Bad Bramstedt. Gegner des geplanten „Auenland-Quartier“ in Bad Bramstedt streben Bürgerentscheid an. Warum sie dem Investor nicht trauen.
Das „Auenland-Quartier“ – eines der größten und umstrittensten Bauprojekte in Schleswig-Holstein. Der Investor Deutsche Habitat plant in Bad Bramstedt den Bau Hunderter Wohneinheiten. Während die einen in der Rolandstadt den dringend benötigten Wohnraum begrüßen, fürchten die anderen den Verlust der kleinstädtischen Idylle Bad Bramstedts
Am Freitag hat der Protest gegen das geplante Wohnbau-Projekt nördlich und südlich der Segeberger Straße die nächste Hürde genommen. Antje Linden und ihre Mitstreiter von der Bürgerinitiative „Unser Auenland“ überreichten im Rathaus 1600 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern, die sich gegen die geplante Bebauung aussprechen. Rund 1050 Unterschriften hätten gereicht für das Bürgerbegehren „Rettet das Auenland“, um einen Bürgerentscheid gegen das Bauvorhaben der Deutschen Habitat aus Berlin anzustrengen.
Immobilien: „Taschenspielertrick!“ – Bürgerinitiative kritisiert Investor
Die Überreichung der Unterschriften stieß auf unerwartete Probleme und wurde von der Bürgerinitiative als Posse empfunden. Bürgermeisterin Verena Jeske war nicht im Haus. Sie war erst am Vorabend von der Bürgerinitiative informiert worden und hatte so schnell keinen Termin frei. Allerdings hatte sie auch niemand anderen im Rathaus zum Termin geschickt. Schließlich nahm eine Verwaltungsmitarbeiterin des Rathauses die Listen an – sie ließ sich den Karton mit den Unterschriften durch ein geöffnetes Fenster reichen.
Doch diese Unterschriften könnten möglicherweise schon bald wieder hinfällig sein. Denn der Investor hat mittlerweile auf die Kritik an der Größe des „Auenland-Quartiers“ reagiert und der Verwaltung und Politik neue Pläne vorgestellt. In diesen schrumpft das geplante Baugebiet um die Hälfte, von 26 auf nur noch etwa 13 Hektar.
Investor Deutsche Habitat will Projekt um die Hälfte schrumpfen
Der Ausschuss für Planungs- und Umweltangelegenheiten der Stadtverordnetenversammlung soll am kommenden Mittwoch, 13. September, den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan vom Mai wieder kassieren und zugleich einen neuen Beschluss mit der reduzierten Fläche fassen.
Die Bürgerinitiative bezeichnet das Vorgehen der Deutschen Habitat aber als „einen miesen Taschenspielertrick“. Nur dazu da, die Unterschriften ungültig zu machen und das Bürgerbegehren auszuhebeln. „Damit wird der sozialen Frieden in Bad Bramstedt aufgekündigt“, sagt Florian Schiefer, einer der Initiatoren des Protestes. Die Bürgerinitiative steuert weiter den Bürgerentscheid an. Es müsste eine Mehrheit gegen das Bauvorhaben stimmen und diese mindestens rund 2100 Stimmen stark sein.
Bürgerinitiative ist gegen jede Bebauung des im Auenland
„Wir sind grundsätzlich gegen eine Bebauung des Auenlandes“, sagt Schiefer. Das Bauland umfasse ein Überflutungs- und Feuchtgebiet, das nicht versiegelt werden dürfe. Es gebe genügend alternative freie Flächen in Bad Bramstedt, wie zum Beispiel am Fuhlendorfer Weg, sagte Schiefer.
Die angebliche Halbierung des Baugebiets, die der Investor jetzt vorschlage, sei nur eine „Mogelpackung“. Er verzichte nun auf eine Bebauung von Flächen, die ohnehin nur für „eine spätere Bebauung“ vorgesehen waren, kritisiert Schiefer. „An den bisherigen Plänen ändert sich bauplanungsrechtlich somit so gut wie nichts.“
Neuer Bebauungsplan: Soll nur das Bürgerbegehren ausgehebelt werden
Entsprechend sei auch kein neuer Beschluss über den Bebauungsplan notwendig, argumentiert die Bürgerinitiative. „Diese Vorgehensweise der Verwaltung dient ganz offenkundig ausschließlich dazu, das Bürgerbegehren zu torpedieren.“ Das Kalkül: Neuer Beschluss – neue Unterschriftensammlung nötig. „Offenkundig haben hier einige Menschen furchtbare Angst vor der Entscheidung der Bürger“, vermuten Antje Linden und ihre Mitstreiter. Sie setzten nun ihre Hoffnung darauf, dass die Bramstedter Kommunalpolitik „derartige Winkelzüge nicht mitmacht.“
Mitte August hatte die Deutsche Habitat ihre reduzierten Pläne für das Bauvorhaben den Fraktionen in nicht öffentlicher Sitzung vorgestellt. Zwei Wochen später, am 31. August, sollte die Bürgerinitiative darüber informiert werden – ebenfalls hinter verschlossenen Türen. Diese Einladung habe man ausgeschlagen, sagt Antje Linden.
Bürgerinitiative lehnt Gespräche mit Investor ab – mit Politikern aber nicht
„Genau solche Hinterzimmer-Gespräche haben wir stets kritisiert. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht auf Transparenz in der Politik.“ Dazu gehöre, dass solche Planungen öffentlich vorgestellt, beraten und diskutiert werden müssten. Zumal die etwa 20-köpfige Bürgerinitiative ja kein gewähltes Gremium sei und somit über keinerlei Mandat verfüge, für die Bramstedter Bürgerschaft zu sprechen, betont Schiefer.
Die Deutsche Habitat kann diese Argumentation für die Absage des Runden Tisches nicht nachvollziehen. So hätten Vertreter der Bürgerinitiative zuvor sehr wohl Gesprächstermine mit dem Bundestagsabgeordneten Bengt Bergt und Bürgermeisterin Jeske wahrgenommen. „Das Treffen am 31. August hätte die nächste Bürgerinformationsveranstaltung auch gar nicht ersetzen, sondern nur den geforderten direkten Dialog ermöglichen sollen“, sagt ein Sprecher des Investors.
Immobilien: Deutsche Habitat will einen konstruktiven Dialog führen
Für die Deutsche Habitat stellen die überarbeiteten und neu vorgelegten Pläne für das Bauvorhaben durchaus ein Entgegenkommen auf die Kritik der Bürgerinitiative dar. „Das Signal des Bürgerbegehrens haben wir verstanden und auf die Kritik an der Größe des Baugebiets sofort reagiert“, teilt Jens Kulicke, Geschäftsführer Deutsche Habitat auf Nachfrage dazu mit.
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„Wir haben das bisherige Flächenkonzept angepasst und werden das geplante Baugebiet drastisch verkleinern. Auch werden wir die ausgewiesenen Biotope nicht bebauen. Auf Basis des großen Engagements der Bürgerinnen und Bürger hoffen wir nun auf einen konstruktiven Dialog. Unsere Türen stehen offen.“
Bürgermeisterin Verena Jeske schreibt dieses Umdenken des Investors den Aktionen der Bürgerinitiative zu, an die sie sich schriftlich wandte: „Das Engagement der Bürger ist beachtlich und zeigt, dass wir in einer lebendigen Stadt leben. Das Engagement hat dazu geführt, dass über den Sommer ein Umdenken stattgefunden hat: sowohl in Bezug auf die Größe des geplanten Wohnquartiers, als auch in der Art und Weise wie Bürger vor Ort mitgenommen werden. Das ist einzig und allein der Erfolg kritischer Bürger und damit auch der Bürgerinitiative.“
Der Planungsausschuss der Stadtverordnetenversammlung berät darüber öffentlich am Mittwoch, 14. September, von 19 Uhr an in Bad Bramstedt im Schlosssaal.