Henstedt-Ulzburg. Die Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg schließt jetzt eine der beliebtesten Adressen für Geburten im Norden. Die Gründe.

Eine der beliebtesten Geburtsabteilungen des Nordens wird geschlossen: Die Paracelsus Klinik Henstedt-Ulzburg hat am Montag angekündigt, die Leistungen rund um die Geburtshilfe und Gynäkologie zunächst deutlich zu reduzieren und letztlich einzustellen. Ein wirtschaftlicher Betrieb der Abteilung sei für die Klinik nicht mehr zu gewährleisten. Ein Fortbestand würde letztlich die Existenz der gesamten Klinik gefährden, teilte Klinikmanager Sebastian Margaschewski mit.

Generationen von Menschen im Kreis Segeberg, in Hamburg und im ganzen Norden haben den Geburtsort Henstedt-Ulzburg. Für Norderstedt, das selbst nicht über ein Krankenhaus verfügt, war und ist die Paracelsus-Klinik die erste Adresse, um Kinder zu Welt zu bringen. Die Geburtsklinik in der Großgemeinde hatte über Jahrzehnte einen hervorragenden Ruf – familiär, übersichtlich, gute medizinische Betreuung. Insofern ist die angekündigte Schließung eine traurige Nachricht für viele werdende Eltern.

Henstedt-Ulzburg: Schock für werdende Eltern: Beliebte Geburtsklinik schließt

Die Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg..
Die Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg.. © Christopher Herbst

„Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten den Betrieb der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe unverändert fortsetzen“, sagt Klinik-Sprecherin Maren Maak. „Die Ankündigung, die Abteilung zu schließen, bedeutet keinesfalls eine Beendigung der Leistungen von heute auf morgen. Voraussetzung für eine Aufrechterhaltung der Leistungen ist allerdings, dass ausreichend ärztliches, geburtshilfliches und pflegerisches Fachpersonal vorhanden ist.“

Werdende Eltern, die sich bereits für eine Entbindung in Henstedt-Ulzburg entschieden haben und Patientinnen und Patienten, die ihre Behandlung begonnen haben, würden möglichst rasch in Einzelgesprächen über das weitere Vorgehen und die Möglichkeiten einer weiteren Betreuung informiert. „Derzeit gehen wir davon aus, dass bis zum Ende des Jahres sämtliche Leistungen rund um die Gynäkologie/Geburtshilfe an der Paracelsus Klinik Henstedt-Ulzburg eingestellt sind“, sagt Maak.

Bis Jahresende werden Gynäkologie und Geburtshilfe eingestellt

„Wir wissen, dass der wohnortnahe Bestand einer geburtshilflichen Abteilung immer mit vielen Emotionen verbunden ist. Wir können die Wünsche und Sorgen von vielen Schwangeren und werdenden Eltern nachvollziehen. Auch wir bedauern es sehr, dass wir uns zu diesem Schritt gezwungen sehen“, sagt Klinikmanager Margaschewski.

Doch der Schritt sei unvermeidlich. „Trotz steigender Geburtenzahlen in den vergangenen zwei Jahren, die sich nicht zuletzt dem unermüdlichen Engagement unseres Gynäkologischen Chefarztes Dr. Bühler und seinem Team verdanken, ist unter diesen Beschränkungen ein dauerhaft subventionsfreier Betrieb der Abteilung schlechterdings unmöglich und würde langfristig das Fortbestehen der gesamten Klinik gefährden.“

Finanzierung im „stark gebeutelten Gesundheitswesen“ schwierig

Die „Beschränkungen“, von denen Margaschewski spricht, seien die geplanten und zu erwartenden Rahmenvorgaben für die geburtshilfliche Versorgung, die nicht unerhebliche zusätzliche Ressourcen erfordern würden. Hinzu kämen die von der Regierungskommission des Bundes für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung vorgelegten Empfehlungen zur Finanzierung der Geburtshilfe sowie die zunehmend erschwerten Rahmenbedingungen im derzeit stark gebeutelten deutschen Gesundheitswesen, teilt Margaschewski mit.

Der Entscheidung vorausgegangen seien darüber hinaus strukturelle und personelle Veränderungen innerhalb der Klinik. So werde beispielsweise eine ausreichende kinderärztliche Versorgung am Standort nicht mehr gegeben sein, die bisherige Kooperation mit einer Level 1-Einrichtung für die Weiterverlegung bei Komplikationen wurde der Klinik gekündigt.

Paracelsus-Klinik: Mit personeller Ausstattung überfordert

Die Führungsspitze der Paracelsus Klinik Henstedt-Ulzburg: Klinikmanager Sebastian Margaschewski, Dr. Jürgen Ropers, Ärztlicher Leiter, und Pflegedienstleiter René Klingbeil (v.l.n.r.)
Die Führungsspitze der Paracelsus Klinik Henstedt-Ulzburg: Klinikmanager Sebastian Margaschewski, Dr. Jürgen Ropers, Ärztlicher Leiter, und Pflegedienstleiter René Klingbeil (v.l.n.r.) © Paracelsus-Klinik

Die sich verändernden regulatorischen Rahmenbedingungen würden unter anderem verschärfte Ausschlusskriterien vorsehen, um die Versorgungsqualität und Sicherheit insbesondere für Neugeborene dauerhaft sicherzustellen. „Danach sollen zum Beispiel geburtshilfliche Abteilungen des Level IV – wie in Henstedt-Ulzburg – Geburten von Frauen mit einem höheren Risiko nicht mehr begleiten. Dazu zählen auch Frauen, die jünger als 18 Jahre oder älter als 35 Jahre sind“, so die Klinik in einer Mitteilung.

Auch die noch einmal deutlich aufgestockten Anforderungen an die personelle Ausstattung hinsichtlich Qualifikation, Anzahl oder auch zeitlich streng vorgegebener Verfügbarkeit, könne die Klinik zukünftig nicht mehr sicherstellen.

„Wir begrüßen ausdrücklich die Bemühungen seitens der Politik, eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Geburtsmedizin sicherzustellen. So ist es nur allzu verständlich, dass die geplanten neuen Regularien neben der Geburtshilfe immer auch eine pädiatrische Abteilung unter einem Dach fordern“, sagt Margaschewski. „Für eine Klinik unseres Zuschnitts bedeutet dies jedoch, dass unsere personellen und strukturellen Ressourcen den Anforderungen nicht mehr entsprechen.“

Geburtshilfe: Versorgung im Kreis Segeberg sei gewährleistet

Sorgen, dass fortan eine mangelnde flächendeckende geburtshilfliche Versorgung im Kreis Segeberg drohe, tritt die Klinikleitung entgegen, wie Margaschewski betont: „In der Region ist eine ausreichende und qualitativ exzellente geburtshilfliche Versorgung gewährleistet. Werdende Eltern sind auch dort weiterhin in den allerbesten Händen.“ Die umliegenden Kliniken seien über die sich verändernde Situation informiert worden.

Letztlich seien die Verantwortlichen überzeugt, dass die Veränderungen innerhalb des Leistungsangebotes der Klinik die richtige Weichenstellung für den Fortbestand der Klinik bedeuten. Am Standort Henstedt-Ulzburg baue Paracelsus dabei auf ein tragfähiges Zukunftskonzept, das der zunehmenden Ambulantisierung, Zentralisierung und Digitalisierung innerhalb des Krankenhauswesens entspreche.

Henstedt-Ulzburg: Notfallversorgung steht jetzt im Mittelpunkt

Fundamentale Säulen der künftigen Ausrichtung werden der Ausbau der verbleibenden Fachgebiete mit ihren Leistungsangeboten sowie die Fokussierung auf die qualitativ hochwertige wohnortnahe Notfallversorgung der Bürgerinnen und Bürger im Landkreis und Umgebung sein.

Ziel sei es, die Paracelsus Klinik weiter zu einem Gesundheitsstandort auszubauen, der zusammen mit starken Partnern im Gesundheitswesen die sektorenübergreifende, stationäre und notfallmedizinische Versorgung in klar definierten Leistungsbereichen auf hohem Niveau abdecke und somit „Strahlkraft über das jetzige Einzugsgebiet hinaus“ erlange. Umfängliche Investitionen in Medizintechnik, Ausstattung und Qualifizierung stünden deshalb hoch oben auf der Agenda.