Norderstedt. Im Prozess gegen Bande von Drogen-Dealern, die einen Koks-Lieferservice im Kreis Segeberg aufgebaut hatte, ist nun das Urteil gefallen.
Zu sechs Jahren Freiheitsstrafe wegen bandenmäßigen Drogenhandels hat das Kieler Landgericht am Mittwoch den Chef (26) der in Norderstedt agierenden „Koks-Taxi“-Bande verurteilt. Sein wichtigster Komplize (40) muss für drei Jahre in Haft. Er hatte laut Urteilsbegründung des Vorsitzenden Carsten Tepp sofort nach der Festnahme „ein Musterbeispiel an Aufklärungshilfe“ geleistet. Diese schlug jetzt strafmildernd zu Buche.
Im Dezember war die Bande aufgeflogen. Hunderte von Konsumenten im Kreis Segeberg kannten die heiße Handynummer der Drogenlieferanten, unter der man seit April 2021 wie beim Pizza-Service über WhatsApp Stoff in 50-Euro-Portionen bestellen konnte.
Urteil: Chef des „Koks-Taxis“ aus Norderstedt muss 6 Jahre in Haft
Das Treiben der Bande blieb der Polizei nicht lange verborgen: Bald lief der im Raum Norderstedt gestartete Service unter staatlicher Aufsicht ab. Nach Anruf kam ein Fahrer mit einer Auswahl vorgepackter Portionen Kokain, Cannabis, Amphetamine oder Ecstasy-Pillen ins Haus.
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In dem seit Mitte August laufenden Prozess hatten alle fünf Angeklagten Geständnisse abgelegt. Ihre Kooperationsbereitschaft wertete das Gericht strafmildernd. Allein beim Boss der Bande sah die Kammer keinen minderschweren Fall: Der 26-Jährige, der den Zustell-Service organisiert und kontrolliert hatte, nahm laut Urteil mindestens 183 000 Euro ein. Diese Summe wird von Staat als Wertersatz eingezogen.
183.000 Euro soll der Bandenchef erwirtschaftet haben
Weitere hohe Geldbeträge soll der aus Kaltenkirchen stammende Hauptangeklagte ins Ausland transferiert haben. Deshalb und wegen seiner Führungsrolle lehnte die Kammer den Antrag auf Außervollzugsetzung seines Haftbefehls ab. Der junge Vater und seine wie immer im Publikum sitzende Verlobte reagierten sichtlich betroffen, die Frau brach in Tränen aus. Beide waren während der U-Haft Eltern eines gemeinsamen Kindes geworden.
Die Mittäter dagegen dürfen bis zum Antritt ihrer Strafhaft auf freiem Fuß bleiben. Bei ihnen sieht die Kammer keine Fluchtgefahr mehr. Ihre untergeordneten Tatbeiträge spiegeln sich in den deutlich geringeren Summen (zwischen 930 und 10.000 Euro), die sie für ihre Dienste bekamen. Eine „Randfigur“ (41) der Bande ließ die Kammer mit Bewährung ziehen.
Gericht: Kiloweise Marihuana, Kokain und Ecstasy-Pillen wurden angeboten
Das Verfahren gegen den ebenfalls geständigen „Schreiber“ der Bande wurde vom Gericht abgetrennt, weil sein Verteidiger beim gestrigen Termin verhindert war. Für den 27-Jährigen verkündet die 5. Strafkammer am heutigen Donnerstag ein eigenes Urteil. Für ihn hatte der Staatsanwalt vier Jahre und drei Monate gefordert.
Laut Urteil ging es im Prozess um rund ein Kilo Kokain, acht Kilo Marihuana, drei Kilo Amphetamine und ein paar Hundert Ecstasy-Pillen. Erst am Dienstag hatte das Landgericht Hamburg gegen einen ähnlichen Lieferdienst in der Hansestadt trotz deutlich höherer Drogenmengen und Tatzeiträume mildere Strafen verhängt. Der Vorsitzende der Kieler Kammer wies auf das Parallelverfahren hin, enthielt sich jedoch einer Bewertung.