Norderstedt. Am 9. September wird das Jubiläum und die Auszeichnung als Unesco-Schule gefeiert. Warum die Schule jahrelang einzigartig in der Region war.
Jubiläum im Schulzentrum-Süd: Die Schule feiert am Freitag, 9. September, ihr 50-jähriges Bestehen. Ein halbes Jahrhundert voller Veränderungen. Als die Schule eröffnet wurde, gab es formell noch die Prügelstrafe – heute bestrafen Lehrer höchstens noch mit dem Entzug des Smartphones.
Rückblick: 1972 wird der Grundstein für das Schulzentrum-Süd gelegt. Es ist mit 25 Millionen Mark der teuerste Bau der Stadt, die Schule gilt als zukunftsweisend. Es ist das Jahr, in dem bei den Olympischen Spielen in München elf israelische Sportler als Geiseln genommen und ermordet werden. Es ist das Jahr, in dem die erste Selbstbedienungstankstelle eröffnet und die Firma Hewlett-Packard den ersten wissenschaftlichen Taschenrechner auf den Markt bringt. In Schweden nehmen vier Künstler unter den Namen „Björn und Benny, Agnetha und Anni-Frid“ ihre erste Single auf. Später werden sie unter dem Namen ABBA weltbekannt.
Schule Norderstedt: Schulzentrum-Süd wird 50 – ein Song zum Jubiläum
Die Welt hat sich seitdem massiv verändert, das Schulzentrum-Süd gibt es immer noch. Die Gebäude sind ein bisschen in die Jahre gekommen und sollen in den nächsten Jahren abgerissen werden. Doch die Schule hat sich im vergangenen halben Jahrhundert zu einer modernen Bildungseinrichtung entwickelt, in der es um mehr geht, als um Deutsch, Mathe und Englisch.
„Unser Motto ist: Menschen, Vielfalt, Verantwortung – Bildung für nachhaltige Entwicklung“, sagt Torben Krüger, Schulleiter des Lise-Meitner-Gymnasiums. „Wir wollen unseren Schülerinnen und Schülern neben unterrichtlichem Fachwissen auch Selbst- und Sozialkompetenz sowie Methoden und kritisches Denken vermitteln, die sie für die Gestaltung ihrer Zukunft benötigen.“
Er selbst ist erst seit Juni Schulleiter in Norderstedt, doch von Kollegen hat er viel über die letzten Jahr(zehnte) gehört. Über Namensänderung und Deckeneinsturz, die Abkehr von G9 und die Einführung der offenen Ganztagsschule.
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Über die wichtigsten Stationen der letzten 50 Jahre wurde jetzt sogar ein Song geschrieben, der bei den Feierlichkeiten am Freitag erstmals vorgestellt werden soll. Der Deutsch- und Geschichtslehrer Leon Nielsen hat das Lied getextet. „Es ist eine Art musikalischer Spaziergang durch die letzten Jahrzehnte“, sagt Nielsen. Denn jede Epoche wird musikalischen mit einem Song der jeweiligen Zeit untermalt.
Anregungen für seine Strophen hat sich der 33-Jährige bei vielen älteren Kollegen geholt, die zum Teil seit Jahrzehnten an der Schule waren. „Es war total spannend zu hören, was sie in dieser Zeit alles erlebt haben“, sagt Leon Nielsen, der selbst seit fünfeinhalb Jahren am LMG unterrichtet.
Auch wenn er im Vorfeld nicht zu viel verraten will, damit der Song am Freitag bei der Präsentation eine große Überraschung für alle wird – ein paar Textpassagen verrät er doch. Denn damit lässt sich die Geschichte des Schulzentrum-Süds am besten zusammenfassen.
1970er-Jahre: Schulunterricht am Sonnabend und das erste Abitur
„Wirtschaftswunder vorbei, es wird trotzdem gewagtein Schulzentrum wird erbaut hier am Ossenmoorpark.“
Es ist Anfang der 1970er-Jahre, als das Schulzentrum Süd gebaut wird. Die Realschule zieht damals zuerst ein, dann das Gymnasium und die Hauptschule. Bei der Gründung heißt es noch „Gymnasium im Schulzentrum Süd“. Mehr als 20 Jahre später, 1995, wird die Schule in „Lise-Meitner-Gymnasium“ umbenannt.
In den ersten Jahren werden am Schulzentrum-Süd auch Schüler aus dem Einzugsbereich Nord unterrichtet, bis 1975 das Schulzentrum-Nord gebaut und das Lessing-Gymnasium gegründet wird.
In der Anfangsphase findet Sonnabends noch Unterricht statt, erst mit Beginn des Schuljahres 1976/77 wird die 5-Tage-Woche eingeführt. Im Jahr 1977 wird das erste Abitur am Gymnasium im Schulzentrum Süd abgenommen.
1980er-Jahre: Deckeneinsturz und Bau einer Aula
„10 Jahre jung, Schulzentrum Süd-Gymnasium,
80er-Jahre, schon seit einem Jahrzehnt,
gibt es dich schon, wie es wohl weitergeht.“
1986 wird die dringend benötigte Aula eingeweiht, für deren Bau sich Boy Börnsen jahrelang engagiert hatte. Er war der erste Schulleiter des Gymnasiums im Schulzentrum-Süd und bliebt bis 1987 an der Schule. Auf ihn folgten die Schulleiter Lothar Botha (1987 - 2005), Ursula Hohenstein (2005 - 2014), Stephan Damp (2014 - 2020), kommissarisch Sylvia Poppendieck-Kruse (2020 - 2022) und aktuell Torben Krüger.
1987 stürzt in einem der Unterrichtsräume eine Decke ein, während der Reparaturphase findet der Unterricht schichtweise vormittags und nachmittags statt.
1990er-Jahre: Namensänderung und Rechtschreibreform
„Deutschland eins, als ob es nie geteilt war,der Vorhang fällt und endlich ist der Frieden greifbar.
Weshalb Lise-Meitner dann paar Jahre später, dem Gymnasium dient als sein Namensgeber.“
1994 beschließt die Schulkonferenz nach intensiver Diskussion, dass die Schule zukünftig den Namen „Lise-Meitner-Gymnasium“ tragen soll, 1995 gibt es einen Festakt zur Umbenennung,
Ab 1998 sorgt die Rechtschreibreform für Unruhe an den Schulen – und im ganzen Land. Nach viel Kritik kommt es 2006 zu diversen Neuerung, sodass sich die Schüler erneut umstellen müssen. Die Verwirrung über die richtige Schreibweise ist viele Jahre lang groß.
2000er-Jahre: Ganztagsschule, Bioladen, Zukunftsschule
„Obwohl die Welt nach Nine Eleven aus den Fugen gerät,
werden bei uns viele Weichen für die Zukunft gelegt.“
Kurz nach der Jahrtausendwende kommt es zum Pisa-Schock: Die Ergebnisse der ersten Pisa-Studie attestieren dem deutschen Schulsystem verheerende Leistungs- und Gerechtigkeitsdefizite: Die Leistungen der Schüler lagen in den Bereichen Lesekompetenz, Mathematik und Naturwissenschaften unter dem OECD-Durchschnitt. Und: In kaum einem Teilnehmerland hängt der Schulerfolg so stark vom Elternhaus ab wie in Deutschland. Der PISA-Schock zieht in vielen Bundesländern Reformen nach sich.
2005 wird das LMG offene Ganztagsschule, kurz danach wird der Bau der Mensa beschlossen, die 2007 eingeweiht wird. Bioladen und Theater AG werden gegründet, die Schule wird Zukunftsschule SH.
2007 beschließt Schleswig-Holstein, die Hauptschule abzuschaffen. In Schleswig-Holstein entstanden bis zum Schuljahr 2010/11 flächendeckend Gemeinschaftsschulen und Regionalschulen.
2010er- und 2020er-Jahre: G8, Unesco-Schule und Neubau
„Also Schluss mit G8 und der Waghalsigkeit,
was am LMG den Ausschlag gibt, ist Nachhaltigkeit.“
Anfang der 2010er-Jahre müssen alle Gymnasien in Schleswig-Holstein das Abitur nach acht Jahren (G8) einführen. Nach zweijähriger Erprobungsphase beschließt die Schulkonferenz die Rückkehr zu G9.
Viele Jahre lang ist das LMG die einzige Schule in der Region, an der Abi nach neun und nicht nach acht Jahren gemacht wird.
Das LMG entwickelt sich zu einer modernen Schule, doch das Gebäude ist in die Jahre gekommen. Es werden Pläne für einen Neubau gemacht und immer weiter konkretisiert. Doch dann stagniert das Projekt wegen stark gestiegener Baukosten infolge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges. Schließlich stimmt der Ausschuss für Schule und Sport dem Bau des Campus Glashütte samt Außenbereich und Sporthallen zu. Man rechnet mit Kosten von 151.550.000 Euro. Um die Kostenexplosion einzudämmen, müssen jedoch Abstriche gemacht werden.
2019 werden das LMG und die Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark erstmals von den Vereinten Nationen zu „mitarbeitenden UNESCO-Projektschulen“ ernannt. 2022 erfolgt die Ernennung als UNESCO-Schule.
Diese Auszeichnung wird ebenfalls beim Schulfest am 9. September von 15 bis 19 Uhr auf dem Schulgelände gefeiert. Informationen zum Programm gibt es online.
„Wo wir offen sind für Neues und das Bunte lieben, du wirst zwar 50, aber dennoch bist du jung geblieben.“