Kreis Segeberg. Kritik und Misstrauen schlägt Verbandsvorsteher Axmann entgegen. Was genau die Städte und Kommunen ihm vorwerfen.
Es knirscht weiter kräftig im Gebälk des Wegezweckverbandes (WZV). Streit herrscht zwischen dem Verbandsvorstand sowie den größeren und auch einigen kleineren Kommunen der 94 Mitgliedsgemeinden im Kreis Segeberg. Das wurde wieder einmal sehr deutlich auf der jüngsten Verbandsversammlung jetzt in Kisdorf.
Ein Dutzend der 62 anwesenden Vertreter, immerhin jeder fünfte, erteilte dem Verbandsvorsteher Peter Axmann keine Entlastung für das abgelaufene Geschäftsjahr. Zustimmung ist hier sonst reine Formsache – nun war es ein Misstrauensvotum.
Müllentsorgung: „Anmaßend!“ Streit zwischen WZV und Kommunen eskaliert
In der Sitzung kam es auch zur hochemotionalen Auseinandersetzung, die eskalierte, als Karin Honerlah aus Henstedt-Ulzburg Peter Axmann die „anmaßende Geschäftsführung“ vorwarf. Honerlah sagte, dass Axmann lieber nach „eigenem Gusto“ handeln würde als am Büttel der 106 Bürgermeister und politischen Vertreter aus dem Kreis Segeberg zu hängen. „Das sind ja verschwörungstheoretische Vorwürfe, die hier im Raum stehen“, konterte Axmann. Honerlah will jetzt die Kommunalaufsicht des Kreises einschalten.
Auf dem Papier sehen die bloßen Geschäftszahlen 2021 des Verbandes zurzeit recht gut aus. Der WZV bewerkstelligt die Abfall- und Abwasserentsorgung und Straßenunterhaltung für alle Städte und Gemeinden im Kreis Segeberg außer Norderstedt. Der Umsatz sei im vergangenen Jahr von 44,2 auf 46,9 Millionen Euro angewachsen. Der Jahresüberschuss sei von 480.000 Euro in 2020 auf 1,8 Millionen Euro gesteigert werden. Bessere Zahlen konnte Axmann in seiner erst dreijährigen Amtszeit bisher nicht vorweisen.
Axmann sieht bei Honerlah Verschwörungstheorien
Der Ärger der Verbandsmitglieder entzündete sich an der Bezeichnung der Gesellschaftsform im Jahresabschlussbericht, die da lautete: „Wege-Zweckverband der Gemeinden des Kreises Segeberg WZV Entsorgung GmbH Co. KG“. Letzteres, als GmbH und Co KG, ist falsch. Axmann beeilte sich zu betonen, dass dies korrigiert werden müsse, ließ es im Protokoll ändern und mehrheitlich dann so beschließen.
Doch die Aufregung war weiterhin groß. Denn für Henstedt-Ulzburgs Gemeindevertreterin Karin Honerlah steckte dahinter Kalkül und kein Versehen des Verbandsvorstandes. Denn dieser hat in seinem Lagebericht offene Kritik an den langwierigen Entscheidungswegen der Verbandsversammlung geäußert und diese sogar als Geschäftsrisiko bezeichnet.
Gemeindevertreter fühlen sich vom Verband übergangen
So sei es im Berichtsjahr „wiederholt zu erheblichen Abweichungen in der Beschlussfassung im Gremienlauf, insbesondere durch eine verstärkte Tendenz, Entscheidungen nicht zu treffen, sondern aufzuschieben“ gekommen, hieß es unter dem Punkt „wirtschaftliche Risiken“ wörtlich.
Dies führe zu einer „deutlichen zusätzlichen Entwicklungsverzögerung mit Auswirkungen auf Kosten und Ressourcenbelastung, die die Schlagkraft und die Innovationsfähigkeit und -geschwindigkeit des Verbands lähmt oder zumindest behindert“, hielt Axmann den Verbandsmitgliedern darin vor. Die Organisationsstruktur als Zweckverband würde „selbst im Optimalfall bereits eine gewisse Schwerfälligkeit mit sich bringen, von einem Vergleich mit privatwirtschaftlich geführten Unternehmen ganz zu schweigen.“
Axmann bezeichnet den Zweckverband als schwerfällig
Kritisch im Sinne einer Risikobewertung werde es für den WZV, „wenn wirtschaftlich oder rechtlich notwendige Entscheidungen verschleppt werden, was aufgrund der beobachteten aktuellen Entwicklung nicht ausgeschlossen werden kann“, heißt es in dem Lagebericht des Verbandsvorstehers.
Die Verwaltung strebe deshalb „eine noch bessere inhaltliche und kommunikative Vorbereitung der Beschlussfassungen an, um dieses Risiko zu reduzieren“, so Axmann. „Im Extremfall wird der Verbandsvorsteher verpflichtet sein, zur Verhinderung schwerwiegender Nachteile oder Gesetzesverstöße auf der Grundlage seiner satzungsgemäßen Eilentscheidungsbefugnis zu handeln.“
„Sie haben unsere Beschlüsse umzusetzen und nichts anderes!“
Axmann befinde sich im falschen Film, kritisierte Karin Honerlah. „Das ist anmaßend. Sie drehen am völlig falschen Rad, Herr Axmann. Sie haben unsere Beschlüsse umzusetzen und nichts anderes.“ Auch Bad Segebergs Bürgermeister Toni Köppen bewertet diese unverhohlene Kritik an der Verbandsversammlung als Misstrauensvotum des Verbandsvorstehers.
„Wenn das von der Verbandsführung so gesehen wird, tue ich mich schwer, ihr Vertrauen entgegenzubringen“, kritisierte Köppen und erhielt reichlich Beifall für seine Äußerung aus der Versammlung. „Denn unsere Aufgabe ist es, die richtigen Entscheidungen für unsere Bürgerinnen und Bürger zu treffen“, betonte Köppen.
Bürgermeister wollen Entscheidungen des WZV nicht nur abnicken
Auch Karin David, Bürgermeisterin aus dem 46 Einwohner kleinen Dorf Dreggers im Amt Trave-Land, schloss sich der Kritik an. „Der Vorwurf, wir würden die Entscheidungen in die Länge ziehen, ist nicht freundlich. Ich kann hier als Bürgermeisterin nicht einfach die Beschlussvorlagen abnicken.“
Auf Nachfrage sagt Axmann, dass er frühestens „mittelfristig“ in fünf bis zehn Jahren eine Änderung der Verbandsstruktur anstrebe. Vorher sei das bestimmt nicht durchzusetzen. Aber ein mittelständisches Unternehmen wie der WZV mit 330 Beschäftigten müsse schneller und berechenbarer handeln und entscheiden können, fordert er. „Die Organisationsstruktur muss zielführender, effizienter und wirtschaftlicher werden.“
Deponie könnte zum Millionengrab für den WZV werden
Aber auch noch andere Risiken schlummern beim WZV. Das legte der Hamburger Wirtschaftsprüfer Andreas Swinka in seinem Bericht offen. So müsse die Abschreibung für die Deponie Damsdorf/Tensfeld, die das Umweltministerium vor einem Jahr behördlich stillgelegt hat, dringend mit höheren Beträgen in Millionenhöhe abgeschrieben werden. Denn sonst drohe dem WZV, wenn das Land im nächsten Jahr den Antrag auf Erweiterung der stillgelegten Deponie ablehnen sollte, kurzfristig 44 Millionen Euro für die Nachsorgekosten der Deponie aufbringen zu müssen.
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Und auch der anhaltende Rechtsstreit mit der Stadt Norderstedt über die Anlieferung der Hausmüllabfälle aus Norderstedt zum Recyclinghof an der Oststraße, den der WZV seit 2021 allein betreibt, könnte dem Verband noch teuer zu stehen kommen, warnte der Wirtschaftsprüfer.
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„Zum Bilanzstichtag sind hieraus offene Forderungen in Höhe von 907.000 Euro entstanden“, heißt es in seinem Bericht. So besteht die WZV-Führung weiterhin darauf, dass er allein bis 2050 für die Entsorgung der Norderstedter Restabfälle zuständig sei und die Stadt diese Entsorgungskosten vollständig zu übernehmen habe.
Doch Norderstedt teile diese Rechtsauffassung nicht und leiste „nur anteilige Kostenerstattungen, indem bislang lediglich die externen Entsorgungskosten erstattet wurden, nicht aber die Kosten des Umschlags, des Transports sowie zugehöriger Gemeinkosten“, so der Wirtschaftsprüfer Swinka.