Norderstedt. Warum die Situation an einer Schule in Norderstedt besonders ist und wo sogar die Polizei schon mal einschreiten musste.
Endspurt! In wenigen Tagen haben etwa 10.400 Schüler in Norderstedt und Schleswig Holstein ihr Abitur in der Tasche. Für die meisten Zeit für ausgefallene Feiern und Abistreiche. Für viele sind die Abischerze, auch Chaostage genannt, das beste an der ganzen Schulzeit. Ziel ist es oft, den regulären Unterricht zu unterbrechen oder ganz zu verhindern – und die anderen Schüler zu unterhalten. Dafür werden mal Schultüren verbarrikadiert, mal Klassenräume bis zum Rand mit Luftballons gefüllt.
Da es einige Schüler mitunter jedoch übertreiben und den Abistreiche als heimlichen Rachefeldzug gegen Lehrer und Schule nutzen, sichern sich inzwischen einige Schulen im Vorfeld ab und verlangen von den Schülern eine Kaution.
Schule Norderstedt: Gymnasium fordert Kaution vor Abistreich
Dazu gehört auch das Coppernicus Gymnasium in Norderstedt. Nachdem es in der Vergangenheit dort bei Abistreichen zu massiven Sachbeschädigungen gekommen ist, erhebt die Schule eine Kaution in Höhe von 500 Euro. „Das scheint zwar eine Menge Geld zu sein - wenn aber Gänge unter Wasser gesetzt oder Holzmöbel beschädigt werden, kommt schnell eine hohe Schadenssumme zusammen“, sagt Schulleiterin Heike Schlesselmann. Auch wenn es dazu meistens nicht komme, wollte man sich auf dem Weg absichern.
Norderstedt: Schüler wollen Frust auf das System ablassen
Die Direktorin des Coppernicus Gymnasiums hat Verständnis für die Schüler, vor allem in diesem Jahr. „Dieser Jahrgang hat in den letzten beiden Jahren wie kaum ein anderer unter Corona gelitten. Daher ist es nachvollziehbar, wenn die Schüler sich nicht fair behandelt fühlen und zornig auf das System sind - und ihren Frust an diesem Tag ablassen wollen.“
Da man sich in diesem Jahr mit dem Abijahrgang abgesprochen habe, erwarte man jedoch keine bösen Überraschungen beim Abi-Streich. „Wir haben versucht sie zu animieren, was Lustiges zu veranstalten, wobei die ganze Schule Spaß hat“, so Schlesselmann.
Abistreiche müssen mit Schulleitung abgesprochen werden
Bisher hat das Coppernicus Gymnasium die Kaution übrigens noch nie einbehalten. „Allerdings gab es schon Fälle, in denen die Abiturienten die Kaution nach dem Abistreich nicht wieder abgeholt haben“, erinnert sich Heike Schlesselmann.
Bei den betroffenen Abiturienten stößt das Vorgehen ihrer Schule auf Verständnis. „Es ist durchaus plausibel, dass wir für einen möglichen Schaden aufkommen müssen, sofern er von uns verursacht wird“, so drei Abiturienten im Gespräch mit dem Abendblatt. Allerdings hätten nicht alle Schüler anfangs so verständnisvoll auf die Kaution reagiert und seien verärgert gewesen, dass sie jetzt für die Fehler büßen müssten, die Jahrgänge vor ihnen gemacht hätten.
Abistreich in Norderstedt: "Geld spornt uns an"
„In einem ersten Impuls haben einige sogar vorgeschlafen, jetzt erst recht die Sau rauszulassen und die Kaution total auszureißen“, erinnern sich die Schüler an die ersten Gespräche in der großen Gruppe. Nach einigen Diskussionen sei dann jedoch allen klar gewesen, dass man die Kaution als Ansporn verstehe. „Das Geld spornt uns an, noch mehr darauf zu achten, dass nichts passiert.“
Auch wenn nicht alle Schulen eine Kaution erheben, viele Schulen treffen vor dem Abistreich Absprache mit den Schülern und genehmigen die geplanten Aktionen. „Wir haben uns gegen eine Kaution entschieden und vertrauen unserer Schülerschaft und auf die Absprache mit dem Komitee“, sagt Torben Krüger, neuer Schulleiter des Lise-Meitner-Gymnasiums, wo der Abistreich mit der Oberstufenleitung inhaltlich und zeitlich durchgesprochen und genehmigt wird.
Kehrseite der Streiche sind oft grobe Verschmutzungen und Sachschäden
Das Bildungsministerium rät ebenfalls dazu, bereits im Vorfeld Absprachen zu tätigen: „Wenn die Klausuren geschrieben und die mündlichen Prüfungen geschafft sind, feiern die Abiturientinnen und Abiturienten. So muss es sein und gerade nach den Pandemie-Jahren ist die Freude über das Erreichte groß. Selbstverständlich gehört der klassische Abistreich dazu.“
Es gehöre zur Reifeprüfung dazu, eine gemeinsame Aktion zu planen und – wie beim Karneval – einmal der Schule den Spiegel vorzuhalten. „Für manche Schule sind leider grobe Verschmutzungen oder vereinzelte Sachschäden die Kehrseite dieser Aktion, weil Mitschüler in der Feierlaune auch einmal die Grenzen aus dem Blick verlieren können. Ein direkter Draht zwischen den Schülerinnen und Schülern und der Schulleitung bereits im Vorfeld kann dazu beitragen, dieses Problem erst gar nicht entstehen zu lassen“, heißt es vom Bildungsministerium.
Schule: Abistreich von Polizei beendet
Manch ein Abistreich wurde übrigens schon von der Polizei beendet. Ein besonders krasses Beispiel: Eine Gruppe von Abiturienten stürmte maskiert und mit Attrappen bewaffnet in eine Aachener Schule, um die Entführung eines Lehrers vorzutäuschen. Ein Passant, der alles beobachtete, rief daraufhin die Polizei.