsweise erneuert werden