Bad Segeberg. Vier Rollen in der Kalkbergarena: Der Ersatzmann für Corona-Kranke im Karl-May-Ensemble hat beim „Ölprinz“ viel zu tun.
Der Mann mit der markanten Stimme ist nicht nur ein gefragter Schauspieler, er ist auch ein Mann für alle Fälle: Nikolas König springt ein, wenn andere nicht mehr können. Bei den Segeberger Karl-May-Spielen war das bisher dreimal der Fall. In vier verschiedenen Rollen war er in der laufenden Saison in dem Stück „Der Ölprinz“ in der Kalkberg-Arena zu sehen. Zuletzt sorgte er als Old Shatterhand zusammen mit Winnetou (Alexander Klaws) für Ordnung im Wilden Westen.
Der Corona-Virus und die Folgen ließen die Alarmglocken der Verantwortlichen der Kalkberg GmbH schon vor Beginn der Saison läuten. Weil mit Ausfällen gerechnet werden musste, wurde vorgeplant, damit es im Ernstfall nicht zu Komplikationen und womöglich sogar zum Abbruch der Spiele kommen würde.
Karl-May-Spiele: Shatterhand oder Nijora – Nicolas König kann alles spielen
Eine weise Entscheidung. Denn schon vor der Premiere kam es bekanntlich zu Turbulenzen: Hauptdarsteller Alexander Klaws meldete sich ab. Corona. Sascha Hödl, der eigentlich zwei andere Rollen spielt, übernahm und lieferte eine bravouröse Leistung ab. Seine beiden Rollen wurden unter Stuntleuten mit Schauspielerfahrung aufgeteilt.
Erster Akt: Als sich Harald P. Wieczorek krank meldet, schlägt die Stunde von Nicolas König, der von einer Stunde auf die andere die Rollen des Navajo-Hauptlings und des Bankiers übernimmt. Und er liefert: Ohne Texthänger übersteht er die Vorstellungen. „Nicht groß überlegen, sondern machen, das ist mein Naturell“, sagt der Schauspieler, der eigentlich ein alter Karl-May-Hase ist.
Als Old Shatterhand ist Nicolas König der Held der Stunde
Vor genau 30 Jahren stand er erstmals auf der Freilichtbühne, um den Comanchenhäuptling Apanatschka zu spielen. Seitdem gehört Nicolas König, der übrigens ein enger Freund des Karl-May-Schauspielers Joshy Peters ist, zum Kalkberg-Universum. 14 mal war er regulär dabei, in diesem Jahr erstmals außer der Reihe. Zuletzt war König 2019 als Oglala-Häuptling Hong-peh-te-keh zu sehen. Und vor allem auch zu hören: Denn die markante Stimme des Schauspielers bleibt jedem Besucher einer Vorstellung noch lange im Gedächtnis.
Zweiter Akt: Nicolas König muss für den erkrankten Fabian Monasterios die Rolle des obersten Häuptlings Mokaschi der Nijoras übernehmen. Kein Problem. Das macht er locker. Dritter Akt: Am vergangenen Donnerstag ist er als Häuptling vom Pferd gestiegen, am Freitag dann als Old Shatterhand wieder aufgestiegen und eingeritten. Nicolas König ist der Held der Stunde.
Mit großer Disziplin auf die Rollen vorbereitet
Keine Frage, dieser Mann ist ein durch und durch gestandener Schauspieler. Aber vier Rollen ohne große Proben durchzuziehen, das ist auch für einen hartgesottenen 53-Jährigen Kerl keine Kleinigkeit. Dahinter steckt natürlich eine Menge Disziplin, Weitsicht und präzise Vorbereitung.
Da es der Kalkberg GmbH schwante, dass in der Corona-Saison 2022 einiges passieren könnte, hatte sie Nicolas König vorsorglich als Ersatzmann engagiert. Als Mann für alle Fälle eben. „Ich hatte mich seelisch vorbereitet“, sagt der Schauspieler, der mit seiner Familie in der Nähe von Trittau wohnt. Aber nicht nur das: Er war schon bei Durchlaufproben dabei, schaute sich Vorstellungen an und lernte vorsorglich schon mal Texte. Ein Glücksfall also für die Karl-May-Spiele.
Nicolas König könnte auch noch weitere Rollen übernehmen
Jetzt stellt sich die Situation so dar: Sollte der Ölprinz (Sascha Hehn) ausfallen - Nicolas König könnte sofort übernehmen. Müsste Sam Hawkens (Jogi Kaiser) passen - Herr König stünde ebenfalls parat. Und der fiese Butler (Joshy Peters) müsste auch nicht in der Versenkung verschwinden. Der Ersatzmann steht in den Startlöchern. „Ich gehe allerdings davon aus, dass ich in diesem Jahr keinen Einsatz mehr am Kalkberg habe“, sagte Nikolas König. Wenn aber doch, dann...
Natürlich kann auch ein erfahrener Schauspieler nicht einfach mal eben so aufs Pferd springen und für Furore sorgen, etwas Vorbereitung muss schon sein. Im Falle von Old Shatterhand zum Beispiel kümmerten sich Produktions- und Spielleiter Stefan Tietgen, Autor Michael Stamp und Inspizient Marc Francisco liebevoll um ihn. Sie besprachen die Abläufe und gingen die Szenen kurz mit ihm durch.
Während der Aufführungen gab es keine Texthänger
Auf der Freilichtbühne allerdings war Nicolas König dann auf sich alleine gestellt. Kein Textbuch greifbar, keine Souffleuse in Rufweite, kein Knopf im Ohr, um die Texte aus der Regie überspielt zu bekommen. „Ich musste mich vorher sammeln und mich sehr konzentrieren“, sagt Nicolas König, der selbst im Besitz von zwei Pferden ist. Und er gibt zu: „Aufgeregt war ich trotzdem.“
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Aber alles gut: Keine Texthänger, höchstens einige wenige Versprecher, die dem Publikum vermutlich nicht aufgefallen sind. Und wenn doch - die Zuschauer waren eingeweiht und hätten dem Schauspieler kleine Pannen sicher wohlwollend verziehen. „Ich habe schon manchmal überlegt, wie ich den einen oder anderen Satz zu Ende bringe.“
Auch auf dem Bildschirm ist Nicolas König ein Mann für alle Fälle
Nicolas König ist nicht nur bei den Karl-May-Spielen ein gefragter Darsteller, auch sonst wird er vielseitig eingesetzt. Sechs Jahre lang war er als einer der Hauptakteure in der Serie „Die Rettungsflieger“ zu sehen, ein Jahr lang war er der tägliche Hauptact in der Serie „Rote Rosen“, Rosamunde Pilcher, Inga Lindström, „Die Bergretter“, „Notruf Hafenkante“, „In aller Freundschaft“, zuletzt in der SOKO Hamburg und dem Doku-Drama über den Bau des Hindenburgdamms - er ist auch auf dem Bildschirm ein Mann für alle Fälle.
Es sind drei Standbeine, die für Einkommen sorgen: Schauspiel, Sprache und Karl-May-Spiele. „Mit allen Dreien komme ich gut durchs Leben“, sagt Nicolas König, der hofft, im kommenden Jahr auch wieder als regulärer Darsteller bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg dabeizusein.