Bad Bramstedt. Über eines der größten Bauvorhaben Schleswig-Holsteins diskutiert ganz Bad Bramstedt. Nun meldet sich der Projektinvestor zu Wort.

Das „Auenland Quartier“ ist eines der größten Neubauvorhaben in Bad Bramstedt und in Schleswig-Holstein überhaupt. Ein neues Zuhause für bis zu 2000 Menschen soll dort an der Segeberger Straße auf 20 Hektar Fläche entstehen.

Neubauprojekt Bad Bramstedt: Auenland Quartier wird kontrovers diskutiert

In Bad Bramstedt wird kontrovers über das Thema diskutiert. Eine Bürgerinitiative sammelt Unterschriften, um einen Bürgerentscheid über das Projekt des Immobilien-Investors Deutsche Habitat zu erwirken. Im Abendblatt meldet sich jetzt der Investor des Projektes, Jens Kulicke zu Wort. Er ist Geschäftsführer der Deutschen Habitat.

Wie ist Ihr Wohnungsbauunternehmen auf Bad Bramstedt aufmerksam geworden?

Jens Kulicke, Geschäftsführer der Deutschen Habitat: Wir sind angesprochen worden, uns mit der Erweiterungsplanung des Klinikums Bad Bramstedt zu beschäftigen. Als wir unser Konzept Politik und Verwaltung präsentierten, kam eine Fraktion auf uns zu und lobte unsere Ansätze. Sie berichtete vom Entwicklungsgebiet für Wohnungsbau, für das die Stadt Grundstücke gekauft habe. Bad Bramstedt benötige dringend bezahlbaren Wohnraum – auch, weil insgesamt 360.000 Quadratmeter neue Gewerbegebiete für Neuansiedlungen von Unternehmen ausgewiesen wurden. Die Politik bat darum, dass wir uns mit der Entwicklung eines Wohnquartiers beschäftigen. Die Aufgabenstellung passte genau in unser Schema.

Nord- und südlich der Segeberger Straße wollen Sie dort das „Auenland Quartier“ entwickeln. Was genau planen Sie da?

Wir sind seit zwei Jahren in konkreten Gesprächen mit Politik und Verwaltung hinsichtlich der Anforderungen der Stadt. So sollten wir beispielsweise außer Wohnungen auch an Kita, Schule, Hotel und einen so genannten Pumptrack für Teenager denken. Das Grobkonzept sollte zudem mit Blick auf das neue Gewerbegebiet, wo sich unter anderem der Prothesen-Hersteller Link ansiedeln wird, entstehen. Dieses Konzept ist nach intensiver Abstimmung mit Politik und Verwaltung den Bürgerinnen und Bürgern Anfang Juni im Kurhaustheater vorgestellt worden.

Können Sie noch mal konkret sagen, wie groß die Grundstücksfläche ist und wie viele Wohneinheiten Sie planen?

Wie viele Wohneinheiten es sein werden, kann ich noch gar nicht genau sagen. Das gesamte Plangebiet umfasst eine Fläche von 187.500 Quadratmetern – also halb so groß wie die beiden neuen Gewerbegebiete in Summe. Die Fläche kann und soll selbstverständlich nicht komplett mit Wohngebäuden bebaut werden. Wie viele Wohneinheiten möglich sind, wollen wir im laufenden Prozess mit der Politik, Verwaltung, den Bürgerinnen und Bürgern herausarbeiten. Unser Grobkonzept hat aufgezeigt, wo Mietwohnungsbau in Geschossbauweise und wo ein Bildungscampus möglich wären, den die Stadt auf der Seite des Gewerbegebiets ansiedeln möchte. Das hat zu Diskussionen geführt. Wir befinden uns in einer sehr frühen Phase der Planung und haben die Bedenken aufgenommen.

Bad Bramstedt: Deutsche Habitat investiert in Neubauprojekt

Und die Fläche haben Sie bereits erworben? Wie viel Geld hat die Deutsche Habitat bereits in Bad Bramstedt investiert?

Über die genauen Zahlen möchte ich keine Auskunft geben. Aber mit den Fachgutachten und Ingenieuren, die wir einbinden, wird es ein sehr hoher Betrag sein. Das können Sie sich vorstellen. Das ist aber ein ganz normaler Prozess, den die Deutsche Habitat auch an anderen Standorten investiert.

Aber Sie haben sich diese rund 190.000 Quadratmeter Fläche in Bad Bramstedt gesichert?

Diese knapp 190.000 Quadratmeter hat die Deutsche Habitat erworben, ja.

Und darum wird es sicherlich ein Millionenbetrag sein, den Sie hier investiert haben?

Auf konkrete Inhalte unserer Verträge mit der Stadt möchte ich hier nicht im Detail eingehen.

Da ist von 8,5 Millionen Euro die Rede.

Sie bleiben hartnäckig. Dennoch nur so viel: Dass wir die Grundstücke, die von der Stadt im Vorfeld von ansässigen Landwirten angekauft wurden, nicht geschenkt bekommen oder unter Wert erwerben, ist Fakt.

Die Mitglieder von „Unser Auenland“ sammeln Unterschriften für den Bürgerentscheid in Bad Bramstedt.
Die Mitglieder von „Unser Auenland“ sammeln Unterschriften für den Bürgerentscheid in Bad Bramstedt. © Wolfgang Klietz

Die Vorstellung, dass mit bis zu 1000 Wohneinheiten bald 2000 zusätzliche Menschen in Bad Bramstedt leben werden, hat dort viele BewohnerInnen aufgeschreckt. Hat Sie dieser Widerstand überrascht?

Die Wohnungen schießen ja nicht wie Pilze aus dem Boden. Der Bau des Quartiers, welcher erst nach Baurechtschaffung beginnt, wird sich über fünf bis zehn Jahre erstrecken. Würden, sagen wir mal, 200 neue Wohnungen im Jahr entstehen, wäre dies im Verhältnis zu den etwa 15.000 Einwohnerinnen und Einwohnern von Bad Bramstedt doch sehr überschaubar. Allein die Firma Link wird ja mit bis zu 750 Mitarbeitenden nach Bad Bramstedt kommen. Wir hatten das den Fraktionen auch genau so erläutert und dafür über lange Zeit uneingeschränkte Unterstützung. Die einhellige Meinung war, dass Bad Bramstedt ein lebendiges Quartier braucht.

Das heißt also, dass aus der Bürgerschaft jetzt so ein Widerstand gekommen ist, hat Sie überrascht?

Die Politik und Verwaltung hat uns das jedenfalls nicht vorausgesagt. Aber eine kritische Debatte und Bürgerbeteiligung gehören bei einem solchen Vorhaben selbstverständlich dazu. Auch, dass manche Leute etwas gegen Veränderungen in der Stadt haben. In dieser frühen Phase ist uns die Diskussion durchaus willkommen, denn jetzt haben wir noch alle Möglichkeiten, Kritik und Anregungen zu berücksichtigen. Warum der Wohnungsbau überhaupt benötigt wird, ist möglicherweise nicht deutlich genug kommuniziert worden. Obwohl die SPD ja gerade noch mal betont hat, dass Bad Bramstedt aufgrund seiner Altersstruktur aufpassen muss, nicht auszusterben. Es müssten junge Leute in die Stadt geholt werden, um den Arbeitskräftebedarf zu decken.

Die Bürgerinitiative „Unser Auenland“ sammelt bereits fleißig Unterschriften für einen Bürgerentscheid gegen das Bauvorhaben. Fürchten Sie nicht, dass Ihr Wohnbauprojekt damit noch vor dem ersten Spatenstich scheitert?

Wir haben keine Angst vor Meinungsbildung. Und genau das ist die Unterschriftensammlung ja. Wir haben ein erstes Planungskonzept und werden jetzt all die Fragen und Vorschläge, die da kommen, aufnehmen. Die Planung wird noch mal auf den Prüfstand gestellt und kritisch hinterfragt, wo sie zu verändern ist. Braucht Bad Bramstedt beispielsweise wirklich jetzt ein Hotel, so wie es der Anforderungskatalog an uns vorsah? Auch können wir über die Dimension sprechen. Noch mal: Wir stehen am Anfang eines Prozesses und wollen auf Grundlage breiter Akzeptanz planen.

Bad Bramstedt: Anwohner haben Sorgen und Bedenken

Haben Sie Verständnis für die Sorgen und Bedenken der Anwohner, denen die Bebauung zu massiv und der Eingriff in die Natur zu groß erscheinen?

Das sind nachvollziehbare Sorgen. Wir reden über ein großes Projekt. Allerdings haben wir in der Gesamtplanung sehr viele Grün- und Freizeitflächen drin. Und allein für die Jugend sind 9000 Quadratmeter vorgesehen, die nicht versiegelt werden. Es werden Grünanlagen und Biotopflächen geschaffen. Klar ist aber auch, dass ein Quartier eine gewisse Größenordnung braucht, um es wie geplant autark mit Energie und Wärme zu versorgen. Die aktuelle geopolitische Lage zeigt, welche Bedeutung dies für die Zukunft hat. Und es geht auch um Reduzierung der so genannten zweiten Miete, also die für viele gerade explodierenden Mietnebenkosten. Da hilft nur eine unabhängige Energieversorgung.

Was könnten Sie denn den Gegnern anbieten: Gibt es noch Spielraum für eine Kompromisslösung?

Selbstverständlich. Darüber werden wir nach der Sommerpause mit Politik und Verwaltung sprechen. Mehr als 100 Fragen haben die Bürgerinnen und Bürger der Stadt und uns gestellt. Da geht es um die notwendigen Kitaplätze, aber auch um viele bautechnische Details, zu denen sich jetzt noch gar nichts sagen lässt. Die Menge an Fragen belegt das Informationsbedürfnis. Hier haben wir in der Vergangenheit offenbar zu wenig getan, das wollen und müssen wir ändern.

Bei der öffentlichen Vorstellung der Pläne im Kurhaus-Theater in Bad Bramstedt diskutierten mehr als 400 Bürgerinnen und Bürger mit der Politik und den Investoren. Bürgermeisterin Verena Jeske (vorne) warb für das Wohnprojekt.
Bei der öffentlichen Vorstellung der Pläne im Kurhaus-Theater in Bad Bramstedt diskutierten mehr als 400 Bürgerinnen und Bürger mit der Politik und den Investoren. Bürgermeisterin Verena Jeske (vorne) warb für das Wohnprojekt. © Burkhard Fuchs

Wie könnte ein Kompromiss aus Ihrer Sicht aussehen: Um wie viele Wohneinheiten wären Sie bereit, Ihr Vorhaben abzuspecken oder zeitlich in die Länge zu ziehen?

Darüber werden wir mit der Stadt diskutieren. Wir haben mit unserem Grobkonzept Zahlen genannt. Es kommt uns aber weder auf die Umsetzung 1:1 an noch darauf, die Grundstücke bis auf die letzte Ecke zuzupflastern. Es ist auch nicht in Stein gemeißelt, ob Mehrfamilienhäuser vier-, fünf- oder sechsgeschossig errichtet werden. Da gehen die Meinungen der Fraktionen ja auch auseinander und wir werden dies in den weiteren Planungen berücksichtigen.

Investor: Bestimmte Größenordnung für neues Quartier notwendig

Also wären es vielleicht 500 Wohneinheiten? Oder wo liegt hier die Schmerzgrenze nach unten?

Jetzt eine Zahl aus der Hüfte zu schießen, wäre unseriös. Wir wollen ja eben nicht etwas verbindlich vorgeben, sondern mit Befürwortern ebenso wie mit Kritikern und Skeptikern verstärkt inhaltlich in den Dialog treten. Wer grundsätzlich dafür ist, dass Bad Bramstedt nicht stehen bleibt, sondern sich mit neuem Wohnraum maßvoll verändern sollte, der ist eingeladen, mit der Stadt und uns konstruktiv zu diskutieren: Wie viel Wohnungsbau braucht und verträgt die Stadt in den nächsten Jahren? Um zukunftsweisende Themen wie Geothermie, Photovoltaik, hohe Energieeffizienz, ein Mobilitätskonzept, Pflegeeinrichtungen oder auch Angebote wie einen Bäcker für die schnelle Besorgung umzusetzen, ist eine bestimmte Größenordnung für so ein Quartier notwendig. Und über allem steht ja das Ziel, für den Durchschnittsverdiener bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Wenn Sie sagen, eine gewisse Größenordnung müsse es sein. Kann man die zahlenmäßig beschreiben?

Nein, das ist immer abhängig von einem Gesamtkonzept. Zentrale Versorgungseinrichtungen sind nur möglich, wenn das Quartier ausreichend groß ist. Dafür möchten wir einen Konsens ausloten, der den Bedarf deckt und auf breite Akzeptanz stösst.

Ich höre daraus, eine fünfgeschossige Bebauung muss es nicht sein. Muss das Quartier mit Hotel, Kitas und Schulen bebaut werden?

Kitas auf alle Fälle, dafür sind wir zuständig. Schule ist Thema der Stadt. Der Bedarf muss gedeckt werden. Hierzu werden wir unseren Beitrag leisten. Ob ein Hotel in dem Quartier am Ende Platz hat, gilt es auszuloten.

Wie geht es jetzt weiter? Werden Sie auf die Gegner oder die Bürgerinitiative zugehen und ihnen Zugeständnisse machen?

Wir erleben Menschen, die ihre Meinung äußern. Die einen mehr, die anderen weniger lautstark – und die große Masse schweigt. Was die Stadt plant, interessiert sicherlich alle Bürgerinnen und Bürger in Bad Bramstedt. Sie werden wir deshalb künftig sehr viel intensiver informieren und mitnehmen. Welche Form der Beteiligung wir anbieten, werden wir mit der Verwaltung besprechen. Wenn jemand sagt, Bad Bramstedt solle nicht weiter wachsen, es soll sein Dorf bleiben, werden wir diese Sichtweise nicht verändern können. Die Kritik an Hamburger Familien, die gern nach Bad Bramstedt ziehen würden, kommt unter anderem sogar von Leuten, die selbst mal von Hamburg nach Bad Bramstedt gezogen sind. Hier wünschen wir uns einen offenen, vor allem konstruktiven Dialog. Denn attraktiver bezahlbarer neuer Wohnraum wird auch von vielen Bad Bramstedtern gesucht, die sich verändern möchten. Die bisherige Nachfrage gibt uns ein Gefühl dafür, wie hoch der Bedarf da ist.

Was passiert, wenn der Bürgerentscheid Ihr Projekt zu Fall bringt? Sind Sie dann Ihre Investitionen los? Würden Sie zwei Jahre warten, bis die Politik es wieder anschieben könnte?

Der Politik und Verwaltung ist deutlich daran gelegen, Bad Bramstedt in eine positive Zukunft zu führen. Die Bedürfnisse in der Stadt sind ja da, wesentliche Gründe habe ich genannt. Aber wir müssen uns die Bedenken der Leute zu Herzen nehmen. Aus meiner Sicht sollte alles versucht werden, miteinander ins Gespräch zu kommen und nach Lösungen zu suchen. Ein kompletter Stillstand beim Wohnungsbau auf die nächsten Jahre ist doch sicherlich nicht im Interesse derjenigen, denen die Zukunft der Stadt am Herzen liegt.

Auenland Quartier soll Bedarf von Bad Bramstedt decken

Wenn das Auenland in Bad Bramstedt nicht baureif zu erschließen sein sollte, könnten Sie aber von Ihrer Investition zurücktreten?

Das ist eine hypothetische Situation, in der wir uns nicht befinden. Es wäre dann Aufgabe der Stadt zu sagen, wo sie Neubaugebiete alternativ sieht. Aber noch mal: Auf alle Themen und Fragen, die die Bürgerinitiative und andere Bürger vorgebracht haben, lohnt es sich einzugehen. Wir werden vermutlich nicht jeden überzeugen können, aber eine Mehrheit. Das ist unser Ziel. Dabei gebe ich zu bedenken, dass es darum geht, einen Bedarf zu decken, den Bad Bramstedt hat. Wird dies verhindert, hat das fatale Auswirkungen – wie auf neue Betriebe oder auch die Kliniken, die dann kein Personal mehr bekommen. Das kann die Mehrheit nicht wollen.

Welche Erfahrungen haben Sie und Ihr Unternehmen mit solchen Wohnbauprojekten?

Ich bin studierter Bauingenieur und Architekt und seit dem 1. Januar 2022 Geschäftsführer der Deutschen Habitat. Vorher war ich viele Jahre Geschäftsführer in der Landesbank Baden-Württemberg und habe dort den Bereich der Projektentwicklung geleitet. Die Deutsche Habitat hat sich zur Aufgabe gestellt, kostengünstigen Mietwohnungsbau zu entwickeln. Leitfragen dabei sind: Was gehört in neue, moderne Quartiere für jung bis alt? Was braucht es also von der Kita über Seniorenwohnen bis Pflegeheime? Wir planen mit kleinen Wohneinheiten für Singles. Aber auch Reihenhäuser für Paare mit Kinderwunsch und Familien. Ähnliche Projekte planen wir mit unserem erfahrenen Team an mehreren Standorten in ganz Deutschland.