Norderstedt. Weil der Streit mit dem Pächter der Gastronomie weiter eskaliert, müssen nun Paare ihre Hochzeiten am See wieder absagen.
Es soll der schönste Tag im Leben zweier sich liebender Menschen sein – die Hochzeit. Das Brautpaar plant sie bereits Monate im Voraus, engagiert DJ und Fotograf, wählt Dekoration und Essen aus. Bevor die Feier überhaupt stattfindet, hat es meist schon viel Geld investiert. Doch für einige Paare in Norderstedt könnte der Traum von der Märchenhochzeit nun allerdings platzen und zu einem Albtraum werden – zumindest für diejenigen, die ihr Fest der Liebe in diesem Jahr im Norderstedter Strandhaus am Stadtparksee geplant haben. Private Veranstaltungen sollen ab sofort in der beliebten Hochzeitslocation verboten werden. Schuld daran ist ein Streit zwischen den Pächtern des Strandhauses und den Stadtwerken Norderstedt.
Es war einmal eine Erfolgsgeschichte: Das Strandhaus im Stadtpark, das zum Arriba-Strandbad und damit zu den Stadtwerken gehört, hat sich in den vergangenen Jahren unter der Familie Farhadi zu einer angesagten Location in Norderstedt entwickelt. Die Pächter haben mit durchschnittlich 90 Veranstaltungen im Jahr viel Geld eingenommen, von dem auch die Stadtwerke als Vermieter profitierten. Einen sechsstelligen Betrag sollen die Stadtwerke laut Strandhaus jährlich durch die Mieteinnahmen von privaten Feiern verdient haben. Von außen betrachtet schien die Zusammenarbeit überaus erfolgreich zu laufen.
Gastronomie: Private Feiern sind die Haupteinnahmequelle
Doch dann kam es im Sommer 2020 zum Bruch. Der sogenannte „Kaffee- und Kuchen-Streit“ im Stadtpark entbrannte. Gestritten wurde, wer über das gastronomische Angebot im Park entscheiden darf (das Abendblatt berichtete). Die Stadtwerke wollten die Pächter loswerden – allerdings hatten sie keine Kenntnis darüber, dass ihr eigener Mitarbeiter, Ex-Arriba-Chef Ruud Swaen, den auslaufenden Pachtvertrag zuvor um 20 weitere Jahre verlängert hatte. Swaen musste daraufhin das Unternehmen verlassen. Sämtliche Bemühungen der Stadtwerke, den Vertrag ungültig zu machen, scheiterten bislang vor Gericht. Aktuell läuft noch eine Räumungsklage gegen die Betreiber des Strandhauses.
Nun folgt der nächste Versuch, den ungeliebten Mieter aus seinem Haus zu vertreiben. Die Stadtwerke untersagen, geschlossene Veranstaltungen wie Hochzeiten, Geburtstage und Firmenfeiern in der Strandhaus-Gastronomie auszurichten – solange, bis das Vertragsverhältnis beendet wird. Der aktuelle Pachtvertrag läuft noch 20 Jahre mit der Option auf weitere zehn Jahre Verlängerung. „Wir sind überrascht und bedauern das Verbot der Stadtwerke Norderstedt. Die Entscheidung, keine weiteren geschlossenen Veranstaltungen im Strandhaus zu genehmigen, können wir nicht nachvollziehen“, sagt Christoph Clauß, kaufmännischer Leiter des Strandhauses. Die Stadtwerke möchten sich zu den neuen Entwicklungen nicht äußern.
Bisher mussten sich die Pächter jede Veranstaltung einzeln vom Arriba genehmigen lassen. Mit privaten Feiern, insbesondere Hochzeiten, hat das Strandhaus mit Abstand am meisten Geld eingenommen. Ein Verbot trifft die Betreiber ins Mark. Während des laufenden Gerichtsverfahrens im vergangenen Jahr haben sie mit den Stadtwerken einen Vergleich geschlossen, in dem die Durchführung geplanter privater Veranstaltungen zugesichert wurde. Auf einen solchen Deal will sich das städtische Unternehmen nicht noch einmal einlassen. Damit wären die Leidtragenden des Streits vor allem die unbeteiligten Menschen, die ihre Hochzeit oder ihren Geburtstag im Strandhaus geplant haben.
60 Veranstaltungen müssen abgesagt werden
Rund 60 Veranstaltungen stehen für das Jahr 2022 bisher im Terminkalender. Die nächste Hochzeit sollte eigentlich am 22. April stattfinden. Derzeit telefoniert Christoph Clauß alle Paare ab, um ihnen die Lage zu schildern. „Die sind aus allen Wolken gefallen. Sie haben bestürzt reagiert und standen total unter Schock“, berichtet Clauß und gibt zu bedenken: „So schnell findet man keine alternative Location. Außerdem haben sich die Leute bewusst dazu entschieden, im Strandhaus zu feiern. Sie haben Gäste eingeladen, die sich bereits Hotels in der Nähe gebucht haben.“
Clauß ist bemüht, eine Lösung zu finden. Der kaufmännische Leiter versucht, eine einstweilige Verfügung gegen das Veranstaltungsverbot zu erwirken. „Für uns stehen jetzt die Gäste im Fokus, deren Veranstaltungen gebucht, aber noch nicht von den Stadtwerken genehmigt sind. Wir haben die betroffenen Personen informiert und von den Stadtwerken Norderstedt nochmals für die einzelnen Veranstaltungen um eine Genehmigung gebeten. Unsere Gäste können und dürfen nicht die Leidtragenden des Konflikts mit den Stadtwerken sein“, sagt Clauß. Er hofft, dass die Werkleitung doch noch einlenkt und man gemeinsam zu einer Einigung kommt. „Ansonsten müssen die Stadt oder der Stadtwerkeausschuss einschreiten.“