Henstedt-Ulzburg. Schock für Patientinnen der Klinik in Henstedt-Ulzburg: Brust- oder Gebärmutterkrebs werden bald nicht mehr behandelt.

Schock für viele Krebs-Patientinnen in der Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg. Von der angekündigten Schließung der Geburtshilfe und Gynäkologie ist auch die gynäkologische Onkologie des Krankenhauses betroffen – und damit alle Patientinnen mit Brust-, Gebärmutter- oder Eierstockkrebs.

Besonders bitter: Das Mammazentrum Alsterquelle der Paracelsus-Klinik Henstedt-Ulzburg gehörte jahrelang zu den 260 zertifizierten Brustzentren in Deutschland. Nach dem Weggang des damaligen Chefarztes im Jahr 2017 lief die Zertifizierung aus – sollte aber jetzt neu beantragt werden. Das sagte ein Arzt der gynäkologischen Onkologie dem Abendblatt.

Paracelsus-Klinik: Schließung der Gynäkologie betrifft auch Krebspatienten

„Wir wollten wieder ein Brustzentrum aufbauen, das alle Schritte von der Diagnostik über die Therapie bis zur Nachsorge abdeckt“, so der Mediziner, der anonym bleiben möchte. Um das Gütesiegel der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Senologie zu erhalten, müsse eine Klinik mehr als 100 Brustkrebs-Fälle jährlich behandeln. „Das hätten wir geschafft, bereis im letzten Jahr hatten wir 100 Patientinnen mit Mamma-Karzinom“, sagt der Arzt, der bereits seit mehreren Jahren in der Paracelsus-Klinik arbeitet.

Er selbst ist letzte Woche von Kollegen über die geplante Schließung der Geburtshilfe und der Gynäkologie informiert worden – per Whatsapp. Die Nachricht sei ein Schock gewesen. „Die Geburtshilfe stand ja schon immer auf der Kippe! Aber mit der Schließung der Gynäkologie hat niemand gerechnet.“

Die Begründung der Klinikleitung: Ein wirtschaftlicher Betrieb der Abteilung sei für die Klinik nicht mehr zu gewährleisten. Ein Fortbestand würde letztlich die Existenz der gesamten Klinik gefährden.

Schock für Patienten: Viele von ihnen müssen sich neue Onkologen suchen

Auch wenn der Arzt selbst noch keine Kündigung erhalten hat – man hat ihm sowie den Kolleginnen und Kollegen bereits mitgeteilt, dass Ärzte und Hebammen im Zuge der Schließung nicht weiterbeschäftigt werden können. Im Gegensatz zu den Pflegekräften, die auf anderen Stationen eingesetzt werden sollen.

Auch die betroffenen Patientinnen werden jetzt über die Schließung der gynäkologischen Onkologie informiert. „Die Klinikleitung hat zwar bereits Kontakt zu umliegenden Onkologen aufgenommen, um einen reibungslosen Übergang der Patienten zu gewährleisten – doch für die meisten ist es trotzdem ein Schock“, sagt der Arzt und erzählt, wie er selbst mit einer 85 Jahre alten Frau über die Schließung der Station gesprochen hat – und diese in Tränen ausgebrochen ist.

Klinik verspricht „reibungslosen Übergang zu anderen Krankenhäusern

Auch wenn der Mediziner seinen Patienten zusichert, dass es durch die Schließung zu keiner Therapie-Unterbrechung kommt – „wir werden nicht alle Patienten bis zum Ende ihrer Therapie hier bei uns betreuen können“, sagt der Facharzt.

„Wie lange die gynäkologische Onkologie aufrechterhalten bleiben kann, hängt natürlich auch von der personellen Situation ab“, sagt Paracelsus-Sprecherin Maren Maak. „Bei unseren gynäkologischen Patienten halten wir den Betrieb zunächst weiterhin aufrecht, um insbesondere bei begonnen Behandlungen einen reibungslosen Übergang zu anderen Krankenhäusern beziehungsweise Praxen zu begleiten.“

Kritik von ver.di: „Das wirft kein gutes Licht auf die Klinikführung“

Die gynäkologisch/onkologischen Fälle könnten zwar aufgrund der Schließung der Gynäkologie nicht mehr behandelt werden – „alle internistischen Fälle werden weiterhin von uns behandelt, die Fachabteilung Onkologie/Hämatologie der Paracelsus Klinik bleibt bestehen“, so Maren Maak.

Im Internet wirbt die Klinik noch damit, dass die Abteilung für Gynäkologie spezialisiert auf Krebstherapie sei. Dort heißt es: „Wir verfügen über modernste Ausstattung und bieten mit sieben Fachärzten für Gynäkologie eine hohe Facharztkompetenz im Team. Spezialisten der verschiedenen Bereiche der Tumortherapie und im Bereich der Brust-Operationen arbeiten bei uns fachübergreifend und in enger Abstimmung für ein bestmögliches Behandlungsergebnis.“

„Die Schließung der Gynäkologie und die damit verbundenen Folgen für die gynäkologischen Krebspatientinnen werfen kein gutes Licht auf die Klinikführung“, sagt Christian Wölm, Ver.di-Gewerkschaftssekretär im Fachbereich Gesundheit. Damit sei der Kreis der von der Schließung betroffenen Frauen noch einmal viel größer als zunächst angenommen. „Das schlägt dem Fass den Boden aus.“

Paracelsus-Klinik: Schließung der Gynäkologie betrifft auch Krebspatienten

Der betroffene Arzt aus der Gynäkologie der Paracelsus-Klinik will jedoch nicht allein das Krankenhaus für die Entscheidung verantwortlich machen. „Frauenmedizin wird einfach zu schlecht bezahlt.“ Mit der Operation eines gebrochenen Oberschenkelhalses lasse sich schnell doppelt oder dreimal so viel verdienen, wie mit der Behandlung von Brustkrebspatienten. „Das ist ein Fehler im System.“

Am Mittwoch, 7. September, wollen betroffene Ärzte, Pfleger, Hebammen, Patienten und Bürger gegen die geplante Schließung der Gynäkologie und Geburtshilfe demonstrieren. Treffen ist um 11.30 Uhr auf dem Rhener Markt. Das Motto „Frauen-Recht auf Gesundheit.“ .