Bad Segeberg. 20-Jähriger schleuderte in Linienbus. Eine 16-Jährige starb. Dass der Fahrer betrunken war, konnte nicht bewiesen werden.

Nach einer Siegesfeier mit den Fußballkumpels am 24. Oktober 2020 machte sich F. (20) mit dem Auto nach Hause auf. Zwischen Leezen und Bad Segeberg kam er von der Straße ab, kollidierte mit einem Baum und schleuderte derart auf die Straße zurück, dass ein vorbeikommender Bus der Autokraft vom Heck des Wagens getroffen und quasi aufgeschlitzt wurde.

Eine 16-jährige Schülerin im Bus erlitt schwere Kopfverletzungen, an denen sie noch am Unfallort starb. Sieben weitere Businsassen wurden leicht verletzt. Der 22-Jährige floh zunächst zu Fuß vom Unfallort, meldete sich aber einen Tag später über einen Anwalt bei der Polizei.

Prozess Bad Segeberg: Mildes Urteil für Unfallfahrer – die Schuld wiegt schwerer

Am Donnerstag nun fiel am dritten Prozesstag das Urteil über den heute 22-Jährigen Unfallfahrer. Das Jugendschöffengericht des Amtsgerichtes Bad Segeberg sprach ihn schuldig der fahrlässigen Tötung, fahrlässigen Körperverletzung und Unfallflucht. Doch angesichts der schweren Folgen des Unfalls blieb das Urteil eher milde: Der 22-Jährige muss 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit ableisten und 10.000 Euro je zur Hälfte an einen Opferschutzfonds und ein Kinderhospiz bezahlen.

Weil der Angeklagte zum Unfallzeitpunkt noch Heranwachsender war, urteilte das Gericht nach Jugendstrafrecht. Der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts, Tobias Kleimann, sagte: „Sie haben schwerste Schuld auf sich geladen.“ Den Eltern der Jugendlichen habe er einen unersetzlichen Verlust zugefügt.

Busfahrer sagte aus: „Ich sah ein fliegendes Auto“

Der Busfahrer berichtete vor Gericht, auf seiner Fahrt von Hamburg nach Bad Segeberg habe er nahe der Gemeinde Mözen bemerkt, dass ein entgegenkommender Wagen nach rechts von der Fahrbahn abkam. „Dann habe ich nur noch ein fliegendes Auto gesehen“, sagte der 54-Jährige. Der Zusammenstoß sei wie eine Explosion im Bus gewesen. „Ich hab’ gedacht, das ganze Ding geht hoch und fliegt in die Luft.“

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrer Anklage dem Angeklagten vorgeworfen, aufgrund seines Alkoholkonsums auf der Fußballfeier nicht mehr in der Lage gewesen zu sein, das Auto, einen Passat, zu führen. Laut Sachverständigen sei er mit 102 Kilometern pro Stunde von der Straße abgekommen. Doch das Schöffengericht urteilte, dass weder überhöhte Geschwindigkeit noch Alkoholeinfluss Ursachen des Unfalls waren. Die Beweisaufnahme hätte diesen Vorwurf nicht bestätigt, erklärte der Vorsitzende Richter.

Bad Segeberg: Unfallfahrer hat alle Lebensfreude verloren

Das vom Angeklagten im Verlauf des Prozesses vorgetragene Schuldeingeständnis lässt vermuten, dass bei ihm die Schwere der Schuld sowieso mehr wiegt als jedes strafrechtliche Urteil es vermocht hätte. Seit dem Unfall, so ließ die Verteidigung des 22-Jährigen wissen, nehme F. nicht mehr als Geselligkeiten teil. Er kämpfe mit sich und würde die Last des Unfalls ein Leben lang tragen.

Ein Jugendgerichtshelfer hatte dem Angeklagten angeboten, mit ihm zusammen zu dem Grab der verstorbenen Jugendlichen zu gehen und regte an, dass er sich an den Kosten für die Liegegebühr auf dem Friedhof beteiligen sollte. Am Ende des zweiten Verhandlungstages äußerte sich der 22-Jährige erstmals persönlich: „Ich habe meine Stärke und meine Lebensfreude verloren und werde mein ganzes Leben mit dem Unfall zu tun haben. Das ist meine größte Strafe.“