Kreis Segeberg. Ob Gin oder Likör: Immer mehr Menschen verkaufen regionale und vor allem selbstgebrannte alkoholische Getränke. Eine kleine Auswahl.

Manchmal liegt das Glück direkt vor der Tür. Für Ulrich Bultmann steht es (fast) vor der Eingangstür zu seinem kleinen Laden auf dem Hinterhof an der Segeberger Kurhausstraße. Ein Haselnussbaum, genau 25 Meter vom Geschäft entfernt, ist für ihn eine Inspirationsquelle erster Klasse: Der gelernte Destillateur, studierter Archäologe, Biologe und Zoologe und hauptberufliche Lehrer für Naturwissenschaften kreiert aus den Früchten des Haselnussbaumes einen klassischen englischen Likör.

„Baumhasellikör Nr. 70“ ist mit echter Vanille veredelt und mit etwas, aber wirklich nur etwas Zucker abgerundet. Die Nüsse wurden natürlich von Hand gesammelt, anschließend geknackt, geröstet und schonend destilliert. Der gesamte Herstellungsprozess läuft in der kleinen Destillerie „Hunnbloom“ ab und kann von Besuchern und Kunden sogar beobachtet werden.

Mit kleiner Destillerie vor einem Jahr Lebenstraum erfüllt

Ulrich Bultmann hat sich, nur 150 Meter von seinem Wohnhaus entfernt, sein eigenes kleines Paradies geschaffen. Mit seiner kleinen Destillerie hat er sich vor knapp einem Jahr seinen Lebenstraum erfüllt. Als Rechtsform hat er die Mini-GmbH (haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft) mit einem geringen Stammkapital gewählt – klein, aber fein zu Beginn der eigenen Destillateur-Karriere, aber selbstverständlich stark ausbaufähig.

Hier geht der 36 Jahre alte Segeberger nach Schulschluss seiner Leidenschaft nach: Er kombiniert verschiedene Aromen zu ungewöhnlichen und wohlschmeckenden Spirituosen, wobei er besonderen Wert auf regionale Zutaten legt. Da sind seinem Einfallsreichtum nur wenige Grenzen gesetzt. Eine Grenze: Er darf „nur“ 42 Pflanzen mit Genehmigung pflücken. So ist es in der Sammelgenehmigung der Unteren Naturschutzbehörde festgelegt. Da der Durchschnitts-Erwachsene vermutlich kaum 42 Pflanzen benennen kann, reicht das natürlich allemal aus, um besondere Schnäpse herzustellen.

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So zieht Ulrich Bultmann also raus in die Natur, nimmt gelegentlich seine Frau und das Baby mit, und schaut, was er so finden kann. Rosenblüten zum Beispiel, Schlehen, Quitten, Mädesüß oder Löwenzahn, der in seiner plattdeutschen Version Namensgeber der Hinterhof-Destillerie ist. Die Früchte werden dann zum Teil entsaftet, drei bis vier Wochen in Alkohol eingelegt und anschließend destilliert. Den Alkohol kauft Ulrich Bultmann, verfeinert und verschneidet ihn.

Zurzeit im Angebot: Quittengeist, hergestellt aus Apfel- und Birnenquitten

Schließlich wird alles in Flaschen abgefüllt und im eigenen Laden, per Internet und zusätzlich in einem Kieler Floristikgeschäft verkauft. Zurzeit im Angebot: Quittengeist, hergestellt aus Apfel- und Birnenquitten mit leichten Zitrusnoten und Marzipanaroma, Quittenlikör, Sloe Gin, veredelt mit Schlehen aus der Umgebung von Bad Segeberg, Rosenblüte, eine Spirituose mit dem Geschmack von Damaszenerrose, Bauernrose und Heckenrose, Baumhasel Nr. 70, Löwenzahnlikör, Dry Gin mit herben Grapefruitnoten und Zitronengras, Aquavit, bei dem die Kümmelnoten zugunsten anderer Gewürzaromen in den Hintergrund treten.

Je nach Jahreszeit und Ernteerträgen wechselt das Angebot. 0,2-Liter Flaschen kosten 15 Euro, 0,5-Liter-Flaschen 30 Euro. Die jeweilige Stückzahl ist begrenzt. Außerdem gibt es Geschenksets mit Gläsern. Geplant sind für die Zukunft Seminare und Cocktailabende. Der lange Tisch steht bereits im Laden, coronabedingt muss dieser Geschäftsteil aber noch zurückstehen.

Hunnbloom, Destillerie in Bad Segeberg, Kurhausstraße 70, E-Mail: info@hunnbloom.de, Telefon: 0157/311 092 35, Internet: www.hunnbloom.de

Mit Gin aus Kayhude zur Weltmeisterschaft

Der Wacholder wird zärtlich von Minze geküsst. Und das ist noch nicht alles: Dieses Zusammenspiel von insgesamt acht handverlesenen Aromen – von Fachleuten Botanicals genannt – erzeugt einen Geschmack, der für Kenner unwiderstehlich ist. Für Karina Zischke-Hildebrand (46) und Ehemann Jörg Hildebrand (42) ist es schlicht der beste Gin-Geschmack der Welt. Was zumindest für ihre Gaumen einzigartig ist, soll den Rest der Welt ebenfalls überzeugen: Sie haben den Gin-Hude kreiert, der zwar erst ein paar Monate auf dem Markt ist, dennoch aber bereits für Aufmerksamkeit gesorgt hat. Die ehemalige Logistikleiterin und der selbstständige Wirtschaftsanwalt sind auf dem besten Wege ihr Hobby zum Beruf zu machen: Sie stellen Gin her, der die Welt erobern soll.

Jörg Hildebrand und seine Frau Karina Zischke-Hildebrand.
Jörg Hildebrand und seine Frau Karina Zischke-Hildebrand. © Frank Knittermeier | Frank Knittermeier

Beide wohnen in Kayhude, trinken und sammeln Gin. Und weil sie nicht immer zufrieden waren, fingen sie an, nach dem ultimativen Gin zu suchen: In den angesagtesten Bars gab es zwar stets eine große Auswahl, aber so richtig befriedigend war es für das Ehepaar eigentlich nicht. Der Kick kam dann bei einem Gin-Brenn-Seminar: Der erste selbst gebrannte Gin machte Lust auf mehr. Die Rezepturen wurden verfeinert, bis sich schließlich eine von ihnen verfestigte: Acht bio-zertifizierte Zutaten sind für die Hildebrands das perfekte Rezept. Neben dem unverzichtbaren Wacholder werden die fruchtigen, kräuterigen und zitrischen Noten durch Orangen, Kakaobohnen, Kokosnuss, Mandel, Minze, Angelikawurzel und Koriandersamen erreicht. Das Mischungsverhältnis wird natürlich nicht verraten. Der Geschmack: kein Gin von der Stange, sondern eine völlig eigenständige und im Geschmack einmalige Spirituose. Ein schöner, runder Gin aus Kayhude.

Gin wird auf Gut Basthorst in der Feingeisterei produziert

Die Lizenz zum Brennen haben Karina Zischke-Hildebrand und Jörg Hildebrand noch nicht, deshalb wird der Gin noch auf Gut Basthorst in der Feingeisterei von Fabian Rohrwasser produziert. 799 Flaschen, die im Online-Shop, in einigen Edeka-Geschäften, bei Weinhändlern und anderen Einzelhandelsgeschäften verkauft werden. Die 500-Milliliter-Flasche für 41,50 Euro, die Mini-Flasche (50 ml) für 7,50 Euro. Dazu gibt es die Geschenkbox mit passendem Glas.

Um den Gin-Hude bekannt zu machen, beteiligen sich die Hildebrands an Messen und Wettbewerben – mit Erfolg: Bei den Gin-Masters 2020 in England schafften sie den zweiten Platz, bei den Berliner Craft Spirits landeten sie ebenfalls auf dem zweiten Platz. Anfang 2021 nehmen sie an der Gin-Weltmeisterschaft teil.

Seit Mai gibt es an der Hauptstraße 70 in Oering einen Showroom, in der nach der Corona-Pandemie auch ein Ausschank geplant ist. In der „Gin-Hude Bude“ kann der bestellte Gin aber nach Absprache abgeholt werden.

„De Lütt Rönnauer“ wird in der Garage verkauft

Die Wassermühle von Klein Rönnau als Emblem auf einer Schnapsflasche? Wer in einigen Supermärkten im Kreis Segeberg die Alkoholangebote durchsieht, stößt irgendwann vermutlich auf dieses Foto, das seit gut 16 Jahren ein Markenzeichen ist: „De Lütt Rönnauer“ gibt es als Kräuterlikör, als Wodka und als Kümmel in unverwechselbaren Flaschen.

Annett Marx mit ihrem Kräuterlikör, der aus 36 Zutaten hergestellt wird.
Annett Marx mit ihrem Kräuterlikör, der aus 36 Zutaten hergestellt wird. © Frank Knittermeier | Frank Knittermeier

Angefangen hat alles im Jahre 2004 in einem Einfamilienhaus an der Straße Rahland in Klein Rönnau, einem Nachbarort von Bad Segeberg. Hans-Joachim Marx (80) war viele Jahre als Baustoffhändler selbstständig, bevor er zusammen mit seiner Frau Annett (49) die Likörille gründete: Ein Geschäft für ausgesuchte Spirituosen, Marmeladen, Gelees, Öle und Honig in der inzwischen ausgebauten Garage. Angeboten werden hochwertige Waren, aber hier soll hauptsächlich von der Kräuterlikör-Eigenkreation die Rede sein: „De lütt Rönnauer“ hat sich im Laufe der Jahre weit über den Kreis Segeberg hinaus einen Namen gemacht. Das Rezept, das geben Annett und Hans-Joachim Marx gerne zu, ist keine eigene Idee. Dafür fehlten anfangs die Fachkenntnisse. Es wurde erworben, weil die Zusammenstellung aus 36 Gewürzen und Kräutern genau den gewünschten Geschmack ergab.

In Handarbeit werden die Flaschen nach dem Befüllen etikettiert

Per Zufall sind sie auf die alte Rezeptur gestoßen. Produziert werden Kräuterlikör, aber auch Wodka und Kümmel nach Marxschen Rezepten von einem Unternehmen in Schleswig-Holstein. Wer der Produzent ist, wird ebenso wenig verraten wie die genauen Rezepturen.

In Handarbeit werden die Flaschen nach dem Befüllen etikettiert, mit einer Goldkappe versehen sowie mit rotem Band und roten Siegellack verziert. Das unverwechselbare Aussehen und der besondere Geschmack verleihen dem Kräuterlikör seine Exklusivität. Das Abbilden der Wassermühle wurde von der Gemeinde Klein Rönnau genehmigt.

„De Lütt Rönnauer“ in Märkten in Schleswig-Holstein zu finden

„Anfangs mussten wir die Klinken putzen, um unsere Produkte bekannt zu machen“, sagt Annett Marx. Es hat sich gelohnt: „De Lütt Rönnauer“ ist bei Discountern nicht zu finden, wohl aber in verschiedenen Supermärkten und Getränkemärkten in ganz Schleswig-Holstein. Inzwischen sind Kräuterlikör, Wodka und Kümmel sogar so beliebt, dass sich Kunden aus ganz Europa aus Klein Rönnau beliefern lassen. „Es gab sogar Anfragen aus den USA“, sagt Annett Marx. „Wegen der Probleme mit dem Zoll konnten wir aber nicht darauf eingehen.“ Renner ist dabei der Kräuterlikör.

Das sind die Preise für den „Lütt Rönnauer“: 0,1 Liter Kräuterlikör kosten 4,20 Euro, 0,35 Liter 11,90 Euro, 0,7 Liter 19,50. Wodka (0,7 Liter) kostet 9,50 Euro, Kümmel (0,7 Liter) 9 Euro.

Likörille in Klein Rönnau, Rahland 9, E-Mail: ino@likoerille.de, T.: 04551/999 433, Internet: www.likoerille.de.

Aus Quickborn kommt der „Eulenschiss“

Kreispolitiker der CDU – das ist zurzeit die einzige politische Aufgabe, die Eike Kuhrcke (41) noch innehat. Zuvor tanzte der Quickborner Senkrechtstarter auf allen möglichen Hochzeiten. Er war seit 2018 Ratsherr, engagierte sich in allen möglichen Ausschüssen und sollte im November den Parteivorsitz übernehmen. Zudem leitet der ehemalige ehrenamtliche Bürgermeister der Gemeinde Breitenburg im Kreis Steinburg, wo er bis 2013 mit seiner Familie gelebt hat, zwei Altenheime.

Im Frühjahr hat der Quickborner auch noch einen süßen Haselnuss-Likör entworfen, den er unter dem Label „Eulenschiss“ vertreibt. Doch dann kamen Umzug und Scheidung, die ihn nun etwas kürzertreten lassen: Kuhrcke hat sein Ratsmandat niedergelegt und den Parteivorsitz abgelehnt, um sich, wie er sagt, mehr um seine acht und zwölf Jahre alten Kinder kümmern zu können.

Etwa 1000 Flaschen hat der Quickborner bereits verkauft

Aber auch ohne Parteivorsitz und Ratsmandat hat Kuhrcke noch allerhand zu tun. Vor allem jetzt in der Vorweihnachtszeit als selbst ernannter Schnapshändler. An die 1000 Flaschen von dem nach Haselnuss und Nougat schmeckenden Likör „Eulenschiss“ habe er inzwischen verkauft. Die meisten über Mundpropaganda und im Online-Handel. Aber auch die ersten Supermärkte in Quickborn haben das neuartige Getränk, dessen Name sich an dem Wappentier Quickborns orientiert, in ihr Lager aufgenommen und preisen es ganz offensiv in ihren Schnapsregalen an, wie etwa der Edeka-Markt Harms an der Bahnhofstraße in Quickborn.

Im Keller seines Hauses verpackt Eike Kuhrcke Quickborner „Eulenschiss“.
Im Keller seines Hauses verpackt Eike Kuhrcke Quickborner „Eulenschiss“. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Im Keller seines neuen Hauses hat der „Eulenschiss“-Erfinder Kuhrcke seinen eigenen Schnapsladen. Hier lagern die Flaschen des edlen Getränks in den verschiedenen Größen von 200 bis 500 Milliliter. Dazu gibt es ein paar Kisten mit Flachmännern und eigens angeschaffte Schnapsgläser mit dem markanten Eulen-Logo darauf.

Hier verpackt Kuhrcke eigenhändig die meist über das Internet bestellten Fläschchen, versieht sie mit den Adressenetiketten und verschickt sie an seine Kunden, von denen einige sogar in Bayern zu Hause seien, wie er stolz verkündet. Es seien überwiegend Kunden, die eine persönliche Beziehung zu Quickborn hätten, die Idee gut fänden oder sich in den süßen Geschmack verliebt hätten.

Firma aus Bönnigstedt ordert 160 Flaschen als Weihnachtspräsent

Eine bekannte Firma aus Bönnigstedt habe gerade 160 Flaschen geordert, um sie als Weihnachtspräsent an Mitarbeiter und treue Kunden zu verschenken. Wegen der Corona-Auflagen konnte er natürlich den „Eulenschiss“ nicht, wie er es eigentlich geplant hatte, auf dem Weihnachtsmarkt in Quickborn ausschenken. Eike Kuhrcke bedauert das sehr. Die Nachfrage nach dem Likör mit dem ungewöhnlichen Namen steige permanent, sagt der Unternehmer über sein wachsendes weiteres wirtschaftliches Standbein. Das freut ihn sehr. „Dass der Absatz so gut läuft und der Likör so einschlägt, hätte ich nicht gedacht.“