Henstedt-Ulzburg. Nach jahrelangem Stillstand kommt wieder Bewegung in das Großprojekt auf dem Rhen. Überraschende Lösung für größten Streitpunkt.
Es ist ein mehr oder weniger unrühmliches Jubiläum: Vor zehn Jahren wurde der Öffentlichkeit in Henstedt-Ulzburg erstmals ein Konzept für die Umwandlung der Wagenhuber-Fläche in ein Wohnquartier vorgestellt.
Auf dem über vier Hektar großen Areal des einstigen, Ende 2011 geschlossenen Betonwerks soll in großem Stil Wohnraum entstehen, die Bezeichnung „Rhener Gärten“ machte die Runde.
Neubaugebiet: So sind die Pläne für das Wagenhuber-Areal
Die alte Industrieruine befindet sich zwar nach wie vor unangetastet auf dem Gelände an der Schleswig-Holstein-Straße. Die letzte Sitzung des Planung- und Bauausschusses könnte aber immerhin nach jahrelanger Wartezeit endlich Bewegung in das vielleicht spannendste Bauprojekt der Großgemeinde gebracht haben.
„Wir arbeiten seit zehn Jahren an dem Bebauungsplan. Es ist ein klassisches Drama der deutschen Bürokratie“, sagt Stephan Holowaty (FDP), Vorsitzender des Gremiums. Dieses hat mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und BfB eine erneute Auslegung des B-Plans 147 beschlossen. „Der nächste Schritt wäre der Satzungsbeschluss – mit etwas Chance zum Ende des Jahres.“
- Hochhaus-Plan verschreckt die Ortspolitiker
- Neue Pläne für das Wagenhuber-Areal
- Ausbau der Schleswig-Holstein-Straße kommt nicht voran
Henstedt-Ulzburg: Fast 200 Wohneinheiten könnten entstehen
Für die Sitzung waren die Pläne noch einmal überarbeitet worden. Die Familie Wagenhuber arbeitet in der Entwicklung seit 2020 mit der Hanseatischen Immobilien Treuhand (HIT) zusammen – Rudolf Wagenhuber ist für das Unternehmen zudem tätig, während Manfred Wagenhuber Mobildeiche vertreibt.
Grundsätzlich soll das Quartier für unterschiedliche Nutzergruppen geeignet sein: Doppel- und Reihenhäuser im nördlichen Bereich, Geschosswohnungsbau im Süden des Gebiets. Auch eine Kita soll integriert sein, ein Spielplatz ist vorgesehen, eine Ringerschließung mit Stichwegen für den Verkehr. Von bis 150 bis 190 Wohneinheiten ist die Rede, 30 Prozent davon wären gefördert.
Neubaugebiet: Mindestens vier Meter hohe Lärmschutzwand nach Süden
Vom Tannenweg ist eine Verbindung ausschließlich für Fußgänger und Radfahrer erdacht. Und: Es wird „für einen harmonischen Übergang des Höhenprofils zwischen Neubauten des Plangebiets und den angrenzenden Bestandsgebieten eine Reduzierung der Gebäudehöhen von der Schleswig-Holstein-Straße in Richtung Nordosten geben.“
Weitere Ideen sind ein „Rufbus“ zwischen Norderstedt und dem Rhen sowie Ladestationen für E-Autos. Eine mindestens vier Meter hohe Schallschutzwand soll die Menschen vor dem Lärm schützen, den der Verkehr auf der Schleswig-Holstein-Straße verursacht.
Wagenhuber-Quartier: Landesbehörde genehmigte keine Zufahrt
Warum das Vorhaben über Jahre so gut wie gar nicht vorankam? Den Grund für die Stagnation findet man auf Landesebene. Denn die Zufahrt zum Quartier erwies sich als kompliziert, da es sich bei der Schleswig-Holstein-Straße um eine Landesstraße handelt, der dortige Verkehrsfluss zudem hohe Priorität genießt. Zuständig ist der Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr (LBV) – und dieser signalisierte, keine Zufahrt über die Schleswig-Holstein-Straße zu genehmigen.
Heute, nach zahlreichen Gesprächen zwischen Gemeinde, Projektentwickler, dem LBV und dem Verkehrsministerium, klingt das anders. Ein Verkehrsgutachten besagt, dass der Kreuzungsbereich Schleswig-Holstein-Straße/Norderstedter Straße weniger kritisch ist als gedacht. „Es ist für den Ausbau des Knotenpunktes kein Eingriff in das Stadtgebiet von Norderstedt erforderlich“, teilte die Verwaltung dem Ausschuss mit.
Neubaugebiet: Überraschendes Verkehrsgutachten löste das Problem
Denn die Pendler-Ströme verlaufen günstig, haben Zählungen von 2018 und 2020 ergeben. Die meisten Fahrzeuge bewegen sich auf der Norderstedter Straße morgens nach Süden (60 Prozent), davon biegen 75 Prozent nach links ab.
„In der morgendlichen Spitzenstunde ergeben sich durch die zusätzlichen Verkehre aus dem Baugebietes gegenüber dem vorhandenen Zustand keine bedeutsamen Veränderungen in der Verkehrsqualität“, so die Verwaltung. Das heißt: Die neue Zufahrt von der Norderstedter Straße in das Quartier würde ohne Ampel auskommen.
Noch kein Zeitplan für Ausbau der Schleswig-Holstein-Straße
Perspektivisch soll die Schleswig-Holstein-Straße in diesem Bereich dazu sowieso ausgebaut werden inklusive eines Rechtsabbiegers zur Norderstedter Straße – das Problem von Rückstaus könnte sich verringern. Diese Erweiterung der Nord-Süd-Achse wird aber getrennt vom Wagenhuber-Projekt betrachtet. Es gibt keinen Zeitplan, zumal es mit Claus Ruhe Madsen einen neuen Verkehrsminister und in diesem Zuge auch neue Staatssekretäre gibt.
Im Frühjahr war der Ortspolitik eine Machbarkeitsstudie vorgestellt worden, wie die verschiedenen Knotenpunkte verändert werden könnte. Allein verantwortlich ist aber die Landesregierung.