Norderstedt. Stadtvertretung fasst endgültigen Beschluss. Was sich die Stadt von dem fast 50 Millionen Euro teuren Bau verspricht.
Nicht mehr lange, dann werden an der Europaallee neben dem Herold-Center wohl Bäume gefällt werden und die Bagger anrollen – die ersten Schritte zum Bau des „Leuchtturmprojektes“ der Norderstedter Stadtentwicklung, das Bildungshaus.
Die Stadtvertretung hat mit einem klaren Votum von 32 Ja- und drei Nein-Stimmen (AfD, Volker Schenppe) und einer Enthaltung (CDU) den Bau des Hauses beschlossen, das die Stadtbücherei Garstedt, die Volkshochschule und das Stadtarchiv zusammenfassen soll.
Bauprojekt: Einzigartig in Deutschland – Norderstedt baut Bildungshaus
Die Politik hat damit auch Ja zu den Kosten des nach Einschätzung der Stadtverwaltung in Deutschland einzigartigen Gebäudes gesagt. Trotzdem seriöse Kostenschätzungen im derzeit turbulenten Bausektor kaum möglich sind. Die Stadt und die Entwicklungsgesellschaft Norderstedt (EGNO), die das Projekt umsetzt, beziffern die Investitionskosten auf 47.458.000 Euro – einschließlich der nach heutigem Wissensstand angenommenen Kostensteigerung.
Dafür bekommt die Stadt Norderstedt einen „demokratischen Ort, ein Zentrum für gemeinsame Aktivitäten, ein Raum, der den sozialen Zusammenhalt fördert und Identität stiftet“, wie es Dieter Powitz, Amtsleiter für Bildung und Kultur in der Beschreibung des Projektes ausdrückte.
Der „Dritte Ort“ – ein Treffpunkt für die Stadtgesellschaft
Das Bildungshaus sei das erste Projekt in Deutschland, das das Konzept des sogenannten „Dritten Ortes“ von Stunde Null an konsequent denkt und umsetzt, so Powitz. Unter jenem „Dritten Ort“ versteht man Orte der Gemeinschaft, die einen Ausgleich zu Familie und Beruf bieten.
„Das Haus soll ein inspirierendes, aktivierendes Lernangebot bieten, ein Ort des öffentlichen Lebens, ein Bildungsort im besten Sinne, auch ein Treffpunkt für die Nachbarschaften sowie ein Ort der Kultur – mit Wirkung für die gesamte Stadt und über ihre Grenzen hinaus“, sagte Powitz.
Das Umfeld am Adenauerplatz wird aufgewertet
Umgesetzt wird das Haus nach einem Entwurf des Architekturbüros Richter Musikowski aus Berlin. Entstehen wird ein dreigeschossiges Haus, das sich optisch aus drei Teilen zusammenfügt, mit einer modernen, hellen Holzfassade und einem begehbaren Dach.
Der derzeit triste Adenauerplatz vor dem Gebäude, im Übergang zum Coppernicus-Gymnasium, wird in die Planung einbezogen und aufgewertet. Das Bildungshaus wird in seinem Erdgeschoss ein Café haben. Alles, was dem Bau nun vorerst weichen muss, entsteht neu: Ein Spielplatz, ein Bolzplatz und die Parkanlage, mit neuen Wegebeziehungen, die sich zum Willy-Brandt-Park hin öffnen.
Neben dem Bildungshaus entstehen Wohnungen
Sobald die alte Bücherei Garstedt ins Bildungshaus einziehen kann und das alte Bibliotheksgebäude abgerissen wird, soll auf dem Grundstück Wohnungsbau umgesetzt werden.
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- Das Bildungshaus soll bis 2020 fertig sein
Wann die Arbeiten starten, ist noch unklar. Im Juni hatte die Entwicklungsgesellschaft angekündigt, dass – vorbehaltlich des endgültigen Beschlusses – im Herbst die vorbereitenden Baumaßnahmen beginnen können, also die Baufeldfreimachung, die Baustelleneinrichtung und die Vorbereitung der Baugrube. Mit einem Baubeginn rechnete die EGNO ab April 2023, Powitz nannte den Sommer 2023 als Zeitpunkt für den ersten Spatenstich – und den 25. April 2025 als Fertigstellungsdatum. Ob dieser Zeitplan zu halten ist, ist unklar.
Bauprojekte: Ursprünglich sollte das Haus nur 9,8 Millionen Euro kosten
Es sind nicht die ersten Unabwägbarkeiten in der Entstehungsgeschichte des Bildungshauses. Ex-Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote hatte in seiner letzten Amtsperiode – vor seinem Abgang als Innenminister in die Regierung Günther nach Kiel – das Bildungshaus als Idee und „Leuchtturmprojekt“ 2017 aus der Taufe gehoben. Die Diskussionen um ein kulturelles Zentrum für Garstedt liefen davor schon seit 2009.
Grote hatte sich einen ambitionierten Zeitplan gesteckt. Er wollte das einzigartige Haus schon zum Stadtjubiläum 2020 in die Höhe ziehen und quasi als Geburtstagsgeschenk an die Stadt einweihen. Und das ganze zum Fix-Preis von 9,8 Millionen Euro. Die Rechnung war nämlich, dass die Stadt die ehemalige Sprachheilschule und das Grundstück an der Dunantstraße (heute von der Volkshochschule genutzt) veräußert und dabei eben jene 9,8 Millionen Euro erlösen sollte. Schnell stellte sich aber heraus, dass ein Bildungshaus mit Anspruch weder in der kurzen Zeit noch für 9,8 Millionen Euro umsetzbar sein würde.