Bebauung in großen Dimensionen: Direkt an der Schleswig-Holstein-Straße sollen in Henstedt-Ulzburg Familien wohnen und Büros bezogen werden.
Henstedt-Ulzburg. Die Gemeinde Henstedt-Ulzburg soll einen neuen Ortsteil bekommen - und in der Öffentlichkeit hat es bisher noch niemand gemerkt. Im Ortsteil Rhen, so der Plan, sollen direkt an der Norderstedter Stadtgrenze Einzelhäuser, Reihenhäuser, Geschosswohnhäuser und Hochhäuser entstehen. Auf einer Fläche von rund 4,5 Hektar sollen Menschen wohnen. Und zwar direkt an der Schleswig-Holstein-Straße auf dem Gelände des Betonsteinwerks Wagenhuber.
Der vom Architektenbüro PSB aus Henstedt-Ulzburg vorgelegte Plan verfolgt eine Bebauung in derart großen Dimensionen, dass es den Ortspolitikern im wahrsten Sinne des Wortes den Atem verschlägt. Offiziell ist über den Plan von Walter Wagenhuber und der Architektin Beate Trzcinski noch nicht in öffentlicher Sitzung diskutiert worden, aber schon jetzt ist abzusehen, dass es ernsthafte Debatten über den Plan gibt. Denn die Wohnstruktur des Ortsteiles Rhen würde sich bei einer Verwirklichung grundlegend ändern.
Zwischen Schleswig-Holstein-Straße, Norderstedter Straße , Rhener Kehre und Tannenweg soll eine Fläche von viereinhalb Fußballfeldern eng bebaut werden. Das Betonsteinwerk Wagenhuber, das dort seit 48 Jahren produziert, soll verschwinden, das Gelände einer Wohnbebauung zugeführt werden. Für das Gebiet existiert bisher kein Bebauungsplan. Der müsste zunächst aufgestellt werden, um dort Wohnhäuser bauen zu können.
Vorgesehen sind acht Doppelhaushälften an der nördlichen Grundstücksgrenze, 91 Reihenhäuser in 17 Reihen von je fünf bis sechs Häusern, fünf Mehrfamilienhäuser mit je sechs Geschossen, ein Bürokomplex mit zehn Geschossen sowie ein Mischgebäude mit drei bis vier Gewerbegeschossen und etwa zehn Wohngeschossen, insgesamt also mit bis zu 14 Geschossen.
Insgesamt können es nach den vorliegenden Plänen etwa 160 Wohneinheiten in einer Größe von zwei bis dreieinhalb Zimmern sowie etwa 8500 Quadratmeter Gewerbefläche ergeben. Die Gewerbegebäude sollen direkt an der Schleswig-Holstein-Straße als Lärmschutzbebauung für die dahinter liegenden Reihenhäuser entstehen. Mit zehn bis 14 Geschossen überragen diese beiden Bauwerke die anderen Gebäude um mindestens vier Geschosse. Die Pläne der Architektin sind zumindest in einem Punkt nicht unrealistisch: Durch die gute Anbindung an die Schleswig-Holstein-Straße und damit an die Autobahn sowie an die nördlichen Hamburger Bezirke könnten Büro- und Gewerbeflächen für Firmen interessant sein. Vorgesehen sind außerdem Spielstraßen und verkehrsberuhigte Bereiche.
Bauamtsleiter Sönke Mohr hat den Wagenhuber-Plan während der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses kurz vorgestellt, die Fraktionen haben die detaillierten Pläne auf dem Tisch und versuchen, sich eine Meinung zu bilden. Frühestens im Juni könnte eine öffentliche Debatte darüber beginnen. Aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass die vorliegenden Pläne kaum eine Mehrheit in den politischen Gremien finden werden. Zwar sind die Ratsfraktionen der Ansicht, dass in Henstedt-Rhen auf dem Gebiet der Wohnbebauung etwas geschehen muss - auch um die Altersstruktur zu verändern. Denn der Ortsteil ist aufgrund der vorwiegenden Bebauung mit Einfamilien- und Reihenhäusern überaltert.
Die CDU kann sich eine familiengerechte Bebauung für das Gelände vorstellen
Die vom Architektenbüro PSB vorgelegte Planung erscheint vielen Politikern aber etwas überzogen. "Wir hätten an der Schleswig-Holstein-Straße dann ja geradezu Hamburger Verhältnisse", sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Folker Brocks. "So erhalten wir einen neuen Ortsteil." Der CDU-Politiker stellt aber auch fest, dass es ein interessanter Plan ist, das Industriegelände in das Wohngebiet zu integrieren. "Hier passt eigentlich alles in Richtung Wohnbebauung." Die CDU könne sich eine familiengerechte Bebauung vorstellen. Denn bei Mehrfamilienhäuser herrsche in Henstedt-Ulzburg noch ein Defizit. Auch sozialer Wohnungsbau sei vorstellbar, so Folker Brocks. Allerdings: "Mehr als fünf bis sechs Stockwerke dürften derartige Häuser nicht haben."
Etwas tiefer gehend hat die Fraktion Bürger für Bürger (BfB) das Projekt bereits beraten: Sie will einen städtebaulichen Wettbewerb initiieren, um das Wagenhuber-Gelände zu überplanen. "Wir wollen das Beste für den Ortsteil Rhen, deshalb ist eine Ideensammlung notwendig", sagt BfB-Fraktionsvorsitzender Tile Abel. "Wenn Rhen so maßgeblich erweitert wird, dann muss alles rundherum positiv sein." Grundsätzlich habe seine Fraktion nichts gegen eine Wohnbebauung, genügend Platz für Lärmschutzbauten sei vorhanden.
Bauamtsleiter Sönke Mohr spricht sich ebenfalls für eine Überarbeitung des vorliegenden Plans aus. "Grundsätzlich will die Gemeinde keine brach liegenden Gewerbeflächen."