Hamburg. Willkommensfeiern und Geschenke für Büro-Rückkehrer: So sieht der Arbeitsalltag bei Beiersdorf, Jungheinrich und Otto nun aus.
Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus hat sich in Deutschland im Vergleich zu den Spitzenwerten auf einem niedrigen Niveau eingependelt, die Krankheitsverläufe sind meist mild und die Impfquoten relativ hoch. Daher bestand auch für das Bundesarbeitsministerium kein Grund mehr, die besonderen Corona-Vorschriften für Betriebe aufrechtzuerhalten. Ende Mai sind die Maßnahmen für den betrieblichen Infektionsschutz ausgelaufen – aber wie gehen die Unternehmen damit um? Wie sieht es mit den bisher von der Politik gewünschten oder geforderten Maßnahmen wie Homeoffice, Maskentragen und dem Stellen von Tests für die Beschäftigten in der neuen, normalen Covid19-Arbeitswelt aus? Das Abendblatt machte eine Umfrage bei großen Hamburger Unternehmen.
Corona Hamburg: Willkommensaktionen für Büro-Rückkehrer
Beiersdorf: Beim Nivea-Hersteller mit rund 3600 Beschäftigten in Hamburg ist das „Arbeiten an flexiblen Arbeitsorten zum festen Arbeitsmodell geworden, wo immer die Aufgaben dies zulassen“, sagte eine Unternehmenssprecherin. Seit Ende 2020 ist in einer Betriebsvereinbarung geregelt, dass bis zu 20 Prozent der individuellen Arbeitszeit außerhalb des Betriebsgeländes geleistet werden kann. Wenn es die „Gegebenheiten in den jeweiligen Teams“ zuließen, können dies auch bis zu 40 Prozent sein.
Eine noch höhere Homeoffice-Quote sei bei Bedarf in Absprache mit dem Vorgesetzten möglich. „Allerdings soll auch in Zukunft der Arbeitsmittelpunkt im Betrieb und auf dem Beiersdorf-Gelände verbleiben“, sagte die Sprecherin. Schutzmasken können, müssen aber nicht mehr am Standort getragen werden. Daher werden auch keine Masken mehr ausgegeben, der Betriebsärztliche Dienst halte aber für besondere Einzelfallsituationen einige Exemplare bereit. Bei den Medizinern gibt es ebenfalls für besondere Fälle Selbsttests. Regulär werden diese aber seit Ende Mai nicht mehr ausgegeben.
- Wie der Corona-Lockdown in Shanghai Hamburger Firmen trifft
- Wie zwei Brüder die Idee ihres Vaters zum Erfolg führten
- Beiersdorf macht deutlich mehr Umsatz – Aktie steigt
Auch für die Teilnahme an Meetings und Veranstaltungen ist ein vorheriges negatives Testergebnis keine Voraussetzung mehr. Für die Rückkehrer ins Büro habe es in den vergangenen Wochen mehrere Willkommensaktionen gegeben. Die Freude auf das Sommerfest im Juni sei groß. Geschäftsreisen sind möglich. Allerdings habe sich während der Pandemie gezeigt, dass viele Trips durch Videokonferenzen zu ersetzen seien, so die Sprecherin: „Wir wirken auch auf ein allgemein nachhaltigeres Reiseverhalten hin.“
Haspa: 50 Prozent der Arbeitszeit kann mobil abgeleistet werden
Haspa: Die Betriebsvereinbarung sehe vor, dass grundsätzlich bis zu 50 Prozent der Arbeitszeit mobil abgeleistet werden könne, sagt Sprecherin Stefanie von Carlsburg. Voraussetzung: Führungskraft und Mitarbeiter stimmen dieser Regelung zu. In den Filialen fänden immer mehr Kundentermine digital statt. Alle Mitarbeitenden seien daher mit iPads ausgestattet worden. Maskenpflicht besteht weder für die Beschäftigten noch für die Kunden.
„Gleichwohl legen wir weiterhin Wert auf ein umsichtiges Verhalten und stellen unseren Mitarbeitenden für das eigene individuelle Schutzempfinden Tests und Schutzmasken zur Verfügung“, sagt von Carlsburg. Dienstreisen seien wieder möglich, spielen bei dem regionalen Institut mit rund 4500 Hamburger Beschäftigten wie schon vor Corona aber eher eine untergeordnete Rolle.
Otto: Keine Vorschriften für die Rückkehr ins Büro mit fester Stunden- oder Tagezahl
Otto: Beim Versandhandelshaus mit mehr als 9000 Mitarbeitern an der Elbe gibt es einen „Grundsatz: Die Arbeitsleistung soll dort erbracht werden, wo sie am effektivsten möglich ist“, sagt Sprecher Frank Surholt. Vorschriften für die Rückkehr ins Büro mit fester Stunden- oder Tagezahl gebe es daher nicht, die Teams würden dies untereinander klären. Den Beschäftigten werden weiterhin fünf Corona-Tests pro Woche gestellt, allerdings keine Masken mehr.
Die Pflicht zum Tragen des Mund-Nasen-Schutzes ist seit 1. Juni aufgehoben. Konferenzräume sollen wie bisher nur zu 70 Prozent belegt werden, Eventflächen zur Hälfte. Surholt: „Wir empfehlen dringend das Tragen einer FFP2-Maske, wenn der Mindestabstand von anderthalb Metern zur nächsten Person nicht eingehalten werden kann.“ Dienstreisen können „nach Erfordernis“ erfolgen.
Bei Jungheinrich gibt es Vergünstigungen für Mitarbeiter am mobilen Eisstand
Jungheinrich: In der Konzernzentrale des Gabelstaplerbauers gibt es seit Mai eine verpflichtende Anwesenheitsquote für Mitarbeiter. Die Hälfte ihrer Arbeitszeit müssen sie vor Ort sein. Die andere Hälfte kann mobil gearbeitet werden. An den anderen Standorten gibt es individuelle Betriebsvereinbarungen und Regelungen. „Die ausdrückliche Empfehlung, Abstand zu halten und Masken zu tragen, gilt fort“, sagt Kommunikationschef Martin Wielgus. In den Werken gibt es weiterhin eine Tragepflicht, wenn in Arbeits- oder Gesprächssituationen ein Abstand von 1,50 Meter nicht eingehalten werden kann. Alle Betriebsrestaurants sind wieder geöffnet, Schutzscheiben gibt es dort und am Empfang weiterhin.
Selbsttests können die Beschäftigten am Empfang abholen. Jungheinrich mit gut 3600 Beschäftigten in der Metropolregion hat eine Zurück-im-Büro-Kampagne gestartet. Dazu gehören analoge wie digitale Maßnahmen wie Publikationen und Videos, die die Beschäftigten ermuntern sollen, während der Bürozeit sich aktiv auszutauschen, „da der Kontakt untereinander den größten Mehrwert für die Anwesenheit im Büro bietet“, so Wielgus. Es gibt Tagesaktionen wie einen mobilen Eisstand, an dem es Vergünstigungen für die Mitarbeiter gibt, wenn sie in Gruppen kommen. Auch das „Random-Lunch“ wurde wieder aufgenommen. Dabei werden Partner zum gemeinsamen Mittagessen ausgelost, die man noch nicht kennt. Insbesondere Mitarbeiter, die während der Pandemie eingestellt wurden, können so ihre Kollegen besser kennenlernen.
Airbus: Beim DAX-Konzern mit rund 14.500 Beschäftigten auf Finkenwerder gibt es eine Konzernbetriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten. Pauschalregelungen für alle Arbeitsbereiche gibt es allerdings nicht, dies werde nach den betrieblichen Erfordernissen abgestimmt. Schließlich setzt der Bau der Flugzeuge eine Präsenz der Angestellten voraus. „Vorsorglich wird auch eine organisatorische Trennung von Schichten und Teamwechsel im Produktionsbereich beibehalten, um im Bedarfsfall schnell auf eine geänderte Infektionslage reagieren zu können“, sagt Sprecher Heiko Stolzke. Masken und Selbsttests (zwei pro Woche) werden weiterhin zur Verfügung gestellt. In den Werksbussen gilt ähnlich wie im HVV die Pflicht zum Tragen einer Maske. Das Unternehmen appelliert auch an die Selbstverantwortlichkeit der Beschäftigten, Abstand zu halten, zu lüften, Maske zu tragen und sich regelmäßig zu testen.
New Work: 60 Prozent pro Monat können die rund 1000 Hamburger Mitarbeiter des für sein Karrierenetzwerk Xing bekannten Unternehmens aus dem Homeoffice arbeiten. „Die restlichen 40 Prozent sind in Teamabsprache zu organisieren“, sagt Sprecher Christoph Stanek. Corona-Tests würden so viele bereit gestellt, wie benötigt werden. Auch Masken sind erhältlich, eine Pflicht zum Tragen gibt es aber nicht mehr. Dienstreisen seien seit Längerem wieder möglich, es solle aber genauer geprüft werden, ob eine virtuelle Konferenz ausreichend sei. Grundsätzlich hält man den Austausch untereinander für eine Stärkung der Firmenkultur. Daher gebe es mehrere Anlässe, zu denen man die Beschäftigten ins Büro einlade, „um nach der langen Zeit des Arbeitens von Zuhause wieder gemeinsame Momente zu erleben“, sagt Stanek.
Hapag-Lloyd verteilt Willkommensgeschenke
Hapag-Lloyd: Anfang Juni wurde bei der Reederei an allen Standorten in Deutschland das hybride Arbeitszeitmodell eingeführt. Bis zu zwei Arbeitstage pro Woche können seitdem mobil gearbeitet werden, sagt Sprecherin Lisa Gathen. An der Binnenalster sind rund 1800 Beschäftigte tätig. Bis Mitte Mai gab es drei Wochen lang Aufmerksamkeiten wie kleine Willkommensgeschenke und kostenlose Kaffeespezialitäten. Masken müssen nicht mehr getragen werden. Sie werden ebenso wie Corona-Tests uneingeschränkt zur Verfügung gestellt.
Aurubis: Bereits seit Anfang April ist bei der Kupferhütte die Homeoffice-Pflicht beendet, es greift wieder die Betriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten. Demnach dürfen bis zu drei Fünftel der monatlichen Arbeitszeit mobil absolviert werden – wenn die Tätigkeit dafür geeignet ist. In dem Produktionsbetrieb trifft dies naturgemäß nur auf einen Teil der Angestellten zu. Das MDAX-Unternehmen stellt für die rund 2500 Beschäftigten auf der Peute weiterhin pro Woche bis zu fünf kostenlose Corona-Selbsttests und zwei kostenlose FFP2-Masken. Diese müssen in bestimmten Bereichen wie der Werksärztlichen Abteilung getragen werden.
Eine generelle Tragepflicht gibt es aber nicht mehr. Allerdings wird die FFP2-Maske weiterhin empfohlen, wenn viele Menschen zusammenkommen und Abstände nicht eingehalten werden können. Virtuelle Konferenzen seien fester Bestandteil der Arbeitskultur geworden. „Es zeichnet sich aktuell jedoch in den vergangenen Wochen ein tendenzieller Anstieg der Dienstreisen bei Aurubis ab“, sagt Sprecher Meino Hauschildt. Das liege zum einen daran, dass in den USA ein neues Multimetall-Recyclingwerk gebaut werde und Geschäftsreisen für die am Projekt beteiligten Personen notwendig seien. Besondere Anlässe wie mehrtägige Workshops würden zudem genutzt, damit neue Mitarbeiter ihre Kollegen einmal persönlich und real kennenlernen.
Lufthansa Technik: Mobiles Arbeiten war bei dem Flugzeugdienstleister mit mehr als 7000 Beschäftigten in Fuhlsbüttel auch vor Beginn der Corona -Pandemie bereits möglich. Das Ausmaß ist abhängig von der Tätigkeit der Mitarbeiterinnen und den Anforderungen der Kunden. Aktuell fänden Gespräche zwischen dem Betriebsrat und dem Unternehmen statt, damit es keine formale Begrenzung für die Arbeit von zu Hause mehr gäbe, sagt Sprecher Wolfgang Reinert: „Allerdings ist die ausschließliche Arbeit aus dem Homeoffice explizit nicht gewünscht.“
Der persönliche Kontakt sei wichtiger Bestandteil der Zusammenarbeitskultur. Als Reparatur-, Wartungs- und Überholungsbetrieb für Flugzeuge müssen naturgemäß viele Arbeiten vor Ort durchgeführt werden. Mechaniker sollen daher zum Beispiel bei Schulungen die Möglichkeit erhalten, diese online und damit auch von zu Hause aus absolvieren zu können. Die coronabedingte Pflicht zum Maskentragen ist ausgelaufen, allerdings müssen in einigen Bereichen aus allgemeinen Arbeitsschutzgründen Masken getragen werden. Bei Corona-Tests werden nur noch Restbestände ausgegeben.