Norderstedt . Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote will die Planung des Leuchtturmprojektes beschleunigen. 9,8 Millionen Euro kostet das Haus.

Das Norderstedter Bildungshaus ist das aktuelle Leuchtturm-Projekt für Norderstedt. Auf der Fläche der Stadtbücherei in Garstedt, direkt neben dem Herold-Center, soll bis 2020 das 9,8 Millionen Euro teure Haus entstehen, in dem Volkshochschule und Stadtbücherei gemeinsam einen „futuristischen Lernort“ entwickeln sollen, der einzigartig in Schleswig-Holstein und vielleicht auch darüber hinaus ist, wie es Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote sagt.

Doch der Verwaltungschef, der seit 1. Januar auch den Bereich Kultur in seinem Dezernat bearbeitet, hat nun arge Zweifel, ob der Zeitplan für das ambitionierte Projekt zu halten ist. „Wir müssen uns jetzt entscheiden, ob wir das Projekt bis zu 50-Jahr-Feier der Stadt Norderstedt im Jahr 2020 fertigstellen wollen. Wenn ja, dann müssen wir jetzt mal richtig Gas geben.“

Der Architektenwettbewerb soll entfallen

In einer Beschlussvorlage an den Hauptausschuss hat Grote konkretisiert, was „Gas geben“ im Fall des Bildungshauses bedeutet. Der ursprünglich geplante, groß angelegte Architektenwettbewerb soll entfallen. Büros aus ganz Deutschland sollten sich bewerben und eine Jury die interessantesten Bewerber aussuchen, die dann wiederum um den Siegerentwurf ringen. Grote: „Wenn wir dieses zweistufige Modell anwenden, schaffen wir das nie mit der Eröffnung bis 2020.“ Grotes pragmatischer Vorschlag: Vier bis fünf renommierte Büros um Entwürfe bitten und dann entscheiden. „Ich halte die Zahl der infrage kommenden Architekturbüros in der Region bei diesem Projekt für endlich.“ Priorität soll der Fertigstellungstermin am 1. Mai 2020 haben.

Die Frage ist, warum die Stadtverwaltung gerade jetzt die Planung umstößt, nachdem sie mit der Politik über die vergangenen Monate um die Umsetzung des Bildungshauses gerungen hatte. Nur ein Teil der Antwort auf diese Frage ist Grotes Wunsch, den Bürgern und der Öffentlichkeit zum Stadtjubiläum ein schillerndes Zukunfts-Projekt zu präsentieren. Der andere Teil ist die Erkrankung des Leiters der Norderstedter Bildungswerke, Manfred Philipp, der in seiner Funktion gleichsam Bauherr des Bildungshauses ist. Philipp ist seit mehr als einem halben Jahr nicht mehr einsatzfähig. Und ungewiss ist, ob er wieder ins Amt zurückkehren wird.

Die Bildungswerke sollen aufgelöst werden

Grote hält es in dieser Situation für sinnvoll, den gesamten Verwaltungsbereich Bildungswerke in der Verwaltung neu zu ordnen. Er schlägt vor, die erst 2008 gegründeten Bildungswerke aufzulösen und Philipp als Werkleiter abzuberufen. „Das ist keine Kündigung, er wäre weiterhin Mitarbeiter der Verwaltung“, sagt Grote.

Aus Sicht des Oberbürgermeisters sind die Bildungswerke, unter dessen Dach die Volkshochschule und die Stadtbücherei zusammengefasst wurden, ein Kunstbegriff, der sich nie beim Bürger durchgesetzt hat. „Für die Bürger gibt und gab es immer nur die Volkshochschule und die Bücherei“, sagt Grote. „Da ist es mir, ehrlich gesagt, zu teuer, zusätzliches Personal vorzuhalten, um diesen Kunstbegriff weiterzuentwickeln.“

Ursprünglich sollten die Bildungswerke unter anderem auch dafür sorgen, den Weiterbildungsangeboten der Volkshochschule ein wertigeres Image zu verpassen. Angeblich war es manchen Unternehmen zu piefig, wenn Mitarbeiter teure und staatlich anerkannte Fortbildungen in Norderstedt machten und unter den Zertifikaten nur Volkshochschule stand. „Nomen est omen“, sagt Grote. Ein weiterer Grund für die Organisationsform Bildungswerke sei die Transparenz in den Haushalten der beiden Einrichtungen Volkshochschule und Stadtbücherei gewesen. Doch im Gegensatz zu 2008 müssen heute alle Bereiche der Stadtverwaltung nicht nur Einnahmen-Ausgaben-Übersichten, sondern Wirtschaftspläne mit Ergebnis- und Finanzrechnung vorlegen. Für Transparenz braucht es 2017 also kein Bildungswerk mehr.

Mit der Auflösung des Werkes würde der Kulturdezernent Grote auch das Konstrukt kassieren, das unter der Führung der Kulturdezernentin Anette Reinders für den Bau des Bildungshauses zustande kam. Damit der „Kunstbegriff“ Bildungswerke als Bauherr auftreten konnte, wurden dem Eigenbetrieb der Stadt die städtischen Grundstücke an der Dunantstraße und der Europaallee als Sondervermögen überschrieben. Nun die Rolle rückwärts: Alles soll bei der Stadt bleiben, auch die Bauherrschaft.

„Ich würde mir sehr wünschen, dass wir den Bürgern im Bildungshaus 2020 zur 50-Jahr-Feier der Stadt schon Ausstellungen in diesem neuen und zentralen Treffpunkt anbieten können.“ Er hofft, dass die Politik seinem Vorschlag folgt. „Es kann aber auch sein, dass sich die Parteien entschließen, in Ruhe einen Architektenwettbewerb zu veranstalten und die 50-Jahr-Feier ohne das Bildungshaus zu begehen.“

Der Hauptausschuss beschäftigt sich in seiner öffentlichen Sitzung am Montag,
3. April, von 18.15 Uhr an im Sitzungsraum 2 des Rathauses mit der Auflösung der Bildungswerk.