Bad Bramstedt. Bürgerinitiative versucht das Wohnbauprojekt aufzuhalten – Bürgermeisterin Verena Jeske findet klare Worte dagegen.
Alles auf Anfang in Bad Bramstedt. Das umstrittene Wohnbauprojekt Auenland-Quartier, das auf 26 Hektar entlang der Segeberger Straße bis zu 700 neue Wohneinheiten vorsah, ist jetzt zunächst auf Eis gelegt. Der Umwelt- und Planungsausschuss der Stadtverordnetenversammlung hat am Mittwochabend mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP die Beschlüsse zum B-Planverfahren vom Mai wieder zurückgenommen.
Damit habe die Bürgerinitiative „Unser Auenland“, die 1600 Unterschriften gegen das Bauvorhaben des Investors Deutsche Habitat aus Berlin sammelte, „genau das erreicht, was ihr Ziel war“, befand Bürgermeisterin Verena Jeske. Die Initiatoren widersprachen. Sie sind zwar zum großen Teil gegen jedwede Bebauung in diesem Grünzug im Osten der Kurstadt. Halten die Aufhebung des Planverfahrens aber nur für einen „Taschenspielertrick“, mit dem das Bürgerbegehren ausgehebelt werden soll.
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Denn der Investor Deutsche Habitat aus Berlin hatte ja schon angekündigt, mit einer Halbierung des bisher geplanten Baugebiets im Herbst einen neuen Anlauf für das Projekt starten zu wollen. „Wir werden verstärkt in den Dialog mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern treten“, sagte nach der Sitzung ein Sprecher des Investors. Man freue sich sogar über die Aufhebung des Beschlusses, teilte die Deutsche Habitat am Donnerstag mit, weil man mit der Halbierung des Projektes dem Willen der Bürgerinnen und Bürger folgen wolle.
Etwas irritiert zeigte sich zu Beginn der Sitzung der Ausschussvorsitzende Fritz Bredfeldt (Grüne) darüber, dass kein Vertreter der Deutschen Habitat zur Sitzung nach Bad Bramstedt gekommen war. „Das ist misslich“, befand er. Er hätte sich gewünscht, dass der Investor seine vor einem Monat der Verwaltung und Politik vorgestellten geänderten Pläne für das Auenland jetzt öffentlich dargelegt hätte, „damit die Geheimniskrämerei ein Ende hat.“
Investor will den Neuanfang auf halbierter Projektfläche
Der Investor wäre auch gerne gekommen, sagt ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage. Aber die Bürgermeisterin hielt dies nicht für eine gute Idee. „Heute geht es darum, ein Verfahren zu beenden. Es geht nicht darum, was kommt danach“, sagte sie vor den etwa 60 Zuhörerinnen und Zuhörern im voll besetzten Schlosssaal.
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Ursprünglich hatte ihre Verwaltung aber auch die Aufstellung eines neuen Bebauungsplanverfahrens für ein erheblich verkleinertes Baugebiet im Auenland vorgesehen. Doch das sei „ein Fehler“ gewesen, gestand Jeske ein. „Wo gehobelt wird, fallen Späne.“
Wohnungen für zuziehende Einwohner werden dringend benötigt
Zunächst werde jetzt der Investor mit Flugblättern, Zeitungsbeilagen, Aushängen und Veranstaltungen möglichst alle Bürgerinnen und Bürger über sein neues Vorhaben informieren, bevor ein neuer politischer Beschluss gefasst werden solle, erklärte die Verwaltungschefin. Eine Wohnbebauung in einer bestimmten Größe sei aber nach wie dringend notwendig für Bad Bramstedt, sagte Jeske.
So habe sie am Vormittag den Chef des Prothesenherstellers Waldemar Link getroffen, dessen Zentrale mit etwa 500 der weltweit 1200 Beschäftigten von Norderstedt in die Kurstadt verlagert werden soll. 30 Baugenehmigungsordner seien ihr gezeigt worden, die das Ansiedlungsinteresse dokumentierten. „Das ist ein großer Erfolg für unsere Stadt“, sagte Jeske. Und für all diese und andere Mitarbeitenden müsste es vor Ort Wohnungen geben.
CDU ist als einzige Partei gegen das Wohnbauprojekt
Was CDU-Fraktionschef Volker Wrage nicht glauben mag. Die Mitarbeitenden von Link würden ja nicht alle ihre bisherigen Wohnungen in Norderstedt und Umgebung aufgeben. Vielleicht gelte das für 100 Leute, mutmaßt er. Für die gebe es auch jetzt schon genügend Wohnraum. Zumal an der Bimöhler Straße oder am Großenasper Weg noch Platz für neuen Wohnraum vorhanden sei, der anders als im Auenland unproblematisch für Mensch und Natur wäre. Im Auenland könnte sich die CDU „nur eine ganz kleine Bebauung“ vorstellen, so Wrage.
Doch damit steht die CDU auf der politischen Bühne allein da. „Das Auenland-Quartier ist gut und sollte weiter verfolgt werden“, sagte Bredfeldt im Namen der Grünen. „Wir werden weiter zu diesem Wohnprojekt im Auenland stehen. Es ist dringend notwendig für unsere Stadt“, sagte SPD-Fraktionschef Jan-Uwe Schadendorf. Solche Projekte, die mit Geothermie, Nahwärme, Fotovoltaik und Solarthermie eine klimaschonende Energieversorgung planten, wie es die Deutsche Habitat vorhabe, ließen sich nur in einer bestimmten Größe des Baugebiets verwirklichen.
Bürgerinitiative bezeichnet Abbruch des Verfahrens als „Taschenspielertrick“
Verena Jeske sekundierte: „Wenn wir nur Nachverdichtung machen, wird uns kein Investor Kindergärten und eine neue Schule bauen. Das müssen dann weiterhin die Bürgerinnen und Bürger zahlen.“ Florian Schiefer von der Bürgerinitiative „Unser Auenland“ forderte – am Ende vergeblich – den Planungsbeschluss vom Mai nicht aufzugeben und stattdessen abzuwarten, bis die Kommunalaufsicht das Bürgerbegehren für rechtmäßig erklärt habe.
Er warf Verwaltung und der Mehrheit der Politik vor, nur taktisch vorzugehen, um das Bürgerbegehren auszuhebeln. „Das kündigt in der Tat den sozialen Frieden in Bad Bramstedt auf“, sagte er. Was Bürgermeisterin Jeske als „Kriegserklärung“ bezeichnete und betonte: „Wir machen keine Taschenspielertricks.“ Als solche hatte die Bürgerinitiative das Verfahren im Abendblatt tituliert.
Jeske warnte zudem die Bürgerinitiative mit dem Hinweis auf den Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung. Darin heißt es wörtlich: „Bürgerbegehren sind bei Bauleitplanungen, die Voraussetzung für den Krankenhaus-, Schul-, Kita- oder Wohnungsbau (wenn mindestens 30 Prozent der Wohnungen sozialer Wohnungsbau sind) oder zur Erzeugung regenerativer Energien sind, unzulässig.“ Und genau diese Anforderungen erfülle das geplante Wohnprojekt der Deutschen Habitat in Bad Bramstedt, sagte sie.
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Was der Investor bestätigt: „Auf einer deutlich kleineren Fläche unter Berücksichtigung der Biotopkatasterflächen wollen wir außer bezahlbarem Wohnraum Kinderbetreuung, Seniorenappartements, ein Pflegeheim sowie attraktive Freiflächen und Spielplätze mit einem modernen energetischen Konzept umsetzen.“
Die BI Auenland wiederum plane, die außerparlamentarische Opposition bei der Kommunalwahl im Mai nächsten Jahres zu beenden. „Wir überlegen, mit einer Wählergemeinschaft bei der Kommunalwahl anzutreten“, sagte BI-Sprecherin Antje Linden. „Wir wissen nur noch nicht, wie wir uns nennen sollen.“